rehm-verlag   Online-Produkte öffnen

Gender Mainstreaming, die Xte

Jetzt bewerten!

Vor einiger Zeit habe ich an dieser Stelle die Verbindung von Bildungspolitik und Gender Mainstreaming angesprochen (siehe den Blog-Beitrag „Bildungsverlierer“ Jungen und Gender Mainstreaming vom 2.5.2011). Es ging darum, dass die Bildungspolitik keine Verlierer kennen müsse, wenn im Bildungsbereich von Anfang an Gender Mainstreaming angewandt worden wäre.

Liebe Leserinnen, liebe Leser

die Rückmeldungen dazu waren gemischt. Eine warf mir vor, dass der Artikel äußerst schlecht begründet sei, denn Gender-Mainstreaming habe in dieser Hinsicht wenig gebracht. Gefragt wurde kritisch, ob denn Maßnahmen zugunsten des unterrepräsentierten männlichen Geschlechts ergriffen worden seien – „man“ sah keine – und ob Gender Mainstreaming auch angewandt würde, wenn Männer oder Jungen als die benachteiligte jeweilige Gesellschaftsschicht ausgemacht würden?

Treffer! Genau das war die Frage: Was hätte Gender Mainstreaming bewirken können, wenn es denn angewandt worden wäre? Gerade weil Gender Mainstreaming nicht angewandt wird, führen wir derzeit eine völlig unnötige „Bildungsverlierer“-Debatte.

Auch die Frage, was „mein“ Ministerium, das BMFSFJ tue, um Jungen mit schlechter schulischer Leistung zu fördern, ging am Thema vorbei. Schulfragen betreffen den Bildungsbereich. Wenn überhaupt der Bund hier anzusprechen wäre, käme das Bundesbildungsministerium in Frage. Aber: Bildungspolitik ist Ländersache. Ein Bundesministerium ist da schlicht der falsche Ansprechpartner. Und außerdem: Gender Mainstreaming ist eine Verantwortung im Alltag und für jede/n Einzelne/n.

Vielleicht hilft ein Beispiel weiter. Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie beobachten als Leiter/in eines Jugendtreffs, dass eine Gruppe von männlichen und weiblichen Jugendlichen ihre Konflikte mit anderen Jugendlichen mit Gewalt zu lösen versucht. Als Erstes stellt sich die Frage, von wem geht die Gewalt bzw. die Gewaltbereitschaft aus? Studien haben ergeben, dass männliche Jugendliche Gewalt eher verüben, während weibliche Jugendliche sich in Gewaltakte tendenziell eher hineinziehen lassen, und sie dulden und sich nicht gegen den Gruppenzwang wehren.

Vor diesem Hintergrund macht es wenig Sinn, der Gesamtgruppe ein Anti-Aggressions-Training vorzuschlagen, um sie von Gewalt als Mittel der Konfliktlösung abzubringen. Sinnvoll scheint dann eher, den gewaltbereiten Jungen das o.g. Training anzubieten, für die Mädchen aber ein Training zur Entwicklung von Selbstbewusstsein, Abgrenzung, innerer Unabhängigkeit, Selbstbehauptung, Nein-Sagen-Können etc. vorzusehen. Das wäre Gender Mainstreaming in der Praxis und so müsste an alles herangegangen werden. Die Frage muss immer sein: Wer braucht was?

Nur wenn bei allen Maßnahmen mitgedacht wird, wie sie sich auf Frauen und Männer, Mädchen und Jungen auswirken, geht es geschlechtergerecht voran.

In diesem Sinne auf noch‘n Versuch.

Herzlich,

Ihre Kristin Rose-Möhring

Mein Kommentar
Sie sind nicht eingeloggt
Bitte benachrichtigen Sie mich bei neuen Kommentaren.
Ihr Kommentar erscheint unter Verwendung Ihres Namens. Weitere Einzelheiten zur Speicherung und Nutzung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
0 Kommentare zu diesem Beitrag
Twitter-Icon

Folgen Sie uns auch auf Twitter!
Wir informieren Sie rund um das Thema Gleichstellungrecht.
https://twitter.com/GleichstellungR

banner-gleichstellungs-und-gleichbehandlungsrecht.png
rehm_e-line_banner_355x355_L1_Var1.jpg
SX_LOGIN_LAYER