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Bundespräsidentin – Chance verpasst!

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„Wir haben immer Glück gehabt mit unseren Bundespräsidenten“ – das war fast einhellige Meinung bis 2004; vielleicht auch noch bis 2009, dem Ende der ersten Amtszeit von Horst Köhler. Der nämlich galt als ehrlich, authentisch, im positiven Sinne des Wortes konservativ-werteorientiert und war „beim Volk“, d.h. bei uns überwiegend beliebt.

Liebe Leserin, lieber Leser,

doch dann muss irgendetwas passiert sein. Horst Köhler trat zurück, schien sich miss- oder unverstanden zu fühlen und beklagte mangelnde Unterstützung. Oder hatte er nur einfach das pathologische System Politik unterschätzt? Parteibuch und „Connections“ zählen (fast) alles; der Mensch an sich, Charakter und Werte wie Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, Authentizität nur wenig. Das politische System kannte Köhlers Nachfolger aus dem Effeff und dennoch (oder deswegen) stehen wir nun nach zwei Rücktritten vor einem bundespräsidialen Scherbenhaufen.

Hinter uns haben wir 63 Jahre männliche Bundespräsidentschaft. Wir hatten Präsidenten aus dem tagesaktuellen Politikbetrieb und solche, die dem eher fern standen. Nun wäre also die Zeit gekommen für etwas grundsätzlich Neues. Zeit für eine Frau, eine BUNDESPRÄSIDENTIN! Für eine Frau, die mal siegen darf und nicht nur als Zählkandidatin verheizt wird. Davon hatten wir genug. Hildegard Hamm-Brücher war die größte Verschwendung. Die große alte Dame der Liberalen, nun parteilos, wäre jetzt die Frau der Stunde: integer, klug, wortgewandt, charismatisch, belesen, überlegt und vor allem unabhängig – innerlich wie parteipolitisch. Sie hätte das Amt zu neuen Würden führen können. Leider ist sie 90 Jahre alt und ihre Fähigkeiten wurden vergeudet.

Nach vorne schauen, war also die Devise. Und was tun unsere begnadeten Politiker/innen? Sie schachern, setzen Bedingungen, tricksen sich gegenseitig aus und der gute Ansatz, einvernehmlich einen Kandidaten zu küren, verpufft im Politikbetrieb. Am Ende steht sicher ein guter Kandidat; allerdings wieder einmal ein männlicher. Seine Kür jedoch war an Unlogik nicht zu überbieten und ging wie üblich zu Lasten von guten Frauen.

  • Da „bestimmte“ die Opposition, dass es sich nicht um eine/n Politiker/in aus der aktuellen Tagespolitik bzw. der Regierungskoalition handeln dürfe. Die Regierung hielt sich daran – zumindest bei den Frauen – und gute Kandidatinnen wie Ursula von der Leyen, Annette Schavan oder Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wurden erst gar nicht genannt. Dann aber brachte die CDU Namen ins Spiel wie Thomas de Maizière, Norbert Lammert oder Wolfgang Schäuble, als ob diese nicht zu dem „No-Go“-Kreis gehörten. Überzeugend stringent!

  • Dann wurde Klaus Töpfer genannt, der mit seinen 74 Jahren nicht zu alt schien für dieses Amt. Im Gegensatz zu Rita Süssmuth (75), die trotz bester Voraussetzungen erst gar nicht ernsthaft diskutiert wurde. Der neue Präsident wird übrigens 72 sein.

  • Beim Namen Wolfgang Huber hieß es, ein säkularer Staat wie der unsere – gut zu wissen – könne sich keinen ehemaligen Bischof zum Präsidenten wählen. Nun wird es ein ehemaliger Pfarrer. Sehr einleuchtend.

  • Als die Bundestags-Vizepräsidentin und Präses der EKD, Katrin Göring-Eckardt, genannt wurde – sicher eine hervorragende Wahl für dieses Amt – kam der Aufschrei, der Staat vertrüge an seiner Spitze nicht zwei Frauen aus dem Osten mit protestantischem Hintergrund. Untergang des Abendlandes könnte man meinen. Es kann sich nur um das Argument Frau gehandelt haben, denn der neue Präsident ist ebenfalls Protestant, ehemaliger Pfarrer dazu und kommt aus den neuen Bundesländern – aus Mecklenburg-Vorpommern, um genau zu sein, demselben Bundesland wie die Kanzlerin. Es lebe die Logik!

So wurden also wieder Frauen erfolgreich verhindert. Dafür bekommen wir aber die Zweit-Diskussion aus der rechten Ecke über die „Frau an seiner Seite“. Der Präsidentenkandidat nämlich lebt in sogenannten „g’schlamperten“ Verhältnissen, d.h. in „wilder Ehe“ – meine Göttin, wo soll es mit diesem Land noch enden? Muss er nun heiraten? Mir ist‘s herzlich egal – ehrlich.

Viel wichtiger fände ich, dass die Partnerin oder der Partner von Bundespräsident/inn/en eine offizielle Stellung hat und nicht immer nur Anhängsel ist. Wir bekommen ein Staatsoberhaupt, aber die Zweite im Bunde muss immer mitmachen, quasi für lau. Büromäßige Unterstützung bekommt sie, aber meist muss sie ihren Beruf aufgeben und „mit IHM“ oder allein endlos Termine absolvieren, Schirmherrschaften oder Ehrenämter übernehmen. Das ist ein Knochenjob, der bezahlt werden sollte, denn er findet im Dienste des deutschen Volkes statt und das sollte seine Bediensteten ordentlich bezahlen. Und sei es auch nur, um die Würdenträger/innen unabhängig zu machen von der freundlichen Unterstützung Dritter.

Herzlich,

Ihre Kristin Rose-Möhring

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