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Evaluation der Vergaberechtsnovelle 2016

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz veröffentlicht das Ergebnis der Evaluation zur Vergaberechtsnovelle 2016.

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Das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (VergRModG) vom 17.022016 sowie die Vergaberechtsmodernisierungsverordnung (VergRModVO) vom 12.04.2016 legen in der jeweiligen Gesetzes- bzw. Verordnungsbegründung fest, dass die Bundesregierung die Auswirkungen insbesondere im Hinblick auf die Pflicht zur E-Vergabe, die Einführung einer bundesweiten Vergabestatistik, die Einführung einer bundesweiten Rechtsstruktur sowie deren Änderungen begleitend evaluieren, über die Ergebnisse der Evaluierung sechs Jahre nach in Kraft treten des Gesetzes berichten und erforderlichenfalls Änderungen vorschlagen soll.

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Rechtliche Grundlage

Das VergRModG und die VergRModVO) sind am 18.04.2016 in Kraft getreten. Die Vergaberechtsnovelle diente der Umsetzung der maßgeblichen EU-Vergaberichtlinien (RL 2014/24/EU3, RL 2014/25/EU4 und RL 2014/23/EU5; Umsetzungsfrist bis 18.04.2016).

Die Evaluierung umfasst auch Vergabeverfahren im Anwendungsbereich der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO). § 38 Absatz 4 Satz 1 UVgO, der Ausnahmen zur elektronischen Übermittlung von Teilnahmeanträgen oder Angeboten für Aufträge unterhalb von 25.000 Euro und für bestimmte Verfahrensarten vorsieht, wurde mit folgender amtlicher Fußnote versehen: „Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird die Auswirkungen der Ausnahmen von der umfassenden Verpflichtung zur Übermittlung der Teilnahmeanträge und Angebote in elektronischer Form auf die Vergabepraxis innerhalb von zwei Jahren nach dem in § 38 Absatz 3 UVgO genannten Datum evaluieren.“

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Ergebnis

Die Evaluierung hat gezeigt, dass mit der Umsetzung der EU-Vergaberichtlinien durch die Vergaberechtsnovelle 2016 die gesetzgeberischen Ziele zu großen Teilen erreicht werden konnten. Die Novelle hat überwiegend zu mehr Rechtssicherheit in der Vergabepraxis geführt. Die Komplexität des Vergaberechts wurde reduziert, Vereinfachungen und Effizienzen sowie eine weitergehende Digitalisierung in den Vergabeverfahren wurden erreicht. Die Möglichkeiten bei der Vergabe umweltbezogene, soziale und innovative Aspekte zu berücksichtigen, sind etabliert. Gleiches gilt für die Beteiligung von KMU an öffentlichen Vergaben. Die Vergaberechtsnovelle hat jedoch weniger Entlastung im Erfüllungsaufwand ergeben, als ex ante geschätzt. Auch kann gesetzgeberischer Verbesserungsbedarf identifiziert werden im Hinblick auf Klarstellungen und Vereinfachungen, in Bezug auf weitere Digitalisierungsschritte, rechtssicheres Krisenvergaberecht, eine explizitere Verankerung der Mittelstandsberücksichtigung in den Normtexten, mehr Vereinheitlichung zwischen Bund und Ländern bei Unterschwellenvergaben sowie im Hinblick auf mehr Verbindlichkeit bei nachhaltiger Beschaffung.

Zu berücksichtigen ist, dass die maßgeblichen EU-Vergaberichtlinien teils sehr konkrete Vorgaben machen, so dass der nationale Gesetzgeber nur einen eingeschränkten Ausgestaltungsspielraum hat. Im Bereich der Digitalisierung stellt insbesondere die aufgrund der föderalen Struktur bestehende Heterogenität der Vergabeplattformen eine Schwierigkeit dar.

Es hat sich auch gezeigt, dass Schwierigkeiten in der Rechtsanwendung häufig die Vergabepraxis betreffen und nicht den Rechtsrahmen als solchen. Die Daten aus der Vergabestatistik zeigen zudem, dass die Berücksichtigung von umweltbezogenen, innovationsbezogenen und sozialen Aspekten noch ausbaufähig ist. Der Anteil der Vergabeverfahren, in denen KMU den Zuschlag erhalten, ist in Deutschland traditionell hoch. Gleichwohl sollte die weitere Förderung von KMU und Start-ups in der öffentlichen Auftragsvergabe geprüft werden.

Die Evaluierung gliedert sich in sieben Themenbereiche.

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1. Bürokratieabbau und Vereinfachung der Struktur

Im Ergebnis wurden Einsparungen erreicht, aber weniger als ex ante geschätzt. Die Komplexität des Vergaberechts wurde durch die Angleichung der Strukturen von VgV, SektVO, KonzVgV und UVgO sowie die Einführung einer zwei- statt dreistufigen Kaskade bei Liefer- und Dienstleistungen verringert. Die Novelle hat dadurch insgesamt zu mehr Rechtssicherheit in der Vergabepraxis geführt. Nicht erreicht wurde das Ziel einer Vereinheitlichung von Bau- und sonstigem Vergaberecht. Von den Anwendern werden weitere Formen der Vereinheitlichung gewünscht.

1.1 Nachmessung des Erfüllungsaufwandes durch das Statistische Bundesamt (StBA)

Die Nachmessungen des StBA ergaben, dass das Einsparpotential im Oberschwellenbereich deutlich geringer ausfiel als in der ex-ante-Schätzung angesetzt. Im Bereich der Unterschwellenvergaben war hingegen eine gewisse Steigerung der Einsparungen zu verzeichnen.

In Bezug auf die Nutzung elektronischer Mittel konnte die in der Novelle 2016 vorgenommene ex-ante-Schätzung des Erfüllungsaufwandes in dem angenommenen Umfang nicht bestätigt werden. Das StBA ging davon aus, dass der Einsatz elektronischer Mittel bereits stärker in der Breite etabliert war als zunächst angenommen.

Nach Feststellung des  StBA führt die Einführung der Vergabestatistik insgesamt zu Mehraufwand, und zwar vor allem auf Seiten der Verwaltung (Vergabe- und Berichtsstellen, StBA), aber auch auf Seiten der Wirtschaft (dort z. B. bezüglich der Prüfung, ob es sich um ein Kleinstunternehmen oder um ein KMU laut Definition der Europäischen Kommission handelt). In den Nachmessungen des StBA fiel dieser zusätzliche Erfüllungsaufwand allerdings deutlich geringer aus als in der ex-ante-Schätzung angenommen.

1.2 Änderung der Rechtsstruktur – weitere Vereinfachung des Rechtsrahmens

Mit Blick auf die Zusammenführung der Vergaberegeln für Liefer- und Dienst-

leistungsvergaben mit denen zu Bauvergaben konnte innerhalb einer aus Vertretern der Bundesregierung, der Regierungsfraktionen des Deutschen Bundestages, der Länder und kommunalen Spritzenverbände, der Wirtschaftsverbände, der Rechtsprechung und Anwaltschaft sowie Vergaberechtsexperten bestehenden Arbeitsgruppe keine Einigung erzielt werden.

Zur beabsichtigten Vereinheitlichung des Unterschwellenvergaberechts verweist der Evaluationsbericht auf die Wirtschaftsministerkonferenz vom 12./13.06.2024, in deren Ergebnis die Zielsetzung einer weiteren Vereinheitlichung und Vereinfachung des Vergaberechts unter Einbeziehung der Länder begrüßt wird.

2. E-Vergabe und Digitalisierung

Die Nachmessung des StBA habe gezeigt, dass die weitere Verpflichtung zur E-Vergabe weniger Umstellungsaufwand verursachte als prognostiziert. Die E-Vergabe sei in Deutschland bereits in der Breite angekommen und werde nunmehr als eine Selbstverständlichkeit wahrgenommen.

Effizienzen, die mit der Digitalisierung einhergehen (z. B. Zeitersparnis, direktere Kommunikation zwischen Vergabestellen und Bietern), seien damit erreicht und auch noch ausgebaut worden. Es zeige sich jedoch, dass dieser Prozess noch nicht abgeschlossen sei und auch darüber hinaus noch weiteres Digitalisierungspotential bestehe.

3. Vergabestatistik (VgS)

Mit der VgS sollte eine verbesserte Grundlage für die Monitoringpflichten gegenüber der EU und für eine evidenzbasierte Wirtschaftspolitik geschaffen werden. Die VgSwurde eigens eingerichtet, um über das Einkaufsverhalten der öffentlichen Hand eine valide Datenlage zu erhalten. Inzwischen sind rund 11.300 Berichtsstellen registriert (Stand: Oktober 2024) und es gehen wöchentlich rund 3.000 – 4.500 Meldungen beim StBA ein.

Die gewonnenen Daten der VgS schaffen nach Darstellung des BMWK die notwendigen Voraussetzungen, damit Deutschland seine Berichts- und Statistikpflichten gegenüber der EU erfüllen kann, die sich aus den EU-Vergaberichtlinien ergeben.

Auch die interessierte Öffentlichkeit habe die Möglichkeit, über die „Genesis-Plattform“ des Statistischen Bundeamtes auf die erhobenen Daten der VgS zuzugreifen.

4. Effizientere, einfachere und flexiblere Vergabeverfahren

Laut Evaluationsbericht wird auf das Ergebnis der Konsultation zum Entwurf Vergaberechtstransformationsgesetz vom 18.10.2024 verwiesen. Es wird deutlich, dass das Ziel effizienterer, einfacherer und flexiblerer Vergabeverfahren noch nicht erreicht ist und sowohl hinsichtlich der Vereinfachung und Vereinheitlichung der Vergaberegeln noch Nachbesserungsbedarf besteht.

5. Mittelstandsfreundlichkeit

Die Datenerhebung zur Vergabestatistik belegt eine ausgesprochene Mittelstandsfreundlichkeit in der öffentlichen Auftragsvergabe in Deutschland. Entsprechend ist in Deutschland traditionell der Anteil der Vergabeverfahren hoch, in denen KMU den Zuschlag erhalten. Das Ziel, die Teilnahme von KMU an der öffentlichen Auftragsvergabe zu erleichtern, wurde somit erreicht.

6. Strategische Beschaffung und Nachhaltigkeit

Nach dem Ergebnis der Datenerhebung zur Vergabestatistik nutzen die Vergabestellen bereits verschiedene Möglichkeiten, die öffentliche Auftragsvergabe strategisch auszurichten und bei der Vergabe von Aufträgen und Konzessionen umweltbezogene, soziale und innovative Aspekte zu berücksichtigen.

Die Daten zeigen jedoch, dass lediglich nur bei ca. 10 % aller Aufträge (ca. 25 % des Gesamtauftragsvolumens) Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt wurden. Die Ziele der Beschaffungen nachhaltiger Leistungen sind nach Darstellung des BMWK somit noch nicht erreicht.

7. Wettbewerbsregister/Korruptionsprävention

Ergänzend zum vergaberechtlichen Rechtsrahmen ist zum Schutz des fairen Wettbewerbs um öffentliche Aufträge und Konzessionen die Einrichtung eines zentralen Wettbewerbsregisters erfolgt. Hierzu wurde das Wettbewerbsregistergesetz (WRegG) vom 18.07.2017 beschlossen. Die Einrichtung eines Wettbewerbsregisters ermöglicht es Auftraggebern, durch eine einzige elektronische Abfrage bundesweit nachzuprüfen, ob es bei einem Unternehmen zu relevanten Rechtsverstößen gekommen ist.

Anmerkung:

Teile des im Evaluationsbericht zur Vergaberechtsreform 2016 aufgezeigten Handlungsbedarfs wollte die Bundesregierung mit dem Vergaberechtstransformationspaket aufgreifen. Aufgrund der Neuwahl zum Deutschen Bundestag wurde das Vergaberechtstransformationsgesetz nicht mehr parlamentarisch beraten, sodass es der sog. Diskontinuität unterfallen ist, also neu in den Bundestag eingebracht werden müsste. Mit Blick auf den dringenden Reformbedarf in der öffentlichen Auftragsvergabe ist jedoch davon auszugehen, dass auch eine neue Regierungskoalition eine Novelle des Vergaberechts auflegen wird.

Zur im Evaluationsbericht thematisierten weiteren Harmonisierung des Vergaberechts ist anzumerken, dass der Rechtsrahmen auf Ebene der Bundesländer gegenwärtig eher auseinanderläuft. Insbesondere im Bereich der Wertgrenzen für Direktaufträge und für Verhandlungsvergaben bzw. Beschränkte Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb entsteht gerade ein gewisser Flickenteppich an abweichenden Regelungen.

Verfasser: Dietmar Altus/Rudolf Ley

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