rehm-verlag   Online-Produkte öffnen

Außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist – Verweigerung einer amtsärztlichen Untersuchung zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit – Präventionsverfahren

Jetzt bewerten!

BAG vom 25.1.2018 – 2 AZR 382/17: Vor dem Bundesarbeitsgericht haben die Prozessparteien über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung gestritten.

Orientierungssätze

 

  1. Sieht eine Tarifregelung – wie § 5 Abs. 2 BAT/AOK-Neu – vor, dass der Arbeitgeber bei gegebener Veranlassung durch das Gesundheitsamt feststellen lassen kann, ob der Beschäftigte arbeitsfähig ist, bedarf es eines hinreichenden sachlichen Grundes für die Anordnung. Berechtigte Zweifel an seiner Arbeitsfähigkeit liegen vor, wenn aufgrund hinreichender tatsächlicher Umstände fraglich ist, ob er zu der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung auf seinem bisherigen Arbeitsplatz gesundheitlich in der Lage ist. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer „Erwerbsunfähigkeit“ sind nicht erforderlich.

  2. § 5 Abs. 2 BAT/AOK-Neu setzt nicht voraus, dass der Arbeitgeber vor Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit eines schwerbehinderten Beschäftigten ein Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX a. F. durchgeführt hat. Die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers kann regelmäßig durch die Einschaltung der in § 84 Abs. 1 SGB IX a. F. genannten Stellen nicht geklärt werden.

  3. Die Verletzung einer tarif- oder einzelvertraglich geregelten Nebenpflicht des Arbeitnehmers, bei gegebener Veranlassung auf Wunsch des Arbeitgebers an einer ärztlichen Untersuchung zur Feststellung seiner Arbeitsunfähigkeit mitzuwirken, ist „an sich“ geeignet, einen wichtigen Grund i. S. von § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Sie kann daher je nach den Umständen geeignet sein, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

  4. Hat der Arbeitgeber entgegen § 84 Abs. 1 SGB IX a. F. ein Präventionsverfahren nicht durchgeführt, trifft ihn eine erhöhte Darlegungslast im Hinblick auf denkbare, gegenüber einer Beendigungskündigung mildere Mittel, um die zum Anlass für die Kündigung genommene Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen. Die erhöhte Darlegungslast entfällt nicht deshalb, weil das Integrationsamt der Kündigung nach § 91 Abs. 4 SGB IX a. F. zugestimmt hat.

 

Auf die vollständige Urteilsbegründung wird verwiesen.

 

BAG vom 25.1.2018 – 2 AZR 382/17 –

 

Bernhard Faber

Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.

Mein Kommentar
Sie sind nicht eingeloggt
Bitte benachrichtigen Sie mich bei neuen Kommentaren.
Ihr Kommentar erscheint unter Verwendung Ihres Namens. Weitere Einzelheiten zur Speicherung und Nutzung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
0 Kommentare zu diesem Beitrag
banner-arbeits-und-tarifrecht-2.png
Tarifrecht_Arbeitsrecht_PVG.png
SX_LOGIN_LAYER