rehm-verlag   Online-Produkte öffnen

Arbeiten an Hochschulen – mehr Planungssicherheit für Wissenschaftler

Jetzt bewerten!

Junge Wissenschaftler sollen sich nicht mehr von Kurzvertrag zu Kurzvertrag hangeln müssen. Die Bundesregierung will, dass Befristungen den angestrebten Qualifizierungen entsprechen. Der Bundestag hat die Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes beschlossen.

„Wir haben im Wissenschaftsbereich immer die Notwendigkeit, in einem großen Umfang befristete Arbeitsverträge zu haben. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz trägt diesem besonderen Bereich Rechnung, wurde aber ausgenutzt“, so Bundesbildungsministerin Johanna Wanka bei der Beratung im Bundestag am 17. Dezember 2015.

Die Novelle ist notwendig, weil es Fehlentwicklungen an den Hochschulen gegeben hat. Dort haben über 50 Prozent der jungen Wissenschaftler nur Ein-Jahres-Verträge.

Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz von 2007 regelt die Bedingungen für befristete Arbeitsverträge wissenschaftlicher Mitarbeiter während der Qualifizierungsphase. Danach können Nachwuchswissenschaftler bis zu sechs Jahre befristet beschäftigt werden. Nach Abschluss der Promotion ist eine weitere Befristung von bis zu sechs Jahren, für Mediziner von neun Jahren zulässig.

Die Bundesregierung hatte die Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes im Juli 2015 auf den Weg gebracht. Der Bundesrat wird darüber abschließend im neuen Jahr beraten. Die Neuregelung soll im März 2016 in Kraft treten.


Keine unsachgemäßen Befristungen

Über die Hälfte der jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden bei ihrem ersten Vertrag kürzer als ein Jahr angestellt. Dafür kann es keine sachlichen Gründe geben. Solchen Fehlentwicklungen tritt die Reform entgegen.

Für junge Wissenschaftler wie Promovierende oder PostDocs war die nahe berufliche Zukunft kaum planbar. Deshalb sollen unsachgemäße Kurzbefristungen für Wissenschaftler verhindert werden. Die Befristung soll der angestrebten Qualifizierung angemessen sein.

Befristete Beschäftigungen ohne sachlichen Grund sind nur zulässig, wenn dadurch die wissenschaftliche oder künstlerische Qualifizierung gefördert wird.

Auch wissenschaftliche Mitarbeiter mit Daueraufgaben dürfen keine sachgrundlos befristeten Verträge mehr erhalten. Gemeint sind z. B. Angestellte, Labor- oder Technikmitarbeiter. Sie müssen künftig ausschließlich auf der Grundlage des Teilzeit- und Befristungsgesetzes beschäftigt werden.

Die Novelle berücksichtigt, dass die Hochschulen gleichzeitig Flexibilität und damit Sonderregelungen brauchen, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen.


Hochschulen stehen in der Verantwortung

Drittmittelstellen: Wird eine Qualifizierung über Drittmittel finanziert, sollen sich die Verträge für die „WiMis“ (Wissenschaftliche Mitarbeiter) am bewilligten Projektzeitraum orientieren. Nur in Einzelfällen sollen kürzere Verträge möglich bleiben: zum Beispiel, wenn Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter nach einem befristeten Erstvertrag mit ihrer Publikation, ihrer Doktorarbeit oder ihrem Projekt fast fertig sind.

Bachelor- oder Masterstudenten sollen bis zu sechs Jahre studienbegleitend beschäftigt werden können. Sie sollen nicht ausgerechnet in der Endphase eine Beendigung ihres studienbegleitenden Beschäftigungsverhältnisses befürchten müssen.

Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einer Behinderung oder einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung kann die befristete Beschäftigung um zwei Jahre verlängert werden. Hochschulen und Forschungseinrichtungen als Arbeitgeber sind gehalten, Befristungen für ihre wissenschaftlichen Mitarbeiter verantwortungsvoll einzusetzen.


Familien- und Pflegezeiten berücksichtigen

Für Nachwuchswissenschaftler und –wissenschaftlerinnen, die Kinder unter 18 Jahren haben, verlängert sich die zulässige Befristungsdauer um zwei Jahre je Kind. Gleiches gilt für diejenigen, die sich um Stief- und Pflegekinder kümmern.


Karriereplanung für junge Wissenschaftler verbessern

Wanka verwies darauf, dass in den vergangenen zehn Jahren viele neue Stellen in der Wissenschaft entstanden seien. Unterstützt wurde diese Entwicklung durch finanzielles Engagement des Bundes. Da wären der Hochschulpakt, die Exzellenzinitiative und der Pakt für Forschung und Innovation. Die Hochschulen hätten viele befristete Stellen geschaffen, aber nicht in gleichem Maße unbefristete.

Der Bund finanziere das BAföG seit Jahresanfang zu 100 Prozent und entlaste die Länder damit um 1,2 Milliarden Euro jährlich. Dies ermögliche es den Ländern, mehr unbefristete Stellen an den Hochschulen zu schaffen, so Wanka.

Sie verhandle derzeit mit den Ländern außerdem, wie die Karrierechancen im Wissenschaftssystem verbessert werden können, so Wanka. Der wissenschaftliche Nachwuchs in Deutschland sei exzellent ausgebildet und viele junge Wissenschaftler würden gern aus dem Ausland zurückkommen. Deshalb sollen junge Wissenschaftler über sogenannte Tenure-Track-Professuren bessere Karrierechancen erhalten.


Bessere Daten zur Lage des wissenschaftlichen Nachwuchses

Die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses und der Studierenden in Deutschland soll künftig genauer statistisch erfasst werden. Dazu will die Bundesregierung das Hochschulstatistikgesetz anpassen. Das Gesetz regelt, welche Daten Hochschulen an die statistischen Landesämter melden sollen. Die Daten liefern wichtige Entscheidungsgrundlagen für die Hochschulpolitik und die Hochschulplanung. Zugleich erfüllen sie europäische Verpflichtungen zur Lieferung statistischer Daten.

Mit der Novelle wird nun erstmals eine Promovierendenstatistik eingeführt. Bisher war die Datenlage zu Promovierenden in Deutschland unzureichend.


Quelle: Internetartikel der Bundesregierung vom 18.12.2015


Bernhard Faber
Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.

Mein Kommentar
Sie sind nicht eingeloggt
Bitte benachrichtigen Sie mich bei neuen Kommentaren.
Ihr Kommentar erscheint unter Verwendung Ihres Namens. Weitere Einzelheiten zur Speicherung und Nutzung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
0 Kommentare zu diesem Beitrag
banner-arbeits-und-tarifrecht-2.png
SX_LOGIN_LAYER