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Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf

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Am 15. Oktober 2014 hat das Bundeskabinett dem neuen Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf zugestimmt. Mit dem Gesetz werden die vorhandenen Instrumente für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf weiter entwickelt und unter einem Dach festgeschrieben.

Derzeit sind in Deutschland rund 2,63 Millionen Menschen pflegebedürftig, ein großer Teil von ihnen wird zu Hause von Angehörigen gepflegt. Für die Familien bedeutet das oft eine große Herausforderung. Wenn zu Kindererziehung und Beruf die Pflege eines Familienmitglieds kommt, dann brauchen pflegende Angehörige dringend Unterstützung. Deshalb ist es eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe, die Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Pflege und Erwerbstätigkeit zu verbessern.

 

Die Familienpflegezeit: Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Familienarbeitszeit

 

Die meisten pflegenden Angehörigen brauchen in der Phase, in der sie Familie, Pflege und Beruf vereinbaren müssen, vor allem mehr zeitliche Flexibilität. Die neuen Regelungen stärken Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die Einführung eines Rechtsanspruchs auf mehr Zeit für die Pflege ihrer Angehörigen. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zur Familienarbeitszeit.

 

Das neue Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf sieht daher Verbesserungen in verschiedenen Abschnitten vor: Im Notfall, während einer längeren Krankheit oder für eine lange Pflegebedürftigkeit. Die einzelnen Ansprüche können flexibel kombiniert werden. Bis zu 24 Monate lang können pflegende Angehörige so im Beruf teilweise oder ganz aussetzen und dürfen während dieser Zeit nicht gekündigt werden.

 

Im Notfall: Zehntägige Auszeit und Pflegeunterstützungsgeld

 

Angehörige können schon jetzt im Notfall bis zu zehn Arbeitstage lang eine Auszeit von der Arbeitsleistung nehmen, um sich um ihre pflegebedürftigen Familienmitglieder zu kümmern. Mit den neuen Regelungen haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab dem 1. Januar 2015 einen Rechtsanspruch auf eine Lohnersatzleistung in Höhe von etwa 90 Prozent des Nettolohns aus ihrem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt.

 

Bei längerer Krankheit: Pflegezeit und zinsloses Darlehen

 

Nach wie vor haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeit, sechs Monate ganz oder teilweise aus dem Beruf auszusteigen, um einen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung zu pflegen. Mit dem neuen Gesetz können sie darüber hinaus auf ein zinsloses Darlehen zurückgreifen, das in Raten ausgezahlt wird, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.

 

Außerdem haben Angehörige ab dem 1. Januar 2015 einen Rechtsanspruch darauf, in der letzten Lebensphase des pflegebedürftigen Familienmitglieds drei Monate lang weniger zu arbeiten oder auch ganz auszusetzen. Sie können so für ihre Angehörigen auf ihrem letzten Weg da sein. Der Rechtsanspruch gilt auch für die (außerhäusliche) Betreuung eines pflegebedürftigen minderjährigen Kindes. Das zinslose Darlehen kann für diese Zeit ebenso in Anspruch genommen werden.

 

Bei langer Pflegebedürftigkeit: Familienpflegezeit und zinsloses Darlehen

 

Wenn Familienmitglieder über einen langen Zeitraum krank sind und gepflegt werden müssen, wird die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf für viele Familien zur Herausforderung. Vor diesem Hintergrund sieht das neue Gesetz einen Rechtsanspruch auf die Reduzierung der Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden pro Woche über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren vor. Das gilt auch für die (außerhäusliche) Betreuung eines pflegebedürftigen minderjährigen Kindes. In dieser Zeit kann außerdem ein zinsloses Darlehen beantragt werde, das in Raten ausgezahlt wird und den Lebensunterhalt sichert.

 

Begriff der „nahen Angehörigen“ wurde erweitert

 

Künftig besteht der Rechtsanspruch auf alle Leistungen nicht nur für die Betreuung von Großeltern und Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten oder Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, sondern auch für Stiefeltern, Schwägerinnen und Schwager sowie für Partner in lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften. Wie bisher sind auch Geschwister, Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners sowie Schwieger- und Enkelkinder eingeschlossen.

 

Fachkräfte halten und Verwaltung vereinfachen

 

Durch die Neuregelungen werden berufstätige Frauen und Männer, die mehr zeitliche Flexibilität für die Pflege von Angehörigen benötigen, stärker unterstützt. Insbesondere die Möglichkeit, ihre Erwerbstätigkeit bis zu zwei Jahre zu reduzieren, wird dazu beitragen, dass die Beschäftigten ihre Berufstätigkeit nicht aufgeben müssen. Die Neuregelungen stellen einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung dar und dienen daher auch dem Interesse der Wirtschaft. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben den Arbeitgebern als wichtige Fachkräfte mit ihrem Erfahrungswissen erhalten.

 

Darüber hinaus sollen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit den neuen Regelungen deutlich von den Verwaltungskosten entlastet werden, die in der bisherigen Regelung durch das Anlegen eines Wertguthabens für die Familienpflegezeit entstanden sind. Faire Fristen im Gesetz unterstützen die Unternehmen bei der Planbarkeit der Personalsituation.

 

Das neue Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf soll am 1. Januar 2015 in Kraft treten.

 

 

Quelle: Internetmitteilung des BMFSFJ vom 15.10.2015

 

 

Bernhard Faber

Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.

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