Die Länder haben sich am 26.3.2024 mit dem Marburger Bund auf einen Tarifabschluss für die Ärztinnen und Ärzte an den Universitätskliniken geeinigt. Neben zwei Erhöhungen der Entgelte wurden auch strukturelle Änderungen im TV-Ärzte vereinbart.
Länder-Verhandlungsrunden
Zwischen dem 16.11.2023 und dem 26.3.2024 haben insgesamt fünf Verhandlungsrunden im Rahmen der Tarifrunde für die 28.000 Ärztinnen und Ärzte an den Universitätskliniken in Bayern, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, im Saarland, in Schleswig-Holstein und Thüringen stattgefunden. Die Länder verhandelten – vertreten durch die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) – mit dem Marburger Bund.

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Forderungen
Die Gewerkschaft forderte, bei einer Laufzeit von einem Jahr die Gehälter der Ärztinnen und Ärzte an den Universitätskliniken mit Wirkung ab dem 1.10.2023 um 12,5 Prozent zu erhöhen. Zudem sollten die Entgeltgruppen Ä 3 und Ä 4 jeweils um eine weitere Entgeltstufe ergänzt werden, die ab dem neunten Jahr greifen sollte. Zudem forderte die Gewerkschaft zahlreiche Änderungen bei den Zeitzuschläge. So sollte das Gros der Zeitzuschläge erhöht werden (zum Beispiel Verdopplung des Überstundenzuschlags auf 30 % und Verdopplung des Sonntagszuschlags auf 50%); weitere Zeitzuschläge sollten eingeführt bzw. erweitert werden (Nachtarbeit zwischen 0 Uhr und 4 Uhr, Zuschlag für Samstagsarbeit zwischen 6 Uhr und 7:30 Uhr sowie zwischen 18 Uhr und 21 Uhr). Letztlich enthielt der Forderungskatalog zahlreiche Aspekte einer Neuregelung der Vorschriften zur Schicht- und Wechselschichtarbeit.

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Einigung
Die Laufzeit des Tarifabschlusses beträgt 30 Monate (1.10.2023 bis zum 31.3.2026).
Nach zunächst sechs Monaten ohne Entgelterhöhung werden die Entgelte zum 1.4.2024 um 4 % erhöht. Zum 1.2.2025 folgt eine weitere Erhöhung um 6 %. Ein weiteres Element der Einigung wirkt sich ebenfalls monetär aus, denn die Absenkung der Arbeitszeit zum 1.1.2026 von 42 auf 40 Wochenstunden erfolgt bei vollem Lohnausgleich. Ab 2026 haben die Ärztinnen und Ärzte an den betroffenen Universitätskliniken mithin dieselbe wöchentliche Arbeitszeit wie die Ärztinnen und Ärzte an den kommunalen Krankenhäusern.
Die Forderung, die Entgeltgruppen Ä 3 und Ä 4 jeweils um eine weitere Entgeltstufe zu ergänzen, wurde teilweise umgesetzt. So erhält die Entgeltgruppe Ä 3 (Oberärztin/Oberarzt) eine zusätzliche Stufe 4 mit dem Tabellenbetrag der Entgeltgruppe Ä 4 Stufe 1. Die Stufe 4 gilt ab dem zehnten Jahr. Für die Entgeltgruppe Ä 4 (Fachärztin/Facharzt, der/dem die ständige Vertretung des leitenden Arztes (Chefarzt) vom Arbeitgeber übertragen worden ist), wurde keine weitere Stufe vereinbart. Die Einigung enthält einige Regelungen zur Dienstplanung.

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Regelungen zur Dienstplanung
Sofern der Dienstplan nicht spätestens einen Monat vor Beginn des jeweiligen Planungszeitraumes aufgestellt ist, wird ab dem 1.1.2025
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ein Zuschlag in Höhe von 10 Prozent des Tabellenentgelts gezahlt,
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zum Rufbereitschaftsentgelt ein Zuschlag von 10 Prozent des Entgelts auf jeden Dienst des zu planenden Folgemonats gezahlt und
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die Bewertung des Bereitschaftsdienstes für jeden Dienst des zu planenden Folgemonats um 10 Prozentpunkte erhöht.
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Liegen bei einer notwendigen Dienstplanänderung zwischen der Dienstplanänderung und dem Antritt des Dienstes weniger als drei Tage,
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wird bei Tätigkeit in regelmäßiger Arbeit einschließlich Schicht- und Wechselschichtarbeit ein Zuschlag in Höhe von 10 Prozent des individuellen Stundenentgeltes je Arbeitsstunde für Zeiten, die nach dem bisherigen Dienstplan frei waren, gezahlt,
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wird zum Rufbereitschaftsentgelt ein Zuschlag in Höhe von 10 Prozent des Entgelts gezahlt und
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erhöht sich die Bewertung des Bereitschaftsdienstes um 10 Prozent.
Gemäß § 7 Abs. 7 TV-Ärzte ist Nachtarbeit aktuell – wie auch im TV-Ärzte/VKA – die Arbeit zwischen 21 Uhr und 6 Uhr. Seit 1.4.2024 ist Nachtarbeit die Arbeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr. Diese Erweiterung des Nachtarbeitsbegriffes wirkt sich nicht nur auf die Zeiten aus, für die Nachtzuschlag anfällt, sondern hat auch Folgewirkungen:
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der Samstagszuschlag greift nur noch von 13 Uhr bis 20 Uhr statt bis 21 Uhr,
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die Regelung, nach der für die Zeit des Bereitschaftsdienstes in den Nachtstunden zusätzlich zum Ausgleich für Bereitschaftsdienste je Stunde ein Zeitzuschlag in Höhe von 20 Prozent gewährt wird, wird so angepasst, dass hiervor Bereitschaftsdienste in den Nachtstunden zwischen 20 Uhr und 6 Uhr umfasst sind und
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die anrechenbare Nachtarbeit zur Gewährung von Zusatzurlaubstagen wird auf den Zeitraum auf 20 Uhr und 6 Uhr angepasst.
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Die aktuellen Regelungen zur Arbeitszeitdokumentation werden so geändert,
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dass, soweit dienstplanmäßig vorgesehene Pausen nicht gewährt worden sind, die Dokumentation auf entsprechenden Hinweis des Arztes zu korrigieren ist,
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dass die näheren Einzelheiten der Arbeitszeitdokumentation durch die Betriebsparteien geregelt werden können und
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sicherzustellen ist, dass eine entgegengenommene Arbeitsleistung nicht nur (wie in der aktuellen Fassung) als Arbeitszeit anerkannt wird, sondern auch explizit tarifvertraglich festgehalten „ausgeglichen bzw. bezahlt wird“.
Vor dem Hintergrund des Forderungskonvoluts des Marburger Bundes konnte sich offenbar die TdL in vielen Bereichen durchsetzen. So wurde zwar die Nachtarbeit um eine Stunde erweitert; die weiteren Forderungen zur Erhöhung/Erweiterung der Zeitzuschläge wurden jedoch nicht umgesetzt. Auch die vom Marburger Bund geforderte Neuregelung der Vorschriften zur Schicht- und Wechselschichtarbeit wurde nicht vorgenommen. Hier ist ein neuer Anlauf des Marburger Bundes zu erwarten, zunächst jedoch gegenüber den kommunalen Kliniken. Die entsprechenden Regelungen des TV-Ärzte/VKA wurden durch den Marburger Bund bereits gekündigt.
Die Erklärungsfrist zur Tarifeinigung lief bis zum 28.3.2024. Die Tarifeinigung wurde von beiden Parteien angenommen.
Dr. Wolfgang Spree
Geschäftsführer der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA)