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Eingruppierung einer Bibliothekarin

Welche Tätigkeiten für die Eingruppierung von Beschäftigten im Anwendungsbereich des TVöD/TV-L maßgebend sind.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

im Anschluss an meinen Blog im Februar zur Eingruppierung eines „sonstigen“ Beschäftigten im SuE-Bereich möchte ich Ihnen nun eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 26.3.2024, Az. 2 Sa 72/231 präsentieren. Das Gericht hatte sich unter anderem mit der Frage zu beschäftigen, welche Tätigkeiten für eine Eingruppierung von Beschäftigten nach dem TV-L maßgebend sind. Die Entscheidungsgründe sind 1:1 auf den Anwendungsbereich des TVöD VKA und Bund übertragbar, da die Eingruppierungsregelungen insoweit inhaltlich identisch sind.

Sponer † / Steinherr † / Donath / Kapitza † / Wollensak

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Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin verfügt über einen Fachschulabschluss als Bibliothekarin und ist als studierte Archäologin beim beklagten Land seit dem Jahr 1986 als Bibliothekarin beschäftig. Seit April 2019 ist sie in der Kustodie der Universitätsbibliothek in Vollzeit eingesetzt und in Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1 der EntgO TV-L eingruppiert. Mit Schreiben vom 6.8.2019 wurde der Klägerin ein neues bzw. geändertes Aufgabengebiet zum 1.8.2019 übertragen. Aus der entsprechenden Tätigkeitsdarstellung ergeben sich als wesentliche Arbeitsvorgänge zum einen die Inventarisierung und Erschließung der Kunstsammlungen der Universität (40 % Anteil an der gesamten Arbeitszeit) und zum anderen die Unterstützung bei der Wahrnehmung wesentlicher Aufgaben der Kustodie zur Erhaltung und Sicherung des Kunstbesitzes der Universität A-Stadt (25 % Anteil an der gesamten Arbeitszeit). Die Klägerin hat die Tätigkeitsbeschreibung nicht unterzeichnet.

Die Klägerin begehrte klageweise eine Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 12, hilfsweise in die Entgeltgruppe 11 TV-L. Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, das beklagte Land habe ihre Tätigkeit in der Tätigkeitsdarstellung unzutreffend wiedergegeben. Der Arbeitsvorgang Betreuung, Inventarisierung und Erschließung der Kunstsammlungen der Universität mache alleine einen Arbeitszeitanteil von 75 % aus.

Sowohl das Arbeitsgericht Rostock als auch das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern haben die Klage abgewiesen.

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Das sind die wesentlichen Entscheidungsgründe des Gerichts:

1. Bezugspunkt der tariflichen Bewertung sei der Arbeitsvorgang. Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs sei das Arbeitsergebnis.

Hinweis! Sowohl die Protokollerklärung zu § 12 Abs. 1 TV-L als auch die entsprechende Erklärung zu § 12 Abs. 2 TVöD enthält eine rechtsverbindliche Definition des tariflichen Begriffs des Arbeitsvorganges.

2. Für die Beurteilung, ob eine oder mehrere Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führen, sei eine natürliche Betrachtungsweise (und damit keine juristische Betrachtungsweise) und die durch den Arbeitgeber vorgenommene Arbeitsorganisation ausschlaggebend.

Hinweis! Im Einzelfall kann auch die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können allerdings dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten oder organisatorisch voneinander getrennt sind.

3.  Die hier maßgebenden Arbeitsvorgänge 1 und 2 erfüllten zwar die Anforderungen der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1 und 2 TV-L.  Sie erfüllten aber nicht die Anforderungen der Entgeltgruppe 11 TV-L, da sich die Tätigkeit nicht durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1 TV-L heraushebe.

Hinweis! Es genügt für das Heraushebungsmerkmal "besondere Schwierigkeit" noch nicht, dass eine Tätigkeit schwieriger ist als diejenige in der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1 TV-L. Sie muss sich vielmehr durch eine besondere Schwierigkeit herausheben. Ohnehin vorausgesetzt ist das durch ein einschlägiges Fachhochschulstudium oder eine vergleichbare Ausbildung vermittelte Wissen und Können, das bereits mit dem Entgelt der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 3 TV-L abgegolten ist.

4. Die von der Klägerin angeführten Aufgaben der Provenienzforschung, der Kulturgutsicherung, eines Sammlungskurators, des Kuratierens von Ausstellungen, des Restaurierungsetats, der Restaurierung durch Feststellung der Dringlichkeit und Beauftragung eines Restaurators, obliegen ihr nach der Stellenbeschreibung nicht. Sie könnten daher zur Begründung eines Heraushebungsmerkmals nicht herangezogen werden. 

Hinweis! Nach § 12 Abs. 1 Sätze 2 und 3 TV-L/§ 12 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 TVöD ist eine Beschäftigte/ein Beschäftigter in die Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Ausschlaggebend für die tarifliche Bewertung ist also die Tätigkeit, welche der/dem Beschäftigten auf Dauer übertragen ist.

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Fazit für Sie!

Maßgebend für die Eingruppierung einer/eines Beschäftigten ist ausschließlich die ihr/ihm formal übertragende Tätigkeit.

Für eine formale Übertragung der Tätigkeit ist regelmäßig die Personalverwaltung als „vertragsabschließende“ Stelle zuständig.

Für die Eingruppierung ist damit nicht die Tätigkeit maßgebend, die die/der Beschäftigte tatsächlich ausgeübt hat.

Herzliche Grüße

Ihr Boris Hoffmann


1 LAG M-V 26.3.2024 – 2 Sa 72/23 – juris.

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