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Gesetz zur Tarifeinheit beschlossen

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Zukünftig wird der Tarifvertrag der Gewerkschaft angewendet, die im Betrieb über die meisten Mitglieder verfügt – falls in einem Betrieb für gleiche Tätigkeiten verschiedene Tarifverträge gelten. Der Deutsche Bundestag hat am 22.5.2015 das Tarifeinheitsgesetz beschlossen.

 

Die Erklärung der Bundesregierung

Tarifeinheit statt Tarifkollisionen ist das Ziel des Tarifeinheitsgesetzes. „Beide Seiten wollen die Tarifeinheit“, sagte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles im Bundestag. Es gehe ihnen um den sozialen Frieden in den Betrieben und darum, Tarifkollisionen zu verhindern.

Aufgabe des Gesetzgebers sei es, einen ordnenden Rahmen für eine funktionierende Tarifautonomie zu setzen. „Das Koalitions- und Streikrecht tasten wir nicht an“, bekräftigte Nahles.

„Erfolg in Tarifverhandlungen darf sich nicht allein danach bemessen, welche Stellung und Streikmacht jemand im Betrieb hat“, so Nahles weiter. Das Bundesverfassungsgericht habe klar beschrieben, dass kollektives Handeln strukturelle Unterlegenheit von Arbeitnehmergruppen ausgleichen soll. Genau hier setze das Gesetz an. „Die Tarifeinheit läuft nicht auf das Ende kleiner Gewerkschaften hinaus“.

In Zukunft soll das betriebsbezogene Mehrheitsprinzip gelten. Das heißt: Überschneiden sich Tarifverträge, gilt der Vertrag der Gewerkschaft, die im betroffenen Betrieb die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vertritt.

Der Bundesrat muss das Gesetz noch abschließend beraten.

 

Für ein gutes Betriebsklima

Ein Betrieb – ein Tarifvertrag: Das galt bis zum Jahr 2010. Durch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts wurde der Grundsatz der Tarifeinheit aufgegeben. Seitdem können konkurrierende Gewerkschaften für gleiche Beschäftigtengruppen verschiedene Tarifverträge abschließen. Das kann den Betriebsfrieden stören. Denn der Wert verschiedener Arbeitsleistungen darf nicht daran gekoppelt sein, welche Gewerkschaft welche Schlüsselpositionen in einem Unternehmen vertritt. Tarifverträge sollen den Betriebsfrieden stärken – nicht schwächen.

 

Streikrecht unverändert

„Das Streikrecht steht überhaupt nicht in Rede“, so Nahles. Es fällt unter die grundgesetzlich geschützte Tarifautonomie und ist ein hohes Gut. Nach wie vor sollen die Tarifparteien eigenständig die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der Beschäftigten sinnvoll ordnen und Tarifkollisionen vermeiden.

Der Gesetzgeber greift nicht in das Streikrecht ein. Im Streitfall entscheiden auch künftig die Arbeitsgerichte, ob ein Streik verhältnismäßig ist oder nicht.

 

Schutz für kleinere Gewerkschaften

Das Tarifeinheitsgesetz schützt auch kleine Gewerkschaften: Minderheitsgewerkschaften bekommen zukünftig das Recht, Arbeitgebern ihre Vorstellungen und Forderungen in einer Tarifauseinandersetzung zu unterbreiten. Erst dann kann der Arbeitgeber mit der Mehrheitsgewerkschaft verhandeln. Zudem besteht nach der Verhandlung die Möglichkeit, die Inhalte des Tarifvertrags der größeren Gewerkschaft zu übernehmen.

 

Quelle: Internetartikel der Bundesregierung vom 22.5.2015

 

 

Das höchst umstrittene Gesetz wird von den sog. kleineren Gewerkschaften vehement abgelehnt.

Hier – beispielhaft – die Erklärung des dbb

Nachdem der deutsche Bundestag am 22. Mai 2015 in Berlin mit den Stimmen der Koalition das Gesetz zur Zwangs-Tarifeinheit verabschiedet hat, kündigte der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt umgehend Verfassungsklage in Karlsruhe an. Der dbb Chef weiter: „Ein schwarzer Tag für die Grundrechte. Wenn die Abgeordnetenmehrheit die Koalitionsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr verteidigt, müssen die Richter des Bundesverfassungsgerichts diese Rolle übernehmen. Die heute beschlossene Regelung verstößt gegen das Grundgesetz, zerstört den Betriebsfrieden und treibt die Gewerkschaften in Deutschland in einen harten Konkurrenzkampf. Über die drohenden praktischen Probleme bei der Umsetzung eines solchen Gesetzes will ich gar nicht reden. Wer ermittelt die Gewerkschaftszugehörigkeiten und auf welcher rechtlichen Grundlage? Wer definiert die Betriebsmehrheit, zu welchem Stichtag? Alles ungeklärt. Die Bundesregierung stellt die deutschen Arbeitsgerichte vor unlösbare Aufgaben und bedroht die Existenz der Berufsgewerkschaften. Das werden wir auf keinen Fall hinnehmen.“

Klaus Dauderstädt forderte Bundespräsident Joachim Gauck nochmals auf, vor der Unterzeichnung des Gesetzes sorgfältig die von der übergroßen Mehrheit der Verfassungsrechtler und Gewerkschafter seit Monaten vorgebrachten Bedenken gegen eine gesetzlich erzwungene Tarifeinheit zu prüfen: „Wie sind seit Jahrzehnten gut damit gefahren, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften ihre Angelegenheiten im Rahmen der Tarifautonomie selber regeln. Im Koalitions- und Arbeitskampfrecht hat der Gesetzgeber nichts zu suchen.“

 

Quelle: dbb newsletter vom 22.5.2015

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