Wird im Arbeitsvertrag nur auf den TVöD in der jeweils geltenden Fassung, nicht aber auch auf die diesen Tarifvertrag ergänzenden oder ändernden Tarifverträge Bezug genommen, dann ist damit im Regelfall keine Versorgungsleistung auf Grundlage der in § 25 TVöD genannten Versorgungstarifverträge zugesagt.
BAG, Urteil vom 12. März 2024 – 3 AZR 150/23
TVöD/TV-L PRO
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Der Fall
Der Kläger ist im Rettungsdienst beschäftigt. Sein beklagter Arbeitgeber ist nicht Mitglied in der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Der zunächst in Bezug genommene Tarifvertrag war seitens der Gewerkschaft gekündigt worden, die Tarifvertragsverhandlungen zogen sich hin. Die Beklagte entschloss sich daraufhin, die Arbeitsbedingungen mit ihren Arbeitnehmern künftig nach dem TVöD zu gestalten und vereinbarte diesen, darunter auch dem Kläger, mit Wirkung zum 1. Januar 2018 die Geltung des TVöD in der für die VKA jeweils geltenden Fassung. Eine Bezugnahme auf die den TVöD ergänzenden oder ändernden Tarifverträge erfolgte nicht. § 25 TVöD (VKA) legt den Anspruch auf eine Versicherung unter eigener Beteiligung zum Zwecke einer zusätzlichen Altersversorgung „nach Maßgabe“ ua. des Tarifvertrags über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (ATV-K), der für Arbeitnehmer gilt, die bei Arbeitgebern beschäftigt sind, die nicht der VKA angehören, fest.
Der Kläger war der Auffassung, die Beklagte müsse ihm wegen der Bezugnahme auf den TVöD und damit auch auf § 25 TVöD die Leistungen verschaffen, die ihm zustünden, wenn er von ihr bei der VBL versichert worden sei. Das Landesarbeitsgericht hatte diesem Antrag stattgegeben. Das BAG hat einen solchen Anspruch dagegen verneint.

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Die Entscheidung
Der Anspruch des Klägers scheiterte bereits daran, dass im Arbeitsvertrag nur der TVöD, nicht aber auch die diesen ergänzenden Tarifverträge in Bezug genommen worden war. Damit war zwar die Blankettbestimmung des § 25 TVöD zum Inhalt des Arbeitsvertrags geworden, nicht aber auch der ATV-K, der erst einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf die Verschaffung einer betrieblichen Altersversorgung begründet hätte.

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Einordnung der Entscheidung
Das BAG hält an der zu § 46 BAT ergangenen Rechtsprechung fest (29. Juli 1986 - 3 AZR 71/85 -), dass die im Manteltarifvertrag des öffentlichen Dienstes getroffene Blankettregelung selbst noch keinen Anspruch auf die tarifliche Zusatzversorgung verschafft. Plastisch ausgedrückt reicht es für einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf eine Zusatzversorgung nach den Regelungen der VBL nicht aus, den Briefumschlag (§ 25 TVöD) im Arbeitsvertrag in Bezug zu nehmen, es muss auch der Briefbogen (ATV-K) zum Inhalt des Arbeitsvertrages gemacht werden. Deshalb kommt bei der Frage, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine tariflich geregelte Zusatzversorgung zu verschaffen, der Ausgestaltung der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel entscheidende Bedeutung zu. Anspruch auf Zusatzversorgung besteht nur, wenn die in § 25 TVöD genannten, ergänzenden Tarifverträge in Bezug genommen sind. Das war zB in den vom BAG mit Urteil vom 20. September 2016 (- 3 AZR 302/15 -) oder vom 16. März 2010 (- 3 AZR 744/08 -) entschiedenen Fällen so, nicht aber in der hier zu besprechenden Entscheidung
Zudem macht die Entscheidung deutlich, dass – anders als es noch die Vorinstanz (LAG Niedersachsen 20.4.2023 – 3 Sa 86/22 B – Rn. 120) angenommen hatte – die Verweisung auf den ATV bzw. ATV-K in § 35 TVöD keine „Koppelung“ der beiden Tarifverträge bewirkt. Soweit der 4. Senat des BAG wiederholt angenommen hat, dass ein tarifvertraglich in Bezug genommener anderer Tarifvertrag durch diese Verweisung in den verweisenden Tarifvertrag inkorporiert und so zum Bestandteil des verweisenden Tarifvertrags wird (zB BAG 22.2.2012 – 4 AZR 8/10 – Rn. 25), findet diese Rechtsprechung auf die vorliegende Konstellation keine Anwendung. Diese erfasst die Bezugnahme auf Tarifverträge, an denen zumindest eine andere Tarifvertragspartei beteiligt ist, nicht aber den in der Besprechungsentscheidung vorliegenden Fall der Bezugnahme auf einen anderen Tarifvertrag derselben Tarifvertragsparteien. In § 25 TVöD haben die Tarifvertragsparteien vielmehr mit der Formulierung „nach Maßgabe …“ deutlich gemacht, dass der TVöD und der ATV-K keine Einheit bilden sollen, sondern die für die konkrete Altersversorgung maßgeblichen Regelungen erst im ATV-K und damit gesondert vereinbart werden sollen.
Karin Spelge
Vorsitzende Richterin am BAG
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