Heute im Bundestag: Neufassung des Bundesgleichstellungsgesetzes
Liebe Leserin, lieber Leser,
ganz genau gesagt ist es eine Anhörung, die gemeinsam von den beiden Bundestagsausschüssen für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie Recht und Verbraucherschutz durchgeführt wird. Von allen Fraktionen wurden Sachverständige eingeladen, die ihre Haltung zu dem Gesetzentwurf darlegen und Fragen der Abgeordneten beantworten sollen.
Das o.g. Gesetz ist ein sogenanntes Artikelgesetz, d.h. es besteht aus einzelnen Artikeln, die jeweils entweder die Neufassung eines Gesetzes oder Änderungen eines bestehenden Gesetzes enthalten.
Für die Artikel 1 – Bundesgremienbesetzungsgesetz – und Artikel 2 – Bundesgleichstellungsgesetz – ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zuständig, für die Artikel 3 bis 20 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) die Federführung – daher auch die o.g. gemeinsame Anhörung.
Während das BMJV in den Artikeln 3 bis 20 Gesetze wie das Aktien- und das Mitbestimmungsgesetz oder das Handelsgesetzbuch lediglich durch einzelne Neuregelungen ändert, hat sich das BMFSFJ entschlossen, die beiden in seiner Zuständigkeit liegenden Gesetz komplett neuzufassen.
Über Sinn und Nutzen ist unter Expertinnen und Experten spätestens seit Vorlage des 1. Entwurfs im Juni 20142 eine intensive Diskussion entbrannt. Gerade in der Neufassung des BGleiG sehen wir Gleichstellungsbeauftragte – unterstützt von Spitzenverbänden wie dem Deutschen Juristinnenbund, dem Deutschen Frauenrat, Gewerkschaften und auch sachverständigen Einzelpersonen – gravierende Verschlechterungen. Diese stehen im Widerspruch zu den Leitlinien von Ende März 2014, denen zufolge das BGleiG „modernisiert, fortgeschrieben“ und vor allem „geschärft“ werden sollte.
Alle Fachfrauen und -männer haben sich in den letzten Monaten die Finger wund geschrieben. Die besten Argumente halfen nichts. Übrig bleibt nun ein hochkontroverser Entwurf eines Bundesgleichstellungsgesetzes.
Auf den Punkt gebracht geht es vor allem um das Ziel der Geschlechterparität. Danach müssen zu jeder Zeit auf allen Ebenen gleich viele Frauen und Männer vorhanden sein. Sobald die Zahl der Männer oder der Frauen auf unter 50% sinkt, müssen also Gegenmaßnahmen getroffen werden. Damit wird Gleichstellung nicht nur bis in alle Ewigkeit als Aufgabe fortgeschrieben, es führt auch zu einem enormen Verwaltungsaufwand: Verwaltungen und Gleichstellungsbeauftragte müssten sich künftig verstärkt um die Suche nach Männern für Berufe kümmern, in denen diese zahlenmäßig unterrepräsentiert, aber nicht strukturell benachteiligt sind (z.B. Vorzimmerkräfte etc.). Für diese Berufe interessieren sich Männer jedoch meist nicht. Sie sind also nicht benachteiligt.
So blieben weder Zeit noch Kapazität, für den vom Grundgesetz geforderten Ausgleich von Nachteilen für Frauen aufgrund struktureller Benachteiligung zu sorgen.
Die Aufgabe, Geschlechterparität auf allen Ebenen herzustellen mag daher ein hehres Ziel sein, ist aber in dieser Ausformulierung nicht vereinbar mit dem Verfassungsauftrag aus Artikel 3 Absatz 2 Satz Grundgesetz: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Eine Grundgesetz-widrige Regelung kann aber doch keine/r wirklich wollen!!
In diesem Sinne mit herzlichen Grüßen
Kristin Rose-Möhring
1 BT-Drs. 18/3784
2 Die nun als Bundestagsdrucksache vorliegende Version ist mindestens die 8. sogenannte konsolidierte Fassung
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