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Befreiung für Mobilfunkanlage im reinen Wohngebiet

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BauGB § 31 Abs. 2; BauNVO 1977 § 3 Abs. 3 1. Die Erteilung einer Befreiung zur Errichtung einer Mobilfunkstation in einem festgesetzten reinen Wohngebiet (BauNVO 1977) erfordert eine Einzelfallentscheidung. Bei der Ausübung ihres Ermessens muss die Bauaufsichtsbehörde die Besonderheiten der konkreten Planungssituation erfassen und insbesondere prüfen, ob das reine Wohngebiet wegen des Vorhandenseins weiterer Mobilfunkanlagen an dem vorgesehenen Standort oder in der Umgebung gewerblich überformt wird. 2. Eine Befreiung zur Errichtung einer Mobilfunkstation in einem festgesetzten reinen Wohngebiet (BauNVO 1977) kann als Randkorrektur von minderem Gewicht in Betracht kommen. 3. Eine Mobilfunkstation mit mehr als einem Antennenmast auf dem Dach eines Wohnhauses führt im reinen Wohngebiet (BauNVO 1977) im Regelfall wegen der – insbesondere optischen Auswirkungen – zu einer Veränderung des Gebietscharakters und berührt die Grundzüge der Planung.

OVG NRW, Urteil vom 17.12.2008 – 10 A 2999/07 –

 

 

Aus den Gründen:

 

1. Die angefochtene Befreiungsentscheidung verletzt den Gebietsgewährleistungsanspruch des Kl. Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat nachbarschützende Funktion zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Ein Nachbar im Baugebiet soll sich auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden können, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Dieser  bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlichrechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen. Der Hauptanwendungsfall im Bauplanungsrecht für diesen Grundsatz sind die Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung. Durch sie werden die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundeigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind. Im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll daher jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindern können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.12.2007 – 4 B 55.07 –, BauR 2008, 719 m. w. N.; Urteil vom 16.9.1993 – 4 C 28.91 –, BRS 55 Nr. 110, und Beschluss vom 2.2.2000 – 4 B 87.99 –, BRS 63 Nr. 190).

 

 Beide Grundstücke liegen entgegen der Annahme des VG in demselben reinen Wohngebiet . . . 2. Das Vorhaben ist planungsrechtlich in dem festgesetzten reinen Wohngebiet nicht zulässig . . .

 

b) Die Errichtung der Mobilfunkantennenanlage widerspricht den Festsetzungen des Bebauungsplans. Der Bebauungsplan setzt für den Anlagenstandort ein reines Wohngebiet fest. Welche Nutzungen auf der Grundlage dieser Festsetzung im Einzelnen zulässig sind, richtet sich nach der BauNVO (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO). Deren Vorschriften zur Art der baulichen Nutzung werden mit der Festsetzung von Baugebieten Bestandteil des Bebauungsplans. Für den Bebauungsplan Nr. 23/73 der Stadt, der 1980 als Satzung beschlossen worden ist, ist dabei die BauNVO in der Fassung von 1977 maßgeblich. Die durch § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bewirkte Verbindung zwischen einem Bebauungsplan und der BauNVO ist in dem Sinne „statisch“, dass auf die Fassung der Baunutzungsverordnung abzuheben ist, die im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über den Bebauungsplan galt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.11.1999 – 4 B 3.99 –, BRS 62 Nr. 82 = UPR 2000, 225; OVG NRW, Urteil vom 8.10.2003 – 7 A 1397/02 –, BRS 66 Nr. 92).

 

Die von der Beigel. mit dem angegriffenen Vorhaben betriebene Nutzung ist in einem reinen Wohngebiet weder regelhaft noch ausnahmsweise nach § 3 Abs. 3 BauNVO 1977 zulässig. Zwar handelt es sich bei der Errichtung und dem Betrieb einer Mobilfunksendeanlage um eine nicht generell verbotene, selbstständige, auf Dauer angelegte und auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit und damit um eine gewerbliche Nutzung (vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25.3.2003 – 10 B 2417/02 –, BRS 66 Nr. 89 und vom 9.1.2004 – 7 B 2482/03 = UPR 2004, 279 –, BRS 67 Nr. 66; Nds. OVG, Beschluss vom 6.12.2004 – 1 ME 256/04 –, BauR 2005, 975). Diese Anlage unterfällt jedoch keiner der in § 3 Abs. 3 BauNVO 1977 aufgeführten Nutzungsarten.

 

c) Ebenso wenig ist die Anlage nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO 1977 zulässig. Danach sind außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und seiner Eigenart nicht widersprechen. Bei der streitgegenständlichen Mobilfunkantennenanlage handelt es sich nicht um eine Nebenanlage, deren Funktion sich auf das konkrete Baugebiet beschränkt. Vielmehr stellt sie unabhängig vom jeweiligen Nutzungszweck des Baugebiets als Bestandteil eines Kommunikationssystems zum einen die lückenlose Erbringung von Kommunikationsdienstleistungen an diejenigen Personen sicher, die sich in dem Baugebiet ständig oder vorübergehend aufhalten, und dient zum anderen dazu, derartige Dienstleistungen für Personen zu erbringen, die keinerlei Verbindung zu dem Baugebiet haben, aber auf eine Durchleitung von Gesprächen und weiteren Kommunikationsinhalten angewiesen sind. Dem Nutzungszweck „Wohnen“ (§ 3 Abs. 1 BauNVO 1977) zu- und untergeordnet sind Mobilfunksendeanlagen nur, soweit sie es den im Baugebiet Wohnenden ermöglichen, als Ausprägung ihrer Wohnnutzung an der mobilen drahtlosen Kommunikation teilzuhaben; diese Funktion einer Mobilfunkstation tritt jedoch gegenüber den weiteren genannten Funktionen – Versorgung der das Baugebiet durchquerenden Personen mit Kommunikationsdienstleistungen, Weiterleitung von Kommunikationsinhalten ohne jeden Bezug zum Baugebiet – so weit in den Hintergrund, dass sich – bezogen auf ein reines Wohngebiet – eine Einstufung als Nebenanlage im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO 1977 regelmäßig verbietet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.11.1999 – 4 B 3.99 –, BRS 62 Nr. 82 = UPR 2000, 225; OVG NRW, Beschluss vom 6.5.2005 – 10 B 2622/04 –, BRS 69 Nr. 83 = BauR 2005, 1284).

 

 Das Vorhaben der Beigel. ist auch keine Nebenanlage i. S. v. § 14 Abs. 2 BauNVO 1977, da Nebenanlagen für fernmeldetechnische Zwecke in dieser Vorschrift nicht genannt werden. Zudem zeigt die Ergänzung der genannten Vorschrift durch die BauNVO 1990 (§ 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1990), dass eine erweiternde Auslegung auf fernmeldetechnische Nebenanlagen nicht möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.11.1999 – 4 B 3.99 –, BRS 62 Nr. 82 = UPR 2000, 225).

 

3. Die von dem Bekl. der Beigel. für die Mobilfunksendeanlage erteilte Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB von der Festsetzung reines Wohngebiet ist rechtswidrig und verletzt den Kl. in seinen Rechten.

 

 Mit dem Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung stellt der Gesetzgeber sicher, dass die Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht beliebig oder in einem allmählich fortschreitenden Prozess durch Verwaltungsakt außer Kraft gesetzt werden dürfen. Die Regelungen für die Änderung von Bebauungsplänen dürfen nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Denn die Änderung eines Bebauungsplans ist nach § 1 Abs. 8 BauGB nicht Sache der Bauaufsichtsbehörde, sondern der Gemeinde vorbehalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5.3.1999 – 4 B 5.99 –, BRS 62 Nr. 99). Der Gesetzgeber stellt mit § 31 Abs. 2 BauGB ein Instrument zur Verfügung, das trotz der Bindung an die Festsetzungen des Bebauungsplans im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit und der Wahrung der Verhältnismäßigkeit für Vorhaben, die den Festsetzungen zwar widersprechen, sich mit den planerischen Vorstellungen aber gleichwohl in Einklang bringen lassen, ein Mindestmaß an Flexibilität bei gleichzeitiger Wahrung der Grundzüge der Planung schafft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5.3.1999 – 4 B 5.99 –, a. a. O.; OVG NRW, Urteil vom 20.2.2004 – 10 A 4840/01 –, BRS 67 Nr. 84).

 

Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt entscheidend davon ab, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)- Planung möglich ist (vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.2.2004 – 10  A 4840/01 –, a. a. O.). Maßgebend ist die konkrete Planungssituation. Hierzu gehört alles, was das Ergebnis der Abwägung über die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange und den mit den getroffenen Festsetzungen verfolgten Interessenausgleich trägt. Dabei sind die Grundzüge der Planung nicht erst dann berührt, wenn ein festgesetztes reines Wohngebiet bei Erteilung der Befreiung als Wohngebiet nicht mehr erhalten werden könnte (vgl. BayVGH, Urteil vom 9.8.2007 – 25 B 05.1337 –, juris). Vielmehr ist in jedem Befreiungsfall eine Einzelfallentscheidung zu treffen, die die Besonderheiten der konkreten Planungssituation vollständig erfasst und die Auswirkungen des zur Befreiung gestellten Vorhabens umfassend bewertet.

 

 Ob die Voraussetzungen für die Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans vorliegen, ist auf den Rechtsbehelf des Nachbarn hin in vollem Umfang nachzuprüfen; die Prüfung beschränkt sich nicht auf die Frage, ob die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.7.1998 – 4 B 64.98 –, BRS 60 Nr.183 = UPR 1998, 455; OVG NRW, Beschluss vom 23.7.1998 – 10 B 1319/98 –, BRS 60 Nr. 64).

 

Für die im vorliegenden Fall streitgegenständliche Erteilung einer Befreiung für die Errichtung von Mobilfunkanlagen in einem unter der Geltung der BauNVO 1977 festgesetzten reinen Wohngebiet folgt aus den vorgenannten Grundsätzen, dass die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Befreiung wegen der Schwierigkeiten, insbesondere die optischen Auswirkungen von Mobilfunkanlagen in Wohngebieten zutreffend zu bewerten, in jedem Fall eine besonders sorgfältige Einzelfallprüfung voraussetzt; abstrakt-generalisierende Aussagen über die Zulässigkeit derartiger Anlagen verbieten sich.

 

 Im Rahmen der gebotenen Einzelfallprüfung ist zunächst die Frage zu beantworten, ob der Plangeber das festgesetzte reine Wohngebiet „kompromisslos“ von allen gewerblichen und sonstigen Nutzungen freihalten will. Dies liegt nahe, wenn er von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO sämtliche der in § 3 Abs. 3 BauNVO vorgesehenen ausnahmsweise zulässigen Nutzungen auszuschließen. In einem solchen Fall kann schon die Errichtung einer einzelnen Mobilfunkanlage unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die nähere Umgebung, insbesondere die Beeinträchtigung der „optischen Wohnruhe“, die Grundzüge der Planung berühren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.7.2008 – 4 B 11.08 –, ZfBR 2008, 797 = BauR 2009, 78; BayVGH, Urteil vom 9.8.2007 – 25 B 05.3055 –, UPR 2008, 270).

 

 Auch wenn das planerische Grundkonzept nicht von § 3 Abs. 1 bis 4 BauNVO 1977 abweicht und dementsprechend kein „kompromisslos“ reines Wohngebiet festgesetzt ist, kann die Zulassung einer einzelnen Mobilfunksendeanlage mit einem Antennenmast unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Verhältnisse den Gebietscharakter im Einzelfall in einer Weise beeinträchtigen, dass die Grundzüge der Planung durch die Erteilung einer Befreiung berührt werden; hier ist auch in den Blick zu nehmen, ob in anderen Teilen des Wohngebiets und ggf. in welcher Entfernung zu dem Vorhabenstandort weitere gewerbliche Anlagen existieren. Allerdings kann die Zulassung einer Mobilfunksendeanlage mit einem Antennenmast je nach den Umständen des Einzelfalles auch noch als Randkorrektur von minderem Gewicht einzustufen sein (vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 19.12.2006 – 10 A 930/ 05 – zur BauNVO 1962), die die Grundzüge der Planung nicht berührt. Denn gewerbliche Nutzungen müssen mit dem Charakter eines reines Wohngebiets nicht schlechthin unvereinbar sein. Bereits § 3 Abs. 3 BauNVO 1977 lässt bestimmte gewerbliche Nutzungen ausnahmsweise zu. Zudem geht der Verordnungsgeber durch die ausnahmsweise Zulassung von fernmeldetechnischen Nebenanlagen in einem reinen Wohngebiet (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1990) inzwischen selbst von der Möglichkeit einer Gebietsverträglichkeit derartiger Anlagen aus, auch wenn die Vorschrift nichts daran ändert, dass der Gebietscharakter des reinen Wohngebiets auch bei Anwendung dieser Vorschrift selbstverständlich gewahrt bleiben muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.7.2008 – 4 B 11.08 –, a.a.O.). In die Bewertung kann auch einbezogen werden, dass die Mehrzahl der Bevölkerung diese technischen Infrastruktureinrichtungen nutzt und daher ihr Vorhandensein auch in Wohngebieten erwarten muss. Sie können deshalb von einem aufgeschlossenen Betrachter nicht zwangsläufig als abträglich für das Ortsbild und den Wohngebietscharakter bewertet werden.

 

Auf der anderen Seite folgt aus der Festsetzung eines reines Wohngebiets ein gegenüber allgemeinen Wohngebieten typischerweise höherer Schutzanspruch, der das planerische Grundkonzept prägt. Die Wohnbedürfnisse sollen hier in besonderer Weise durch ein ruhiges Wohnumfeld gewährleistet werden. Der Anspruch auf Wohnruhe kann dabei nicht nur durch Immissionen im Sinne des BImSchG, wie z. B. durch die Anziehung von erheblichem Verkehr, sondern auch durch eine optisch gebietswidrig „laut“ in Erscheinung tretende Anlage beeinträchtigt sein (vgl. OVG NRW, Urteil vom 19.12.2006 – 10 A 930/05 –, und Beschluss vom 25.2.2003 – 10 B 2417/02 –, BRS 66 Nr. 89; Nds. OVG, Beschluss vom 6.12.2004 – 1 ME 256/04 –, BauR 2005, 975). Entscheidend sind mithin die konkreten Auswirkungen der Anlage im jeweiligen Einzelfall. Wo etwa eine geplante Anlage für sich genommen oder zusammen mit vorhandenen weiteren gleichartigen Anlagen im Verhältnis zur Bausubstanz, Bauhöhe und Baugestaltung in der näheren Umgebung eine prägende Wirkung entfaltet, die den Regelfall der Wohnnutzung hin zu einer gemischten Wohn- und Gewerbenutzung verschiebt, ist die planerische Grundentscheidung des Bebauungsplans berührt (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6.5.2005 – 10 B 2622/04 –, BRS 69 Nr. 83, zu den Anforderungen an die Erteilung einer Ausnahme gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1990).

 

 Geht es schließlich um die Befreiung für eine Mobilfunksendestation mit mehr als einem Antennenmast, spricht im Regelfall – vorbehaltlich einer Überprüfung der jeweiligen konkreten örtlichen Verhältnisse – Überwiegendes dafür, dass eine solche Anlage der planerischen Grundkonzeption eines reinen Wohngebiets (BauNVO 1977) zuwiderläuft und den Gebietscharakter verfremdet. Zwei Mobilfunkmasten mit den zugehörigen Funkanlagen auf dem Dach eines Gebäudes haben in einem reinen Wohngebiet regelmäßig in Relation zu ihrer Umgebung ein beachtliches Gewicht und entfalten eine „Signalwirkung“ im Hinblick auf den Gebietscharakter. Sie sind aufgrund ihrer Abmessungen und des gewählten Standorts typischerweise deutlich wahrnehmbar und führen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung regelmäßig dazu, dass sie das Gebäude und die umliegenden Grundstücke im Sinne einer gewerblichen Überformung der umliegenden Wohnbebauung dominieren können. Eine solche städtebauliche Situation mit einer Mischnutzung von Wohnen und Gewerbe ist jedoch mit der planerischen Konzeption eines reinen Wohngebietes nicht zu vereinbaren.

 

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die der Beigel. erteilte Befreiung von der Festsetzung des Bebauungsplans hinsichtlich der Art der Nutzung – WR – für die Errichtung der in Rede stehenden Mobilfunksendestation schon deshalb rechtswidrig, weil durch sie die Grundzüge der Planung berührt werden (wird ausgeführt).

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