Fragerecht und Informationsanspruch des Arbeitgebers –
Teil 2
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
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Einzelfälle |
Berechtigtes Interesse – zulässige Fragen |
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AIDS |
Es ist zu differenzieren. Die Frage nach einer bestehenden AIDS-Erkrankung ist uneingeschränkt zulässig. Bei der Frage nach einer AIDS-Infektion muss nach den Auswirkungen auf die geschuldete Tätigkeit unterschieden werden. So ist die Frage etwa bei sämtlichen Heilberufen wegen des möglichen Blutkontakts zulässig. |
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Alkohol- und Drogen-abhängigkeit |
Die Frage nach einer Alkohol- oder Drogenabhängigkeit ist nur dann zulässig, wenn die Tätigkeit voraussetzt, dass der Bewerber nicht alkohol- oder drogenabhängig ist, etwa bei gefahrgeneigten Arbeiten (z. B. Tätigkeit als Busfahrer). Dementsprechend sind auch nur in diesen Fällen Eignungsfeststellungsuntersuchungen zulässig. |
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Alter |
Der Arbeitgeber darf das Alter des Bewerbers grundsätzlich nicht vor Vertragsabschluss erfragen. Gleichwohl dürfte sich dieses in der Regel aus dem Lebenslauf des Bewerbers entnehmen lassen. Anders in einem anonymisierten Auswahlverfahren. |
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Arbeitserlaubnis |
Die Frage, ob der Bewerber im Besitz einer Arbeitserlaubnis ist, ist zulässig und stellt keine (mittelbare) Benachteiligung ausländischer Arbeitnehmer wegen der Rasse oder der ethnischen Herkunft dar, da der Besitz einer entsprechenden Erlaubnis zwingende Beschäftigungsvoraussetzung ist. |
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Beruflicher Werdegang/ |
Im Hinblick auf den Leistungsgrundsatz ist die Frage nach dem beruflichen Werdegang, nach Zeugnissen und Prüfungsnoten zulässig. |
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Familienplanung |
Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, nach der Familienplanung des Bewerbers zu fragen, da diese Information keinen Bezug zur späteren Beschäftigung aufweist. |
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Familienstand |
Die Frage nach dem Familienstand ist im öffentlichen Dienst (nach der Einstellung) im Hinblick auf die verschiedenen Familienbestandteile der Vergütung zulässig. |
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Genetische Veranlagungen |
Unzulässig sind Fragen nach der genetischen Veranlagung des Bewerbers, sodass Genomanalysen ausgeschlossen sind. |
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Gesundheitszustand/ |
Fragen zum Gesundheitszustand sind zulässig, soweit diese zur Bestimmung der gesundheitlichen Eignung erforderlich sind. Dementsprechend sind Fragen nach gesundheitlichen Beeinträchtigungen nur insoweit zulässig, wie sie die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers auf dem vorgesehenen Arbeitsplatz betreffen. In diesem Zusammenhang sind auch Fragen nach Infektionserkrankungen zulässig, soweit diese nach allgemeingültigen medizinischen Erkenntnissen immer wiederkehrende krankheitsbedingte Ausfallzeiten nach sich ziehen. |
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Gewerkschaftszugehörigkeit |
Der Arbeitgeber ist im Hinblick auf Art. 9 Abs. 3 GG nicht berechtigt, nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit zu fragen. |
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Heirat |
Die Frage nach einer beabsichtigten Heirat ist mangels Bezuges zur späteren Beschäftigung unzulässig. |
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Lohnpfändungen |
Nach bestehenden Lohnpfändungen darf im Hinblick auf den zusätzlichen Arbeitsaufwand für den Arbeitgeber grundsätzlich gefragt werden (str.). |
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Ministerium für Staatssicherheit (MfS/Stasi) |
Die Frage nach einer Mitarbeit im ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit ist im öffentlichen Dienst vollumfänglich zulässig, da bei entsprechender Mitarbeit Zweifel an der Verfassungstreue des Bewerbers bestehen. |
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Nichtrauchereigenschaft |
Der Arbeitgeber darf nicht fragen, ob der Bewerber Nichtraucher ist, da das Rauchen den persönlichen Lebensumständen des Bewerbers zuzuordnen ist, welche für die spätere Beschäftigung ohne Belang sind. Dies gilt auch dann, wenn bei ihm ein grundsätzliches Rauchverbot gilt. |
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Parteimitgliedschaft |
Zulässig ist die konkrete Frage nach Aktivitäten in Parteien oder Organisationen, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen. |
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Religionszugehörigkeit |
Die Frage nach der Religionszugehörigkeit ist im Hinblick auf § 1 AGG unzulässig. |
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Schwangerschaft |
Unzulässig ist die Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft (§ 1 AGG). |
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Schwerbehinderten- |
Das Bundesarbeitsgericht hat in neuerer Zeit bzw. seit Inkrafttreten der EG-Gleichbehandlungsrichtlinie noch nicht entschieden, ob die Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft zulässig ist. Nach der „älteren“ Rechtsprechung ist die Frage zulässig. Die h. M. in der Literatur verneint hingegen die Zulässigkeit dieser Frage.
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Verdienst |
Die Frage nach dem bisherigen Verdienst ist grundsätzlich unzulässig, da aus dem bisherigen Gehalt die Eignung eines Bewerbers nicht ersichtlich ist. |
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Vorstrafen |
Fragen zu Vorstrafen oder nach laufenden Straf- oder Ermittlungsverfahren sind zulässig, wenn hiermit die charakterliche Eignung des Bewerbers überprüft wird. Dies setzt allerdings voraus, dass die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes dies „erfordert“, d. h. bei objektiver Betrachtung berechtigt erscheinen lässt. In der Praxis empfiehlt sich die Vorlage eines amtlichen Führungszeugnisses. |
Ich hoffe, diese tabellarische Übersicht hilft Ihnen in der täglichen Praxis weiter.
Damit verbleibe ich
Ihr
Boris Hoffmann
