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Schadensersatz bei fehlerhafter Baukostenermittlung

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Die vorliegende Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm befasst sich mit der Frage der Haftung des Planers für Baukostenüberschreitungen. Die Berücksichti-gung wirtschaftlicher Belange des Bauherrn durch den Architekten war bereits Ge-genstand zahlreicher Entscheidungen.

Die vorliegende Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm befasst sich mit der Frage der Haftung des Planers für Baukostenüberschreitungen. Die Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange des Bauherrn durch den Architekten war bereits Ge-genstand zahlreicher Entscheidungen.

 

Der Entscheidungstenor des Urteils lautet:

„1. Schon im Rahmen der Grundlagenermittlung trifft den Architekten die Pflicht, den wirtschaftlichen Rahmen des Bauherrn abzustecken. Auch im Rahmen der Vorplanung hat der Architekt den wirtschaftlichen Rahmen abzu-stecken und ihm bekannte Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen.

2. Durch eine zutreffende Beratung bei der Kostenermittlung soll der Bauherr in die Lage versetzt werden, ggf. eine einfachere Ausführung zu wählen oder das Bauvorhaben auch ganz fallen zu lassen.

3. Eine Nachbesserungsfähigkeit im Hinblick auf eine fehlerhafte Kostenermitt-lung besteht nur dann, wenn Modifizierungen in der Planung zu einer dem Bauherren noch zumutbaren und vom Vertragsgegenstand noch gedeckten Planungsabweichung führen.

4. Ohne für ihn erkennbare besondere Umstände, die auf eine Unrichtigkeit der ihm vom Architekten erteilten Auskünfte bzgl. des Baukostenlimits hindeuten, darf der Auftraggeber sich grundsätzlich auf die Richtigkeit der Angaben des Architekten verlassen, zumal wenn er dem Architekten die Wichtigkeit des Baukostenlimits mitgeteilt hat.“

OLG Hamm, Urteil vom 21.07.2011 – 24 U 151/04 -



Die Entscheidung im Einzelnen:

Der Bauherr hat den Architekten wegen fehlerhaft zu niedriger Baukostenermittlung auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Der Architekt hatte die Sanierung eines Altbaus anstelle eines Neubaus empfohlen. Hierfür wurde eine Kostenobergrenze von 600.000,00 DM brutto festgelegt. Die erste Kostenschätzung belief sich dann auf 843.755,000 DM für die Umbaumaßnahme. Auf die fehlende Einhaltung der Kostenobergrenze angesprochen erklärte der Architekt, diese könne gleichwohl ohne größere Abstriche und ohne außergewöhnliche Maßnahmen eingehalten werden. Eine weitere Kostenschätzung des Architekten ergab dann einen Betrag in Höhe von 583.700,00 DM zzgl. Mehrwertsteuer. Die tatsächlichen Kosten für den Umbau lagen dann bei ca. 800.000,00 DM, wobei auch nur ein teilweiser Sanierungsstand erreicht werden konnte. Der Bauherr erklärte nun vor Gericht, dass ihm aufgrund der fehlerhaften Kostenermittlung des Beklagten ein Schaden entstanden sei, weil er sich andernfalls nicht für die Durchführung eines Umbaus entschieden hätte. Vielmehr hätte er entweder gänzlich von dem Bauvorhaben Abstand genommen oder er hätte sich für eine von ihm finanzierbare Neubauvariante entschieden.

Das Oberlandesgericht gab dem Schadensersatzanspruch dem Grunde nach statt. Es weist darauf hin, dass der Architekt gegenüber seinem Auftraggeber gehalten ist, stets dessen wirtschaftliche Belange zu beachten. Hierzu gehört insbesondere auch eine zutreffende Beratung über die voraussichtlich entstehenden Baukosten. Bereits im Rahmen der Vorplanung hat der Architekt den wirtschaftlichen Rahmen abzustecken und ihm bekannte Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen. Bestehen bei den Planungsvorgaben des Auftraggebers Unklarheiten, muss der Architekt die Grundlagen ermitteln, den Leistungsbedarf klären und die Zielvorstellungen abstimmen. Durch eine zutreffende Baukostenermittlung soll der Bauherr in die Lage versetzt werden ggf. eine einfachere Ausführung zu wählen oder das Bauvorhaben auch ganz fallen zu lassen. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Architekt dem Bauherren den falschen Eindruck vermittelt hat, das Bauvorhaben sei mit geringen Veränderungen und ohne größere Abstriche zu den Bedingungen der Baukostenobergrenze zu errichten. Der Bauherr hatte zwar im vorliegenden Fall keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt. Das Oberlandesgericht ist jedoch der Auffassung, dass eine solche entbehrlich war. Es fehle an einer Nachbesserungsfähigkeit im Hinblick auf die fehlerhafte Kostenermittlung. Diese wäre nur dann gegeben, wenn durch eine Modifizierung der Planung der Werkerfolg hätte noch erreicht werden können.

 

Praxishinweis:

Architekten müssen realistische Kostenermittlungen vornehmen. Dies gilt insbesondere auch für den Fall des Bestehens einer Kostenobergrenze. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die angegebene Kostenobergrenze nicht eingehalten werden kann, so muss der Bauherr entsprechend beraten werden, damit er möglicherweise sogar von seinem Bauvorhaben Abstand nehmen kann. Dem Architekten ist anzuraten, derartige Beratungsgespräche zu dokumentieren.


Dr. Rolf Theißen

Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Lehrbeauftragter für Bau- und Vergaberecht

 

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