Alles neu macht (der Mai) Corona
Liebe Leserin, lieber Leser,
mal wieder einen Blog zu Corona, was sonst. Das Coronavirus bringt Krankheit, Tod, Quarantäne, Kurzarbeit, Verunsicherung, wirtschaftlichen Abschwung und vieles Negative mehr. Es hat aber auch in Deutschland einige Änderungen im Arbeitsrecht gegeben, hierzu ein Überblick:
Kurzarbeit
Aufgrund der verheerenden Auswirkungen des Coronavirus hat der Gesetzgeber mehrere Erleichterungen beim Zugang zum Kurzarbeitergeld beschlossen. Sie gelten vom 01.03.2020 bis zum 31.12.2020. Die Änderungen sind kurz zusammengefasst:
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Anspruch besteht auf Kurzarbeitergeld (KUG), wenn mindestens 10% (bisher 30%) der Beschäftigten einen Arbeitsentgeltausfall von mehr als 10% haben.
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Sozialversicherungsbeiträge für ausgefallene Arbeitsstunden werden nach der Neuregelung zu 100% von der Agentur für Arbeit erstattet.
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Überstunden- und Arbeitszeitkonten müssen vor dem Erhalt von Kurzarbeitergeld aufgelöst werden. Es wurde auf den Aufbau negativere Arbeitszeitsalden mit der Neuregelung verzichtet.
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Auch Leiharbeitnehmer können in Kurzarbeit gehen und Kurzarbeitergeld beziehen.
Änderung zur Anrechnung des Nebenverdienstes bei Kurzarbeit
Ebenfalls ganz kurzfristig mit der Geltung vom 01.04.2020 bis 31.10.2020 wird abweichend von § 106 Abs. 3 SGB III Entgelt aus einer anderen, während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommenen Beschäftigung in systemrelevanten Branchen und Berufen dem Ist-Entgelt nicht hinzugerechnet, soweit das Entgelt aus der neu aufgenommenen Beschäftigung zusammen mit dem Kurzarbeitergeld und dem verbliebenen Ist-Entgelt aus der ursprünglichen Beschäftigung die Höhe des Soll-Entgelts aus der Beschäftigung, für die Kurzarbeitergeld bezahlt wird, nicht übersteigt. Die während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommenen Beschäftigungen nach Satz 1 sind versicherungsfrei zur Arbeitsförderung.
Damit können Arbeitnehmer in Kurzarbeit beispielsweise eine Nebentätigkeit als Spargelstecher aufnehmen und zusätzlich Vergütung erhalten.
Finanzielle Unterstützung für Arbeitnehmer bei KIGA-, KITA- und Schulschließungen
Es ist und war höchst umstritten, ob Arbeitnehmer, die bei Schließungen von Schulen, Kindertagesstätten und Kindergärten aufgrund behördlicher Anordnung wegen der Betreuung ihrer Kinder nicht arbeiten können, als Ausnahme vom Grundsatz „Kein Lohn ohne Arbeit“ für wenige Tage einen Vergütungsanspruch gemäß § 616 BGB haben. Ein solcher Vergütungsanspruch ist bei sogenannten Kind-Krank-Tagen gegeben, nicht jedoch bei Schulferien. Die derzeitige Situation liegt irgendwo dazwischen.
Seit April 2020 greift § 56 Abs. 1a IFSG, ebenfalls befristet nur bis zum 31.12.2020. Arbeitnehmer, die aufgrund einer behördlichen Schließung von einer Schule oder Kindertagesstätte aufgrund behördlicher Anordnung ihre Kinder betreuen müssen und nicht arbeiten können, erhalten für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen eine Entschädigung in Höhe von 67% des monatlichen Nettoeinkommens, maximal EUR 2.016,00 monatlich. Die Auszahlung erfolgt durch den Arbeitgeber, der die Erstattung der Entschädigungsleistungen bei der zuständigen Landesbehörde beantragen kann. Voraussetzung dieses Anspruchs ist:
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Erwerbstätiger Elternteil
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Kind ist zu betreuen, das noch nicht das 12. Lebensjahr vollendet hat oder behindert ist und auf Hilfe angewiesen ist
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Eine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit besteht nicht
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Im Betrieb besteht keine andere Möglichkeit, als der Arbeit fernzubleiben (andere Möglichkeit wäre z.B. Abbau von Überstundenguthaben, Tätigkeit aus dem Home-Office)
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Ein Anspruch besteht nicht für Zeiten, in denen die Schule bzw. die Kindertagesstätte ohnehin geschlossen wäre, wie z.B. in den Osterferien
Stundung für Sozialversicherungsbeiträge für März 2020 und April 2020
Wenn alle anderen Instrumente, wie Kurzarbeit, Kredite, etc. genutzt sind und dennoch Liquiditätsschwierigkeiten bestehen, können Sozialversicherungsbeiträge vorübergehend gestundet werden. Eine Stundung kommt für die Sozialversicherungsbeiträge für die Monate März 2020 und April 2020 in Betracht, soweit alle anderen Maßnahmen aus den verschiedenen Hilfspaketen und Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung ausgeschöpft sind.
Sicherstellung betrieblicher Mitbestimmung
Durch die Corona-Krise ist das Betriebsverfassungsrecht eingeschränkt. Problem ist das gesetzliche Erfordernis des körperlichen Zusammenkommens bei Beschlüssen des Betriebsrats im Rahmen von Präsenzsitzungen. Ein Umlaufverfahren für Beschlüsse des Betriebsrats ist nicht zulässig. Ebenfalls sind Telefon- und Videokonferenzen im Betriebsverfassungsgesetz nicht vorgesehen. In einer Ministererklärung von Hubertus Heil vom März 2020 wird an Betriebsräte und Arbeitgeber appelliert, Betriebsratssitzungen und Beschlüsse auch mit Telefon- und Videokonferenzen als zulässig anzusehen. Hiervon wurde und musste beispielsweise bei Verhandlungen und dem Abschluss von Betriebsvereinbarungen über die Kurzarbeit Gebrauch gemacht werden. Teilweise wurde dies mit einem „Nichtangriffspakt“ verbunden, dass beide Betriebsparteien das Zustandekommen des Beschlusses nicht angreifen werden.
Dies war dennoch mit praktischen Schwierigkeiten und rechtlichen Unsicherheiten verbunden. Wie die Bundesregierung am 08.04.2020 veröffentlichte, sind kurzfristig Änderungen des Betriebsverfassungsgesetzes und des Bundespersonalvertretungsgesetzes vorgesehen. Dadurch soll die Möglichkeit zur Beschlussfassung der Betriebsräte erweitert, die Handlungsfähigkeit der Personalvertretungen gewährleistet und der Abschluss der Personalratswahlen gesichert werden. Für Betriebsräte bis zum 31.12.2020 und für Personalräte bis zum 31.03.2021 soll die Möglichkeit bestehen, Beschlüsse auch via Telefon- und Videokonferenzen zu fassen. Die Regelungen sollen rückwirkend zum 01.03.2020 in Kraft treten.
Herzliche (arbeitsrechtliche) Grüße und bleiben Sie Gesund
Ihr Dr. Erik Schmid

