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Blick voraus und zurück

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Das neue Jahr ist schon gut unterwegs. Ich hoffe, Sie sind alle mit Schwung gestartet. Große gleichstellungsrelevante Jubiläen gibt es nach meiner Kenntnis 2013 nicht. Auf die bedeutsamen Ereignisse müssen wir warten, aber immerhin haben wir nun eine vierte Ministerpräsidentin: Nach Hannelore Kraft in NRW, Christine Lieberknecht in Thüringen und Annegret Kramp-Karrenbauer im Saarland hat in diesem Monat Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz dieses Amt übernommen. Das sind 25% weibliche „MPs“ – immer noch ausbaufähig, aber erst mal nicht schlecht.

Liebe Leserin, lieber Leser,

2013 wird zudem ein Jahr der Wahlen: Eine Bundestags- und drei Landtagswahlen in Niedersachsen, Bayern und Hessen stehen uns bevor. Das heißt: Irgendwas wird anders und es gibt Philosoph/inn/en, die sagen: Alles was anders wird, ist gut.

Warten wir’s ab.

Die Wahlk(r)ämpfe haben jedenfalls schon begonnen. Erste Versprecher und Versprechungen werden gemacht und so hat ein K-Kandidat angekündigt, im Falle seiner Wahl werde er im Bundeskanzleramt eine Staatsministerin für Gleichstellung ansiedeln. Das klingt gut, aber auch da: Abwarten und Tee trinken, was die Realität bringt. Ein hochrangiges Amt heißt noch nicht per se mehr Gleichstellung. Wir Gleichstellungsbewegte sind „Gedöns“-erfahren genug, um uns nicht gleich vor Begeisterung zu überschlagen.

Hilft der Blick zurück? Vor 100 Jahren wurde – am 23. August 1913 – in Kopenhagen die von Edvard Eriksen geschaffene „Kleine Meerjungfrau“ im Hafen enthüllt und ist inzwischen das Wahrzeichen der Stadt.

Kurz vor dem 100. Geburtstag der kleinen Dame wurde 2012 in Helsingör die Skulptur „Han“ (dänisch: „Er“) aufgestellt, ein kleiner Meerjungmann . Das ist schon eigenartig: Können Sie sich erinnern, dass jemals eine Frauenstatue ergänzend zum Denkmal für einen „großen“ Mann errichtet wurde?

Wesentlich frauenbewegender sind da schon ein Geburts- und ein Todestag, die sich 2013 zum hundertsten Male jähren:

  • Am 4. Februar 1913 wurde in den USA die afroamerikanische Bürgerrechtlerin Rosa Parks geboren, die dadurch berühmt wurde, dass sie sich 1955 in Alabama weigerte, ihren Sitzplatz im Bus einem weißen Fahrgast zu überlassen. Dies löste einen Busboykott aus, der mit zum Beginn der schwarzen Bürgerrechtsbewegung beitrug.

  • Am 8. Juni 1913 starb in London die Frauenrechtlerin Emily Davison. Sie gilt als Märtyrerin der englischen Suffragetten- d.h. Frauenstimmrechtsbewegung, da sie sich nach einem langen Kampf für die Frauenrechte, der gekennzeichnet war von Verhaftungen, Hungerstreiks, Zwangsernährungen und Gefängnisstrafen – bei einem Derby vor das Pferd des Königs warf und später ihren schweren Verletzungen erlag.

Ähnlich gewalttätig ging es auch in den USA zu, als im Frühjahr 1913 in Washington die erste nationale Suffragettenparade für das Frauenwahlrecht stattfand. Alice Paul hatte ihn organisiert, weil sie ein Zeichen setzen wollte, nachdem alle politische Lobbyarbeit zu nichts geführt hatte. Am 3. März marschierten über 8.000 Frauen aus allen Schichten begleitet von zehn Blaskapellen, fünf Gruppen zu Pferde und 26 Wagen mit kostümierten Suffragetten an 500.000 Zuschauer/inne/n vorbei.

Erst schien alles friedlich zu verlaufen, doch dann wurden die Frauen von einem wütenden Mob angegriffen, ohne dass die Polizei eingriff. Viele der Aktivistinnen wurden unter den Augen der Polizisten zum Teil schwer verletzt. Das verursachte einen Skandal und brachte den Frauenrechtlerinnen viel Sympathie ein. Doch bis zur Einführung des Frauenwahlrechts dauerte es noch bis 1920.

Zwei Gedanken von Alice Paul könnten für uns Gleichstellungsbewegte Orientierungshilfen für das Jahr 2013 werden:

„Ich habe nie bezweifelt, dass die Gleichberechtigung der richtige Weg sei. Die meisten Reformen und Probleme sind kompliziert. Aber für mich hat einfache Gleichheit nichts Kompliziertes.“

„Wenn wir die Freiheit für Frauen bekommen, werden sie damit wahrscheinlich viele Dinge anstellen, die sie nach meinem Dafürhalten besser nicht täten. Aber ich denke, es ist nicht unsere Aufgabe, ihnen zu sagen, was sie mit der Freiheit anfangen sollen. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sie sie bekommen.“

In diesem Sinne auf ein gutes Jahr für die Gleichstellung!

Herzlich,

Ihre Kristin Rose-Möhring


* Berliner Morgenpost vom 27.6.2012: http://www.morgenpost.de/printarchiv/reise/article107276266/Die-Kleine-Meerjungfrau-hat-jetzt-einen-Freund.html
Die verstorbene deutsche Regisseurin  Katja von Garnier hat Alice Paul und ihren Mitstreiterinnen 2004 mit ihrem Film „ Iron Jawed Angels“ (Dt.: Alice Paul – der Weg ins Licht) ein Denkmal gesetzt. Hilary Swank spielt darin den „Engel mit dem eisernen Biss“ wunderbar überzeugend.

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