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Stufenzuordnung bei Neueinstellungen

Wie der Begriff der „einschlägigen Berufserfahrung“ zu verstehen ist.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

heute möchte ich Ihnen von einer Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 23.1.2025, Az. 3 SLa 299/24 berichten. Das Gericht hatte sich unter anderem mit der Frage beschäftigt, ob die Vorbeschäftigung der Klägerin bei der Stufenzuordnung im Rahmen ihrer Einstellung zu berücksichtigen gewesen ist oder nicht.

Sponer † / Steinherr † / Donath / Kapitza † / Wollensak

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Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin, eine examinierte Krankenschwester, trat am 16.3.2020 in den Dienst der Beklagten ein.

Nach § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages bestimmt sich das Beschäftigungsverhältnis nach den Vorschriften des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD-VKA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen.

Die Klägerin ist von Anfang an im Jugend- und Sozialamt der beklagten Stadt beschäftigt worden. Dort ist sie als Büroangestellte mit der Sachbearbeitung zur Ermittlung des individuellen Pflegebedarfs sowie zum qualitativen und quantitativen Beurteilen von Versorgungs- und Pflegeleistungen betraut. Bei ihrer Einstellung ist sie der Stufe 3 der Entgeltgruppe (EG) 9b TVÖD zugeordnet worden. Dieser Stufenzuordnung hat der Personalrat zugestimmt. Zum 1.3.2023 ist die Klägerin in die Stufe 4 aufgestiegen. Die Vorgängerin der Klägerin ist von der Beklagten der Stufe 5 zugeordnet worden. Dies gilt auch für mindestens eine weitere Mitarbeiterin der Beklagten, die nach der Klägerin auf der gleichen Position wie die Klägerin eingestellt wurde.

Vor ihrer Tätigkeit bei der Beklagten war die Klägerin u. a. bei der Caritas beschäftigt.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Frankfurt eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von Entgelt nach EG 9b Stufe 5 TVöD (VKA) seit dem 01.10.2022. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Hessische Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab.

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Das sind die wesentlichen Entscheidungsgründe:

Der Klägerin stehe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt seit dem 1.10.2022 ein Anspruch auf Zahlung von Vergütung nach der Entgeltgruppe 9b Stufe 5 TVöD-VKA zu.

1. Es sei bereits fraglich, ob die Klägerin, wie es § 16 Abs. 2a Halbs. 1 TVöD voraussetze, in unmittelbarem Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst oder zu einem Arbeitgeber, der einen dem TVöD vergleichbaren Tarifvertrag anwendet, bei der Beklagten eingestellt worden ist.

Nach § 16 Abs. 2a 1. Alt. iVm. § 34 Abs. 3 Satz 3 TVöD sei ein vorheriges Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst gegeben, wenn

  • der vorherige Arbeitgeber, Mitglied eines Mitgliederverbandes der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ist und den TVöD anwendet oder
  • das vorherige Arbeitsverhältnis mit einem anderen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber bestanden hat.

Hinweis! Dies sind insbesondere der Bund und Arbeitgeber, die Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) oder eines Mitgliedsverbandes der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) sind und den TV-L anwenden, sowie sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts. 

Darüber hinaus könne die Berücksichtigung der Stufenzeiten auch bei solchen Arbeitsverhältnissen vorgenommen werden, deren Arbeitsverträge bisher einem dem "TVöD vergleichbaren Tarifvertrag" unterliegen (§ 16 Abs. 2a 2. Alt. TVöD).

Hinweis! Dies trifft auch auf Arbeitgeber zu, die den TVöD anwenden aber nicht zum öffentlichen Dienst gehören.

Weder beim Caritasverband noch bei den anderen Arbeitgebern habe es sich um einen öffentlichen Arbeitgeber im Sinne des § 34 Abs. 3 Satz 4 TVöD gehandelt, so dass bereits aus diesem Grund eine höhere Stufenzuordnung nicht in Betracht käme.


2. Die Berufserfahrung der Klägerin habe allerdings bei der Stufenzuordnung im Rahmen der Einstellung auch nicht berücksichtig werden können, da diese nicht einschlägig im Sinne des § 16 Abs. 2a TVöD sei.

Bei der Stufenzuordnung könne nur die Berufserfahrung berücksichtigt werden, die dem Beschäftigten und damit seinem Arbeitgeber auch in der Tätigkeit, für die er neu eingestellt worden ist, zugutekommt. Dies haben die Tarifvertragsparteien durch die Beschränkung der Berücksichtigung auf die einschlägige bzw. förderliche Berufserfahrung in § 16 Abs. 2 TVöD zum Ausdruck gebracht. Auch bei einer Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2a TVöD könne daher nur eine gleichwertige Berufserfahrung berücksichtigt werden.1 

Hinweis! Einschlägige Berufserfahrung ist eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogenen entsprechenden Tätigkeit. Danach liegt einschlägige Berufserfahrung vor, wenn die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird oder zumindest gleichartig war. Das setzt wiederum voraus, dass die/der Beschäftigte die Berufserfahrung in einer Tätigkeit erlangt hat, die in ihrer/seinem eingruppierungsrechtlichen (zutreffenden) Wertigkeit der Tätigkeit entspricht, für die die Neueinstellung erfolgt.

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Fazit für Sie!

  • Die Beurteilung, ob einschlägige Berufserfahrung vorliegt, bezieht sich stets auf die in Aussicht genommene Tätigkeit beim neuen Arbeitgeber also auf die Tätigkeit bei Ihnen.
  • Bei dieser Prüfung ist ein tätigkeitsbezogener Vergleich zwischen den in der Vergangenheit erlangten Kenntnissen und Fähigkeiten mit den nach der Einstellung künftig zu bewältigenden Aufgaben erforderlich.

Herzliche Grüße

Ihr
Boris Hoffmann


1  Zur vergleichbaren Bundesregelung s. BAG 20.9.2012 – 6 AZR 211/11, ZTR 2013, 35.

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