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Gewalt gegen Politikerinnen in Deutschland: Ausmaß, Formen und Empfehlungen

Politiker*innen sind immer häufiger Zielscheibe von Angriffen. Frauen in der Politik sind besonders betroffen – oft mit sexistischen oder diskriminierenden Motiven. Die Folgen sind gravierend: Manche ziehen sich aus dem politischen Engagement zurück.

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Eine neue Analyse der EAF Berlin beschreibt Formen und Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Politikerinnen und leitet daraus konkrete Empfehlungen für politische Akteur*innen ab. Die Analyse erfasst damit erstmals den Status quo verschiedener Gewaltformen gegen Politikerinnen und benennt Handlungsfelder für Parlamente und Parteien sowie Gesetzeslücken und Unterstützungsmechanismen für Betroffene. Sie entstand im EU-geförderten Projekt „3R – Recognize, Resist, Rise Up“.

Traurige Normalität – und eine Gefahr für die Demokratie

Ob körperliche oder verbale Gewalt, Anfeindungen im Netz oder anonyme Bedrohungsschreiben: Umfragen und Studien zeigen, dass Gewalt gegen politisch Engagierte zunimmt. Frauen erleben dabei häufiger geschlechtsspezifische Angriffe – von Kommentaren über das Äußere, Beleidigungen und Drohungen, z. B. auch gegen die Familie, sexualisierte Gewalt bis hin zu Vergewaltigungsandrohungen.

„Das hat schwerwiegende Folgen“, erklärt Autorin Sarah Robinson von der EAF Berlin. „Nicht nur für die Frauen, die damit umgehen müssen. Politikerinnen passen ihr Verhalten an, äußern sich öffentlich seltener oder meiden bestimmte Themen. Weniger Perspektivenvielfalt im Diskurs und weniger Frauen in der Politik sind eine Gefahr für die Demokratie. Gerade da der Frauenanteil im Bundestag aktuell 32,4 % und auf kommunaler Ebene im Schnitt um die 30 % beträgt“, so Sarah Robinson.

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Hass darf nicht Teil der Jobbeschreibung sein

Welche Formen der Gewalt gegen Politikerinnen gibt es und wie wirken sich diese aus? Wie ist der rechtliche Rahmen und welche weiteren Unterstützungsangebote gibt es? Wo sind Lücken? Erstmals fasst die Analyse geschlechtsspezifisch Zahlen, Definitionen und Informationen für verschiedene politische Ebenen in Deutschland zusammen und leitet daraus Empfehlungen ab. Sie zeigt: Gewalt in der Politik hat System. Und liefert mit dem Überblick zum Wissensstand in Deutschland eine Grundlage, das Ausmaß sichtbar zu machen und Lösungsansätze, auch länderübergreifend, zu entwickeln. Sie gibt Einblicke in die Erfahrungen von Frauen in ihrer Vielfalt sowie in den Umgangston und den Mangel an Solidarität, insbesondere bei Hass im Netz.

Sarah Robinson betont: „Zwar wurden bereits Fortschritte erzielt – etwa indem Daten erhoben, Rechtslücken aufgedeckt und Beratungsangebote für Betroffene geschaffen wurden. Doch es braucht mehr: Eine bessere, geschlechtsspezifische Datenerhebung, eine kritische Bewertung staatlicher Maßnahmen, Schulungs- und Sensibilisierungsangebote für Polizei und Justiz, Leitfäden und besser zugängliche Schutz- und Beratungsangebote für Mandatsträger*innen oder mehr Prävention und Interventionsmechanismen in Wahlkämpfen beispielsweise. Zivilgesellschaftliche Organisationen stemmen aktuell einen Großteil der Angebote, wir brauchen aber auch größeres Engagement von staatlicher Seite. Und: Es braucht einen kulturellen Wandel in Parteien und Gesellschaft. Gewalt in der Politik darf nicht länger als Teil des Jobs gesehen werden.“

Gewalt gegen Politikerinnen hat viele Gesichter – Die Erfahrung der Frauen auch

Gewalt gegen Frauen hat verschiedene Ausprägungen. Physische Gewalt, psychologische Gewalt, sexualisierte Gewalt und wirtschaftliche Gewalt treffen Frauen in der Politik auf unterschiedliche Art und Weise. Die Analyse ordnet auch Erkenntnisse zu Frauen, die Diskriminierung und/oder Marginalisierung aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion, sozioökonomischem Status und Alter erfahren, sowie zu den Erfahrungen von Menschen mit weiteren Geschlechtsidentitäten intersektional ein.

Beispielsweise scheinen Frauen mit einem statistischen Migrationshintergrund und Frauen of Color online mehr sexistische Kommentare zu erhalten als Frauen ohne diese Merkmale. Einige (Fall-)Studien deuten darauf hin, dass Frauen Gewalt erleben, die nicht nur sexistisch und/oder sexualisiert, sondern auch rassistisch, antisemitisch oder islamfeindlich motiviert ist. Und: Anfeindungen gegen Politiker*innen sind in Wahlkampfzeiten ungleich öfter passiert. Das heißt: Wahlkampfzeiten sowie die Erfahrungen von Frauen mit Migrationsgeschichte, Behinderung oder queerer Identität sollten noch stärker untersucht werden.

Sensibilisierung, Unterstützung, Prävention: Es ist noch einiges zu tun

Die Analyse macht deutlich, dass ein Kulturwandel dringend notwendig ist. Sicherheitsbehörden müssen noch stärker für die besondere Bedrohungslage sensibilisiert werden – für die Gefahren für Einzelne und die Demokratie. Betroffene müssen ernst genommen und begleitet werden. Das gilt auch für Parteien: Auch innerhalb von Parteien sind Angriffe auf Parteikolleg*innen keine Seltenheit – ein rauer Umgangston und die Haltung „Das gehört dazu“ sind weit verbreitet. Betroffene suchen sich seltener Unterstützung. Es braucht eine innerparteiliche Solidarität, Unterstützungsangebote für Betroffene und klare Präventionsmechanismen.

Eine der größten Herausforderungen bleibt jedoch die Identifizierung und Ansprache von Täter*innen, v.a. im digitalen Raum. Plattformanbieter sollten strafbare Inhalte konsequenter erkennen, überprüfen, und deren Verbreitung verhindern – insbesondere bei Gewalt und Cyberkriminalität. Nur so lassen sich Betroffene wirksam schützen.

Am Ende steht ein gemeinsames Ziel: Ein klares, gesellschaftliches „Nein“ zu Anfeindungen und einem enthemmten Umgangston – online und offline.

EAF Berlin: Recognize, Resist, Rise Up. Country Report for Germany on Gender-based Violence against Women in Politics. 2025.

Zum Download

Quelle: Pressemitteilung der EAF vom 16. Oktober 2025

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