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VGH München zu lebensmittelrechtlichen Veröffentlichungen unter Angabe der Unternehmen

Eine Überwachungsbehörde hatte in einer Käserei einen offenen Salzbadbehälter wegen alten verfärbten Verschmutzungen beanstandet. Das Unternehmen wurde zu einer beabsichtigten behördlichen Veröffentlichung mit dem Text „Mängel  bei der Betriebshygiene/Reinigungsmängel“ angehört. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wurde der Veröffentlichungstext in einen konkret-individuellen Text geändert. Eine rechtlich nicht korrekte Anhörung gab dem VGH Anlass, auf die Anhörungserfordernisse sowie auch Heilungsmöglichkeiten im Verwaltungsgerichtsverfahren Stellung zu nehmen.

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VGH München konkretisiert die Anforderungen an die Anhörungen und Heilungsmöglichkeiten bei Veröffentlichungen von lebensmittelrechtlichen Verstößen

I. Sachverhalt:

Eine Lebensmittelüberwachungsbehörde hatte in einer Käserei alte verfärbte Verschmutzungen eines Salzbads beanstandet. Dadurch seien Kontaminationen des Salzbads und damit auch von Käselaiben nicht ausgeschlossen. Das Unternehmen wurde zu einer beabsichtigten Veröffentlichung des Verstoßes unter Benennung des Unternehmens nach § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB mit dem Text „Mängel bei der Betriebshygiene/Reinigungsmängel“ angehört. Auf Einwände des Unternehmens im Zuge dieser ursprünglichen Anhörung hat die Behörde nur pauschal erwidert und an der beabsichtigten Veröffentlichung festgehalten. Erst im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hat die Behörde den Text konkretisiert in „Nicht richtige Reinigung einer Ausrüstung, die mit Lebensmittel in Berührung kommen (altverschmutztes Salzbad)“. Dazu wurde das Unternehmen von der Behörde nicht explizit angehört. Somit war die Frage aufgeworfen, ob der Schriftverkehr im einstweiligen Rechtsschutzverfahren formal als Anhörung anerkannt werden kann. Dies hat der VGH mit Beschluss vom 16.12.2024 -20 CE 24.1887- negiert und die rechtlichen Anforderungen mit zwei Leitsätzen erläutert. Erstens bedarf eine substanzielle Änderung eines Veröffentlichungstextes eine erneute Anhörung. Zweitens kann eine unterbliebene oder fehlerhafte Anhörung im Verfahren nach § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB auch auf gerichtlicher Ebene noch nachgeholt werden. Voraussetzung für diese Heilung ist jedoch eine ordnungsgemäße Anhörung seitens der zuständigen Behörde gegenüber dem Adressaten. Eine Anhörung über die Schriftsätze im Gerichtsverfahren kann nicht quasi ersatzweise greifen.

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II. Ergebnis und Fazit

Die Überwachungsbehörden haben teils etwas unterschiedliche Praxi bzgl. der Veröffentlichung von lebensmittelrechtlichen Verstößen unter Benennung der Unternehmen nach § 40 Abs. 1a LFGB. Wie im vorliegenden Fall verwenden Behörden teils abstrakt-generelle Beschreibungen der Verstöße. Andererseits werden relativ konkrete einzelfallbezogene Texte verwendet. Das BVerfG hat diesbezüglich mit Beschluss vom 21.3.2018 -1 BvF 1/13- die Vorgabe gemacht, dass die Informationen für die Verbraucher verständlich sein müssen. Auch der vorliegende Fall zeigt, dass zu pauschale Formulierungen unter Umständen anpassungsbedürftig sein können. Der Nachteil von konkreterem und damit oftmals umfangreicherem Fließtext ist dagegen, dass jede Aussage gerichtlich nachprüfbar ist und somit mehr Fehlerquellen gegeben sein können.

Der Wortlaut der beabsichtigten Veröffentlichungen wird ggf. von den Verbrauchern wahrgenommen und stellt somit eine mögliche Grundlage für das Kaufverhalten dar. Der Wortlaut ist somit Hauptstreitgegenstand in den gerichtlichen Verfahren um die Zulässigkeit der Veröffentlichungen. Folglich bedarf eine formal korrekte Anhörung des Unternehmens, dass der vorgesehene Wortlaut der Veröffentlichung dargelegt wird, vgl. Beschluss VGH München vom 28.11.2019 -20 CE 19.1995. Ebenso ist bei substanzieller Änderung des Textes nachvollziehbarerweise noch einmal anzuhören gemäß Leitsatz 1 des VGH München im Beschluss vom 16.12.2024.

Ferner kann nach Leitsatz 2 des VGH München eine unterbliebene oder fehlerhafte Anhörung wie üblich im gerichtlichen Verfahren noch geheilt werden nach § 45 LVwVfG. Dies bedarf jedoch einer entsprechenden ordnungsgemäßen Anhörung seitens der zuständigen Behörde. Bloße Hinweise auf vorliegenden gerichtlichen Schriftverkehr reichen nicht aus.

Ergänzend ist zu sehen, dass bei beiden vorliegenden Formulierungsalternativen hinsichtlich eines verunreinigten Arbeitsgeräts mit Hygienemängeln das Kontaminationsrisiko keine bzw. eine untergeordnete Rolle spielte. Diesbezüglich hat die Behörde im ursprünglichen Anhörungsschreiben den geringstmöglichen Wahrscheinlichkeitsgrad in Form von „kann nicht ausgeschlossen werden“ gewählt. Diese Formulierung wurde auch schon als unzureichend für die Auslösung von Rechtsfolgen eingestuft bzw. angezweifelt, siehe Sosnitza/Meisterernst/Ludwig, 190. EL August 2024, V (EG) 178/2002 Art. 11 Rn. 40 bezugnehmend auf Beschluss VGH Mannheim vom 17.9.2020, 9S 2343/20.

Stephan Ludwig
Landratsamt Göppingen, Lebensmittelüberwachung

Weiterführende Links:

Das Thema der lebensmittelrechtlichen Veröffentlichungen von Verstößen unter Benennung der Unternehmen ist auch abgehandelt in Kapitel 16.2 des Praxishandbuchs „Behebung und Verfolgung von Lebensmittelverstößen, 8. Auflage 2024.

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