Anerkannte Regeln der Technik Schallschutz bei der Errichtung von Eigentumswohnungen
Bereits in einer Entscheidung aus dem 2007 hatte der Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, dass die Mindestanforderungen der DIN 4109 nicht (mehr) den anerkannten Regeln der Tech-nik entsprechen. Diese Rechtsprechung führt der Bundesgerichtshof in einer kürzlich ergan-genen Entscheidung fort.
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Der Entscheidungstenor des Urteils lautet:
„Welcher Schallschutz für die Errichtung von Eigentumswohnungen geschuldet ist, ist in erster Linie durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Wird ein üblicher Qualitäts- und Komfortstandard geschuldet, muss sich das einzuhaltende Schalldämm-Maß an dieser Vereinbarung orientieren. Der Umstand, dass im Vertrag auf eine „Schalldämmung nach DIN 4109’’ Bezug genommen ist, lässt schon deshalb nicht die Annahme zu, es seien lediglich die Mindestmaße der DIN 4109 vereinbart, weil diese Werte in der Regel keine anerkannten Regeln der Technik für die Herstellung des Schallschutzes in Wohnungen sind, die üblichen Qualitäts- und Komfortstandards genügen (im Anschluss an BGH, Urteil vom 14.06.2007 – VII ZR 45/06).
BGH, Urteil vom 04.06.2009 – VII ZR 54/07
Die Entscheidung im Einzelnen:
Der Kläger erwarb eine zu errichtende Eigentumswohnung. In der Baubeschreibung fand sich der Hinweis: „In den Wohngeschossen kommt ein schwimmender Estrich auf Wärme- bzw. Trittschalldämmung gemäß DIN 4109 zur Ausführung.’’. Des weiteren wurde die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik ausbedungen. In der Folgezeit kam es zum Streit zwischen den Vertragsparteien und der Erwerber verlangte wegen Schallschutzmängeln die Rückabwicklung des Kauvertrages. Das zuständige Oberlandesgericht war der Auffassung, dass aus dem Hinweis „gemäß DIN 4109’’ zu schließen sei, dass ein erhöhter Schallschutz vertraglich nicht geschuldet sei. Vielmehr seien lediglich die Mindestanforderungen der DIN 4109 zugrunde zu legen. Hiergegen legten die Kläger mit Erfolg Revision ein. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Oberlandesgerichts mit folgender Begründung auf:
Bereits mit Urteil vom 14.06.2007 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass die DIN 4109 nicht die anerkannten Regeln der Technik verkörpere. Diesem Urteil lag allerdings der Sachverhalt zugrunde, dass die Vertragsparteien keine ausdrückliche Vereinbarung zum Schallschutz getroffen hatten. Aber auch für den hier zu entscheidenden Fall, wonach die Parteien einen Hinweis auf die DIN 4109 im Vertrag aufgenommen hatten, könne nichts anderes gelten. Es seien nicht die Mindestanforderungen gemäß DIN 4109 geschuldet. Diese bezwecke gemäß ihrer Ziff. 1 nur einen Schutz vor unzumutbaren Belästigungen. Der Erwerber einer Eigentumswohnung könne jedoch in der Regel einen „üblichen Komfort-/Qualitätsansprüchen genügenden Schallschutz’’ erwarten. Demgemäß schulde der Bauträger, der eine Eigentumswohnung errichtet und veräußert, dem Erwerber ein „Mehr an Schallschutz’’, als dies die DIN 4109 in ihren Mindestanforderungen vorsieht. Anhaltspunkte für die anerkannten Regeln der Technik liefern die Schallschutzstufen II und III der VDI-Richtlinie 4100 und das Beiblatt 2 zur DIN 4109 (89).
Praxishinweis: Das einzuhaltende Schalldämm-Maß bei der Errichtung von Eigentumswohnungen bildet eine erhebliche Haftungsfalle für Bauträger und deren planende Architekten. Selbst wenn im Vertrag auf eine „Schalldämmung nach DIN 4109’’ Bezug genommen wird, hat ein Wohnungserwerber regelmäßig einen Anspruch auf Einhaltung erhöhter Schalldämm-Werte. Die DIN 4109 bildet die anerkannten Regeln der Technik nicht ab.
Dr. Rolf Theißen
Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Lehrbeauftragter für Bau- und Vergaberecht
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