Tarifeinigung im öffentlichen Dienst erzielt
Das Gesamtpaket der Einigung beinhaltet insbesondere eine Entgelterhöhung für die Beschäftigten um insgesamt 4,75 Prozent in zwei Schritten – 2,4 Prozent ab 1. März 2016 und 2,35 Prozent ab 1. Februar 2017, eine Erhöhung der Ausbildungsentgelte in zwei Schritten um insgesamt 65 Euro, die Sicherung der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sowie eine neue Entgeltordnung für 1.088 Tätigkeiten.
Die Eckpunkte des Abschlusses:
- 4,75 Prozent Entgeltsteigerung, verteilt auf zwei Stufen: 2,4 Prozent ab dem 1. März 2016 und weitere 2,35 Prozent ab dem 1. Februar 2017. Die lineare Erhöhung gilt auch für die Praktikantenentgelte.
- Laufzeit von 24 Monaten.
- Auszubildende
erhalten einen Festbetrag von 35 Euro ab dem 1. März 2016 und weitere 30 Euro ab dem 1. Februar 2017.
Erhöhung des Jahresurlaubs von 28 auf 29 Tage (bei Fünftagewoche).
Die bisherige Regelung zur Übernahme der Auszubildenden gilt weiter.
Es gibt einen Lernmittelzuschuss von 50 Euro brutto pro Ausbildungsjahr sowie eine Erstattung der Unterbringungskosten und Verpflegungszuschuss bei auswärtigem Berufsschulblockunterricht.
- Die neue Entgeltordnung für die Kommunen tritt am 1. Januar 2017 in Kraft. Sie hat eine Mindestlaufzeit von vier Jahren.
- Die Jahressonderzahlung wird für drei Jahre eingefroren und ab 2017 zusätzlich um 4 Prozentpunkte abgesenkt.
- Zusatzversorgung: Für Kassen mit anerkanntem Finanzierungsbedarf wird eine Arbeitnehmereigenbeteiligung von 0,4 Prozent eingeführt. Die Erhöhung erfolgt in drei Schritten: 0,2 Prozent ab 1. Juli 2016, 0,3 Prozent ab 1. Juli 2017, 0,4 Prozent ab 1. Juli 2018.
- Altersteilzeit: Verlängerung der bisherigen Regelung um zwei Jahre.
Reaktion der Arbeitgeber:
Bundesinnenminister
Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière sagte als Verhandlungsführer für die Arbeitgeber: „Wir haben mit den Gewerkschaften ein mehr als faires und für beide Seiten annehmbares Ergebnis erzielt. Die Verhandlungen waren schwierig, sind aber am Ende konstruktiv verlaufen. Die Löhne werden um insgesamt 4,75 Prozent bei einer Laufzeit von zwei Jahren steigen. Die Erhöhung wird in zwei Schritten erfolgen, im ersten Jahr um 2,4 Prozent, im zweiten Jahr um 2,35 Prozent. Wir haben die Zusatzversorgung für die Beschäftigten des Bundes durch eine gemeinsame Lastenverteilung auf lange Sicht abgesichert und damit zukunftsfähig gemacht. Das ist ein besonders wichtiges Ergebnis. Der Abschluss bedeutet für den Bund für den Bereich der Tarifbeschäftigten ein Volumen von rund 700 Millionen Euro.
Mit dem Ergebnis würdigen wir die guten Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. Gleichzeitig halten wir die damit verbundenen Belastungen für den Haushalt und damit für die Steuerzahler im Rahmen. Ich werde dem Bundeskabinett im Einvernehmen mit dem Finanzminister einen Gesetzentwurf zur zeit- und inhaltsgleichen Übertragung auf die Bundesbeamten und Soldaten vorlegen.“
Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA):
„Die Einigung ist für viele Kommunen und kommunale Betriebe schmerzhaft. Dennoch ist der vereinbarte Kompromiss im Ganzen für uns vertretbar“, sagte Dr. Thoma Böhle, VKA-Präsident. Die Verhandlungen im Rahmen der diesjährigen Tarifrunde gestalteten sich schwierig, weil beide Seiten eine Vielzahl an Themen und Forderungen eingebracht hatten. Beim Thema Zusatzversorgung konnten sich die Tarifparteien auf einen Kompromiss einigen; damit können Leistungseinschnitte vermieden werden.
Nach langjährigen Verhandlungen haben sich die kommunalen Arbeitgeber und die Gewerkschaften auch auf eine Entgeltordnung zum TVöD im Bereich der VKA verständigt. Sie tritt am 1. Januar 2017 in Kraft. Die neue Entgeltordnung löst das bisherige Übergangsrecht ab und reformiert die Eingruppierungsregelungen für gut 1,8 Millionen Beschäftigte. Für viele Beschäftigte ergeben sich damit deutliche Verbesserungen, insbesondere in der Pflege und der allgemeinen Verwaltung.
Auch bei weiteren Themen konnten die Arbeitgeber vertretbare Kompromisse aushandeln. Die seit 2012 bestehende Regelung zur unbefristeten Übernahme der Auszubildenden bei Bedarf wurde – wie schon 2014 – noch einmal verlängert. Außerdem konnte die Forderung der Gewerkschaften nach einem tarifvertraglichen Ausschluss der sachgrundlosen Befristung abgewehrt werden.
Reaktion der Gewerkschaften
ver.di:
„Das Ergebnis ist ein Kompromiss, der die Reallöhne deutlich erhöht, die Kaufkraft stärkt und dazu beiträgt, den öffentlichen Dienst in Deutschland attraktiver zu machen“, sagte ver.di-Verhandlungsführer Frank Bsirske. Die Warnstreiks von 100.000 Beschäftigten kurz vor den Tarifverhandlungen hätten für eine Beschleunigung der Gespräche gesorgt und einen akzeptablen Kompromiss ermöglicht.
Bis zuletzt hatten die Verhandlungspartner um eine Lösung für die betriebliche Altersversorgung gerungen, die bis zu einem Drittel der Rentenansprüche ausmacht. Dabei konnte eine Rentenkürzung verhindert werden. Der für eine zehnjährige Laufzeit gefundene Tarifkompromiss sieht vor, dass bei Kassen, bei denen finanzieller Handlungsbedarf besteht, ein zusätzlicher Arbeitnehmer-Eigenbetrag in Höhe von 0,4 Prozent eingeführt wird. Im gleichen Umfang haben die Arbeitgeber einen Zusatzbeitrag zu leisten. Sofern Überschüsse entstehen, werden die Beiträge für beide Seiten gesenkt. Eine ähnliche Vereinbarung hat ver.di bereits für den Tarifbereich der Bundesländer abgeschlossen.
Die neue Entgeltordnung bringt für einen großen Teil aller Berufe im öffentlichen Dienst auch eine finanzielle Aufwertung. Die Tarifvertragsparteien hatten mehrere Jahre über die Neubewertung von 1.088 der rund 4.000 Tätigkeitsmerkmale verhandelt und sich verständigt, die entsprechenden Mehrkosten paritätisch aufzubringen. Die Gewerkschaften erklärten sich bereit, die Jahressonderzahlung um vier Prozentpunkte abzusenken und für drei Jahre einzufrieren, um Mehrkosten der Arbeitgeber hälftig zu kompensieren. In der Frage der tariflichen Ausschlussregelung für sachgrundlose Befristungen konnte keine Einigung erzielt werden.
Es sei zu begrüßen, dass der Bundesinnenminister die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Ergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten zugesagt hat.
Die Bundestarifkommission empfiehlt den Mitgliedern die Annahme des Tarifergebnisses in der nachfolgenden Befragung. Es gilt eine Erklärungsfrist bis zum 31. Mai 2016.
dbb:
„Bei Entgeltordnung, Zusatzversorgung und Linearanpassung haben die Gewerkschaften substantielle Erfolge erzielt“, bewertete der dbb-Verhandlungsführer Willi Russ am 29. April 2016 in Potsdam das Tarifergebnis für die Beschäftigten von Bund und Kommunen. Russ: „Die neue Entgeltordnung ist ein struktureller Meilenstein und eine mit 4,75 Prozent tatsächlich spürbare Einkommensverbesserung – das ist mehr als zwischenzeitlich möglich schien“. Diese Einigung bedeutet reale Einkommensverbesserungen, „die die Kolleginnen und Kollegen verdient haben und direkt im Geldbeutel spüren werden.“
Auch mit Blick auf die betriebliche Zusatzversorgung hätten die Gewerkschaften sich mit ihrem flexiblen Ansatz durchsetzen können. Russ: „Bei den Zusatzversorgungskassen, die nachweislich in finanziellen Schwierigkeiten stecken, wird der Finanzierungsbeitrag von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu gleichen Teilen erhöht – das ist nachhaltig, sachgerecht und fair“.
„Wir haben aber leider nicht alle unsere Forderungen durchsetzen können“, ergänzte der dbb-Verhandlungsführer. „Bei der unbefristeten Übernahme der Auszubildenden und bei der sachgrundlosen Befristung konnten wir die Arbeitgeber nicht von ihrem Irrweg abbringen. Bund und Kommunen schaden damit weiter der Attraktivität des öffentlichen Dienstes vor allem bei jungen Kolleginnen und Kollegen. Das wird sich angesichts der demografischen Krise noch rächen“.
Willi Russ erinnerte außerdem daran, dass die Einkommensrunde 2016 für den dbb erst dann abgeschlossen ist, wenn die Tarifeinigung zeit- und wirkungsgleich auf die Beamten und Versorgungsempfänger des Bundes übertragen worden ist, „denn das ist sachgerecht, nachhaltig und fair.“
Quelle: Internetmitteilungen der Arbeitgeber und Gewerkschaften vom 29.4.2016
Bernhard Faber
Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.
