Gewichtung des Architektenhonorars bei VOF-Vergabeverfahren
Im Rahmen eines VOF-Verfahrens werden den verschiedenen Wertungskriterien Gewichtungen beigemessen. Die Höhe des Honoraranspruchs des Planers ist ein solches Wertungskriterium. Da allerdings die HOAI Mindestsätze vorsieht, stellt sich die Frage, welches Gewicht dem Preis im Zusammenhang mit Planungsleistungen zukommt.
Grundsätzlich muss bei der Bewertung eines Angebotes sichergestellt sein, dass der Preis ein wichtiges, die Vergabeentscheidung substanziell beeinflusstes Kriterium ist (OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.11.2002 – 2 Verg 14/02 -). Allerdings wird in der Rechtsprechung vertreten, dass im Bereich der VOF dem Angebotspreis im Allgemeinen nicht die gleiche hohe Bedeutung zukommt, wie in anderen Vergabeordnungen. So vertritt etwa das Bayerische Oberste Landesgericht die Auffassung, eine Gewichtung des Planer-Honorars mit lediglich 10 % sei akzeptabel. Denn im konkreten Fall war der Preis nur für Besondere Leistungen und Nebenkosten, nicht jedoch für die Grundleistungen (alte HOAI) von Bedeutung (BayObLG, Beschluss vom 28.08.2001 – Verg 9/01). Die Vergabekammer des Landes Brandenburg sah dies ähnlich bei einer Gewichtung des Architektenhonorars von 15 % (VK Brandenburg, Beschluss vom 12.11.2008 – VK 35/08).
Allerdings ist zu beachten, dass nach neuer HOAI der Anteil derjenigen Planungsleistungen, die außerhalb des zwingenden Preisrechts liegen, größer geworden ist – zu denken ist insbesondere an die Beratungsleistungen. Dies spricht dafür, dem Auftragskriterium „Preis“ zumindest eine mitentscheidende Bedeutung zu geben.
Richtig ist jedoch auch, dass das Ziel des Vergabeverfahrens nach der VOF regelmäßig nicht ist, den preiswertesten Architekten zu finden. Vielmehr hat der Auftraggeber denjenigen Bewerber auszuwählen, der am ehesten die Gewähr für eine sachgerechte und qualitätsvolle Leistungserfüllung bietet. Insoweit kann der Preis nur ausnahmsweise ausschließliche Berücksichtigung finden, nämlich dann, wenn es sich um standardisierte Produkte handelt, zu denen allerdings freiberufliche Leistungen regelmäßig nicht gehören (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.10.2003 – Verg 48/03).
Zusammenfassend ist somit festzuhalten: Es ist durchaus gerechtfertigt, dem Angebotspreis im Rahmen der Ausschreibung von Planungsleistungen nach der VOF ein geringeres Gewicht beizumessen, als in anderen Vergabeverordnungen (VOB/A, VOL/A). So kann im Einzelfall auch eine Gewichtung von lediglich 15 % angemessen sein. Eine höhere Gewichtung wird man allerdings dann vornehmen müssen, wenn Planerleistungen beauftragt werden, deren Honorierung nicht unter das zwingende Preisrecht der HOAI fällt (wie etwa Beraterleistungen).
Dr. Rolf Theißen
Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Lehrbeauftragter für Bau- und Vergaberecht
(D6/D2110)