ver.di kündigt Warnstreiks an – erste Tarifrunde ohne Ergebnis
Die erste Runde der Tarifverhandlungen ist von den Tarifvertragsparteien dazu genutzt worden, die wechselseitigen Positionen vertiefend zu erörtern. Derzeit liegen beide Parteien noch weit auseinander.
Stellungnahmen der Gewerkschaften
verdi
„Wir wollen kräftige Lohnerhöhungen durchsetzen: Die Wirtschaft spricht von goldenen Zeiten und die öffentlichen Kassen erleben sprudelnde Steuereinnahmen. Daran müssen auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilhaben, und nicht nur die Aktionäre“, forderte Frank Bsirske, Vorsitzender von ver.di.
Für März kündigte die Gewerkschaft Warnstreiks an. Die Friedenspflicht endet am 28. Februar 2018.
Angesichts einer starken Konkurrenz um Fachkräfte müsse mehr getan werden für die Attraktivität des öffentlichen Dienstes, so Bsirske. „Gute Arbeit muss gut entlohnt werden, wenn der öffentliche Dienst bei der Werbung um gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Wirtschaft mithalten will. Das wird nicht gelingen, wenn der öffentliche Dienst bei der Tariflohnentwicklung hinter andere Branchen zurückfällt.“ Der ver.di-Verhandlungsführer wies darauf hin, dass sich die Tarifparteien in der ersten Runde ausgetauscht, aber nicht angenähert hätten. „Bund und Kommunen profitieren stark vom Konjunkturboom, die Steuereinnahmen sprudeln, es ist also reichlich Geld vorhanden, um die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes angemessen für ihre gute Arbeit zu bezahlen“.
dbb
„Dieses Vorgehen hat zwar schon Tradition, enttäuscht uns aber trotzdem immer wieder“, kritisierte dbb Verhandlungsführer Ulrich Silberbach. „Die Arbeitgeber haben damit die erste Chance vertan, zügig in konkrete Verhandlungen einzutreten. Jetzt haben wir nur noch zwei Verhandlungsrunden. Das wird ein hartes Stück Arbeit. Ich denke, wir müssen schon vor der nächsten Verhandlungsrunde Druck aufbauen und die Kolleginnen und Kollegen zu Protestaktionen auf die Straße rufen.“
Der dbb Chef wies zudem das Arbeitgeber-Argument der leeren öffentlichen Kassen erneut entschieden zurück: „Das ist wirklich kaum noch auszuhalten. Bund und Kommunen erwirtschaften Milliardenüberschüsse – allein die Kommunen 2017 über neun Milliarden – und verlangen von ihren Beschäftigten jedes Jahr neue Sonderopfer zur Haushaltssanierung.“
Volker Geyer, dbb Fachvorstand Tarifpolitik, erläuterte in Potsdam, dass auch die Kommunen ein Interesse an nachhaltig steigenden Einkommen der Beschäftigten haben müssten: „Vor allem bei Fach- und IT-Kräften sind viele Gemeinden doch heute schon nicht mehr konkurrenzfähig mit der Privatwirtschaft. Um ihre Finanzen zu sanieren, sollten die Kommunen stärkeren Druck auf die Länder und den Bund ausüben. Von dort sollten mehr Gelder für Entschuldung und Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden, nicht durch die Kolleginnen und Kollegen in den städtischen Betrieben und Verwaltungen.“
Stellungnahme der kommunalen Arbeitgeber
„Wir werden die weiteren Gespräche ergebnisorientiert und konstruktiv führen. Wenn es nach uns geht, werden die Verhandlungen nach der dritten Runde erfolgreich abgeschlossen sein“, sagte der Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) Dr. Thomas Böhle. „Die kommunalen Arbeitgeber plädieren für angemessene Entgelterhöhungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Aber wir betonen erneut: Das Volumen der Forderungen in Höhe von über 6,5 Milliarden Euro im Jahr ist für uns aufgrund der prekären Haushaltslage vieler Kommunen und aufgrund der angespannten Lage in den Sparten, vor allem bei Krankenhäusern und Sparkassen, schlichtweg nicht zu stemmen.“
Den ebenfalls geforderten Mindestbetrag von 200 Euro lehnen die Arbeitgeber ab: „Zum einen würde dieser Mindestbetrag über alle Entgeltgruppen und Stufen gerechnet eine Gewerkschaftsforderung von insgesamt 7 statt nur 6 Prozent bedeuten“, führt Böhle weiter aus. „Zum anderen ist diese sogenannte Komponente im Grunde alles andere als sozial. Sie sorgt dafür, dass Einkommen in den unteren Entgeltgruppen (bis EG 4) erneut überproportional steigen. Dies hat zur Folge, dass er vor allem die Einkommensgruppen verteuert, bei denen der öffentliche Dienst schon jetzt kaum noch wettbewerbsfähig ist – ganze Aufgabenfelder werden aus dem Tarifbereich ausgegliedert. Unser Ziel ist es, alle Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst zu halten. Das muss auch im Sinne der Gewerkschaften sein.“
Ein weiterer Effekt des Mindestbetrags wäre, dass sich der Unterschied zwischen den Gehältern von geringer und höher qualifizierten Beschäftigten weiter verringerte. Der öffentliche Dienst benötigt dringend gut qualifiziertes Personal. Vor allem Fachkräfte, etwa im IT-Bereich, werden gesucht. „Gerade ihnen müssen kommunale Arbeitgeber attraktive Angebote machen. Sonst orientieren sie sich in Richtung Privatwirtschaft. Was wir mit den Gewerkschaften dringend auf den Weg bringen müssen, ist die Besserstellung von Fach- und Führungskräften im öffentlichen Dienst“, so Dr. Thomas Böhle.
Quelle: Pressemitteilungen der Tarifparteien vom 26.2.2018
Hinweis:
Die weiteren Termine für die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen sind der 12./13. März und der 15./16. April 2018.
Bernhard Faber
Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.