Am 18. April 2024 (Urteil vom 18.4.2024, Az. B 5 R 10/23 R) hat das Bundessozialgericht in Kassel entschieden, dass es mit der Verfassung in Einklang steht, wenn Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in der gesetzlichen Rentenversicherung im Zweifel zugunsten der Mutter anerkannt werden.
Urteil des Bundessozialgericht in Kassel vom 18.4.2024, Az. B 5 R 10/23 R
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1. Inhalt des § 56 SGB VI: Kindererziehungszeiten
Was Kindererziehungszeiten sind, wird in § 56 Abs. 1 SGB VI (Sechstes Buch (VI) – Gesetzliche Rentenversicherung) definiert.

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§ 56 Abs. 1 SGB VI lautet:
Kindererziehungszeiten sind Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Für einen Elternteil wird eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn
- die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist
- die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und
- der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist.
Diese Zeiten werden als Beitragszeiten für die Rentenversicherung von Eltern berücksichtigt, die ihre Kinder selbst erziehen und deshalb nicht voll erwerbstätig sind.

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2. Hintergrund und Inhalt der Entscheidung
Ein Vater hatte gegen seine Rentenversicherung und eine geschlechtsspezifische Diskriminierung gem. Art. 3 Abs. 3 S. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz (GG) wegen der Zuordnung von Kindererziehungszeiten an die Mutter des Kindes geltend gemacht. Die Zuordnung richtet sich nach § 56 Abs. 2 SGB VI.

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§ 56 Abs. 2 SGB VI (Auszug) lautet:
Eine Erziehungszeit ist dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind erzogen hat. Haben mehrere Elternteile das Kind gemeinsam erzogen, wird die Erziehungszeit einem Elternteil zugeordnet. Haben die Eltern ihr Kind gemeinsam erzogen, können sie durch eine übereinstimmende Erklärung bestimmen, welchem Elternteil sie zuzuordnen ist. Die Zuordnung kann auf einen Teil der Erziehungszeit beschränkt werden. […] Haben die Eltern eine übereinstimmende Erklärung nicht abgegeben, wird die Erziehungszeit dem Elternteil zugeordnet, der das Kind überwiegend erzogen hat. Liegt eine überwiegende Erziehung durch einen Elternteil nicht vor, erfolgt die Zuordnung zur Mutter, bei gleichgeschlechtlichen Elternteilen zum Elternteil nach den §§ 1591 oder 1592 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, oder wenn es einen solchen nicht gibt, zu demjenigen Elternteil, der seine Elternstellung zuerst erlangt hat […].
Das Bundesozialgericht hielt die Ungleichbehandlung zur Verwirklichung des Gleichstellungsgebots ausnahmsweise für gerechtfertigt, weil in (heterosexuellen Paarbeziehungen) Frauen häufiger als Männer die Erziehungsarbeit trügen, was zu Nachteile beim Aufbau ihrer Altersvorsorge führte.
Dr. Tessa Hillermann
Freiberufliche Referentin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin (Bundesstiftung Gleichstellung)
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