Drittschutz aus Verfahrensrecht?
BImSchG §§ 5 Abs. 1 S. 1, 10, 19 Abs. 1 S. 1; 4. BImSchV § 2 Abs. 1; UVPG §§ 3 Abs. 1, 3c; Richtlinie 85/337/EG Art. 10a; Aarhus-Übereinkommen Art. 9
1. Durch die Erteilung einer immissionsrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG statt in einem Verfahren nach § 10 BImSchG mit Öffentlichkeitsbeteiligung werden Dritte nicht in eigenen Rechten verletzt.
2. Gegenteiliges folgt nicht aus europarechtlichen Vorgaben, insbesondere nicht aus Art. 10a der Richtlinie 85/337/ EWG (UVP-Richtlinie). Deren Klage führt deshalb nur dann zur Aufhebung der angefochtenen Genehmigung, wenn das fehlerhafte Verfahren zu einer Verletzung deren eigener materieller Rechte geführt hat.
3. Zur Berechnung des Sicherheitsabstandes zwischen Windkraftanlagen und Grundstücken, die von Eisstücken getroffen werden könnten, die von den Rotoren der Windkraftanlagen weggeschleudert werden können, ist es sachgerecht, sich an der im Rahmen des WECO-Projektes ermittelten Formel (1,5 x [Nabenhöhe + Rotordurchmesser] zu orientieren (nur Leitsatz).
OVG Rh.-Pf., Urteil vom 29.10.2008 – 1 K 1792/06.KO –
Aus den Gründen:
Im vorliegenden Fall ist der Bekl. zu dem Ergebnis gelangt, dass nach dem Ergebnis der Vorprüfung keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten seien, und hat dies gemäß § 3a UVPG am 1.10.2005 ortsüblich bekannt gemacht . . .
Ob dies als plausibles Ergebnis einer sachgerecht durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3c UVPG eingestuft werden kann, kann durchaus fraglich erscheinen angesichts des Umstandes, dass sich die untere Immissionsschutzbehörde letztlich ausschließlich auf vom ASt. vorgelegte Unterlagen gestützt und sich über die in mehrfachen fachlichen Stellungnahmen vorgetragenen Bedenken der zuständigen Fachbehörde – der unteren Landespflegebehörde – hinweggesetzt hat, ohne die von der – ebenfalls eingeschalteten – Staatlichen Vogelschutzwarte geforderte eingehende Untersuchung durchführen zu lassen.
Gleichwohl kann der Kl., sollte sich seine Einschätzung als richtig erweisen, dass wegen zu erwartender erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen eine UVP erforderlich gewesen sei, hieraus auch dann keine Verletzung eigener Rechte ableiten, wenn ihm durch ein derart fehlerhaftes Vorgehen des Bekl. tatsächlich die Mitwirkungsrechte in einem Verfahren nach § 10 BImSchG genommen worden sein sollten. Die Verfahrensvorschrift des § 10 BImSchG ist nämlich nicht drittschützend, wie das VG zutreffend ausgeführt hat.
Zwar ist dem Kl. zuzugestehen, dass die Frage, ob Verfahrensvorschriften, wie hier die des § 10 BImSchG, eigene wehrfähige Rechte Dritter begründen können, im Schrifttum mit Blick auf europarechtliche Vorgaben diskutiert und auch in der Kommentarliteratur zum BImSchG unterschiedlich beantwortet wird. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist diese Frage – mit Ausnahme des Eilbeschlusses des 7. Senats des Gerichts vom 25.1.2005 (7 B 12114/04.OVG, NVwZ 2005, 1208), auf den sich der Kl. ausdrücklich stützt – durchweg verneint worden. Dies gilt auch für die dem Beschluss des 7. Senats des erkennenden Gerichts zeitlich nachfolgende obergerichtliche Rechtsprechung. Auch das BVerwG hat seine bisherige gefestigte Rechtsprechung ersichtlich nicht aufgegeben, wonach die Geltendmachung einer Verletzung von Verfahrensvorschriften der Klage eines durch ein verfahrensfehlerhaft gestattetes Projekt Betroffenen nicht zum Erfolg verhelfen kann, sondern dass vielmehr die Verletzung eigener materieller Recht durch die angegriffene Zulassung eines Vorhabens festgestellt werden muss. Hieran hält das BVerwG, wie in seinem Beschluss vom 21.1.2008 (ZfBR 2008, 278 ff.) zum Ausdruck kommt, auch mit Blick auf die von dem Kl. angesprochenen europarechtlichen Vorgaben, jedenfalls bezüglich solcher Projekte fest, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2003/ 35/EG genehmigt worden sind, wozu die streitgegenständlichen Windkraftanlagen zählen. Angesichts dessen hält der Senat weiterhin an seiner bereits in dem Beschluss vom 23.6.2006 (1 B 10591/06.OVG) zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung fest, wonach Verfahrensvorschriften, von wenigen Ausnahmen – wie z. B. im Atomrecht – abgesehen, grundsätzlich keine drittschützende Wirkung entfalten. Die Ausführungen des Kl. geben keinen Anlass, diese Rechtsauffassung zu ändern.
Der Senat hat bereits in dem Beschluss vom 23.6.2006 in diesem Zusammenhang auf seine eigene ständige Rechtsprechung zum Wasserrecht (vgl. Urteil vom 5.11.1998 – 1 A 10007/96.OVG – und Beschluss vom 6.10.2004 – 1 A 11478/04.OVG –) sowie auf die ständige Rechtsprechung des BVerwG zum Immissionsschutzund Fachplanungsrecht (vgl. Urteil vom 29.5.1981, NJW 1981, 2769; Beschluss vom 16.11.1998, NVwZ-RR 1999, 429; Urteil vom 5.10.1990, NVwZ 1991, 369; Urteil vom 25.1.1996, BVerwGE 100, 238) und auch auf die Rechtsprechung anderer Obergerichte (vgl. OVG Münster, Beschlüsse vom 7.1.2004, NVwZ-RR 2004, 408 und vom 15.9.2005, NuR 2006, 251; OVG Lüneburg, Beschluss vom 20.9.2004 in juris) verwiesen. Das VG hat diese Ausführungen in seinem Urteil durch weitere Hinweise auf die ständige Rechtsprechung des BVerwG zu der hier streitigen Frage (vgl. Urteil vom 21.3.1996, NVwZ 1996, 1016; vom 19.3.2003, NVwZ 2003, 1120; und vom 18.11.2004, NVwZ 2005, 442) und durch Hinweise auf weitere Rechtsprechung (vgl. OVG Münster, Urteile vom 27.10., NuR 2006, 320, und vom 2.3.2006, NuR 2006, 801; VG Karlsruhe, Beschluss vom 15.1.2007 in juris) ergänzt, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. An dieser gefestigten Rechtsprechung, wonach grundsätzlich nur die Verletzung eigener materieller Rechte, nicht aber die Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Anfechtungsklage geltend gemacht werden kann, ist auch unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben, auf die sich der Kl. ausdrücklich bezieht, weiterhin festzuhalten. Gegen diese Rechtsprechung wendet sich der Kl. unter Hinweis auf Teile der Kommentarliteratur zum BImSchG und den Eilbeschluss des 7. Senats des Gerichts vom 25.1.2005 (a.a.O.) sowie die hierin zitierten EU-Richtlinien und die dort ebenfalls zitierte sog. Wells- Entscheidung des EuGH vom 7.1.2004 NVwZ 2004, 593 ff.). Diese Ausführungen überzeugen indessen nicht.
Die Kommentarliteratur zum BImSchG, auf die sich der Kl. insbesondere stützt (so bereits in der Widerspruchsbegründung unter Hinweis auf Jarass, BImSchG, 7. Aufl., § 10 BImSchG, Rn. 132) vermittelt ein eher uneinheitliches Bild (Drittschutz bejahend: Jarass, a.a.O. und Kortulla, BImSchG, § 19 Rn. 49; Drittschutz verneinend: Storost in Ule/Laubinger, BImSchG, § 19 BImSchG, Rn. F1 f.). Allerdings erweisen sich die Kommentierungen bei näherer Betrachtung als durchaus ambivalent, weil die Annahme einer drittschützenden Wirkung von Verfahrensvorschriften keineswegs konsequent ihn der jeweiligen Kommentierung durchgehalten wird (s. Jarass, a.a.O. Rn. 134, wonach ein Verstoß gegen eine drittschützende Verfahrensnorm zur Aufhebung führt, wenn er sich auf die Einhaltung materieller Normen (mit drittschützendem Charakter) ausgewirkt haben könnte und lediglich eine zu restriktive Handhabung der Kausalitätsanforderung für bedenklich gehalten wird; Kortulla, § 10 BImSchG, Rn. 192 ff., wonach Verfahrensvorschriften einem potentiell Betroffenen Drittschutz daher „nur im Hinblick auf die bestmögliche Verwirklichung seiner materiellen Rechtsposition“ gewähren, und auf die unlösbare Verbindung des Verfahrensrechts zum materiellen Recht verwiesen wird).
Soweit in der Kommentarliteratur zur Begründung der drittschützenden Wirkung des § 10 BImSchG auf die Rechtsprechung zum Atomrecht (so Jarass, a.a.O., Rn. 132) verwiesen wird, ist anzumerken, worauf der Senat bereits in dem Beschluss vom 23.6.2006 hingewiesen hat, dass die Rechtsprechung insoweit zwar eine drittschützende Wirkung von Verfahrensvorschriften annimmt. Diese Besonderheit ist aber nicht ohne Weiteres auf das Immissionsschutzrecht und die hier in Rede stehenden Genehmigung von Windkraftanlagen übertragbar. Insoweit folgt der Senat auch nicht dem Ansatz des 7. Senats des erkennenden Gerichts in dem Beschluss vom 25.1.2005 (a.a.O.), auf das sich der Kl. zur Begründung seiner Rechtsauffassung stützt. Darin ist Parallelität zur Situation im Atomrecht bezüglich immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen mit der Überlegung begründet worden, dass nach europäischem Recht bei komplexen Umweltentscheidungen dem Verfahren eine eigenständige Bedeutung zukomme, wobei sich diese Überlegung auf die bereits genannte „Wells-Entscheidung“ des EuGH und europäische Richtlinien, insbesondere die Änderungsrichtlinie 2203/35/EG vom 26.5.2003 stützt. Diesen Überlegungen folgt der erkennende Senat jedoch nicht.
Das VG hat in seinem Urteil bereits eingehend dargelegt, dass die Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 7.1.2004 (a.a.O.), der sog. Wells-Entscheidung, die Auffassung nicht zu stützen vermögen, hieraus könne die drittschützende Wirkung von Verfahrensvorschriften abgeleitet werden. Das sieht der Senat ebenso. Diese Entscheidung des EuGH, die sich mit der Frage beschäftigte, inwieweit die zuständigen Behörden verpflichtet sind, Maßnahmen zu ergreifen, um dem Unterlassen der UVP eines Projektes i. S. von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 85/337/EWG vom 27.6.1985 (UVP-Richtlinie) abzuhelfen, und ob und inwieweit der einzelne (Betroffene) dies durchsetzen kann, betont ausdrücklich und mehrfach (s. Rn. 67 und Rn. 70), dass nach dem Gesetz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaates ist, die Einzelheiten des Verfahrens zu regeln. Demnach geht auch der EuGH nicht davon aus, dass es ein unmittelbares, europarechtlich begründetes Individualrecht des Einzelnen gibt, die Verletzung von Verfahrensvorschriften als die Verletzung eigener Rechte im Rahmen seiner nationalen Rechtsordnung geltend zu machen. Nach der Rechtsprechung des EuGH ergeben sich demnach lediglich Schranken für die jeweilige innerstaatliche Rechtsordnung, die darin bestehen, dass die Einzelheiten des Verfahrens bezüglich einer fehlerhaft unterbliebenen UVP nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzprinzip) und dass sie die Ausübung der von der Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsprinzip). Anhaltspunkte dafür, dass die Regelung des § 42 Abs. 2 VwGO und deren grundsätzliche Klärung durch die Rechtsprechung des BVerwG diesen Anforderungen nicht genügen würde, sind nicht ersichtlich. Insbesondere lässt sich aus den von dem Kl. in Bezug genommenen europarechtlichen Richtlinien nicht ableiten, dass die Gemeinschaftsrechtsordnung dem Einzelnen über das Recht, der Verletzung eigener materieller Rechte geltend zu machen, hinaus das Recht verleihen würde, als eigenes Recht auch die Verletzung von Verfahrensvorschriften gelten machen zu können.
Die Richtlinie 85/373/EWG vom 27.6.1986 (UVP-Richtlinie) regelt zwar in Art. 6 die Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Genehmigung von Projekten, die möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können, in Art. 8 die Berücksichtigung der Öffentlichkeitsbeteiligung im Genehmigungsverfahren und in Art. 9 die Benachrichtigung der betroffenen Öffentlichkeit über die getroffene Entscheidung. Anhaltspunkte dafür, dass diese Richtlinie dem einzelnen Betroffenen aber auch das Recht verleihen sollte, die Verletzung von Verfahrensvorschriften als eigene Rechte geltend zu machen, lassen sich ihr indessen nicht entnehmen. Solches trägt der Kl. auch nicht vor. Derartige Anhaltspunkte können auch der vorgenannten „Wells-Entscheidung“ des EuGH nicht entnommen werden. Stattdessen stützt sich der Kl. auf das „Aarhus-Übereinkommen“ vom 25.6.1998 (ABl. der EU, L 124 vom 17.5.2005 S. 0004 bis 0020) und die Richtlinie 2003/ 35/EG vom 26.5.2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. der EU, 2003 L 156/17).
Das Aarhus-Übereinkommen selbst enthält in seinem Art. 9 zwar Ausführungen über den Zugang zu Gerichten und verweist in seinem Eingangserwägungen auch auf die Bedeutung der Öffentlichkeitsbeteiligung, fordert in dem genannten Art. 9 in Abs. 3 indessen lediglich „dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmung ihres innerstaatlichen Rechtes verstoßen“ und in Abs. 4 des Art. 9 die Gewährleistung eines „angemessenen und effektiven Rechtsschutzes“. Hieraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch europarechtlich gezwungen wäre, von den geltenden prozessrechtlichen Vorschriften – dem Individualrechtsschutzmodell und seiner Anwendung durch das BVerwG – abzugehen. Auch dieses Modell gewährleistet bei der bestehenden hohen Kontrolldichte zweifellos einen angemessenen und effektiven Rechtsschutz.
Auch der durch Art. 7 der Richtlinie 2003/35/EG vom 26.5.2003 neu in die Richtlinie 85/337/EWG (UVP-Richtlinie) eingefügte Art. 10a regelt, wie das VG bereits im Einzelnen dargelegt hat, keinen umfassenden Rechtsschutz gegen eine Nichteinhaltung von Verfahrensvorschriften. Der genannte Art. 10a der UVPRichtlinie räumt den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Sicherstellung des Zugangs der betroffenen Öffentlichkeit zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht nämlich zwei unterschiedliche Alternativen ein, wobei in der Formulierung dieses Artikels ausdrücklich hervorgehoben wird, dass es sich um Alternativen handelt. Danach ist Zugangsvoraussetzung entweder ein „ausreichendes Interesse“ oder alternativ die Geltendmachung einer Rechtsverletzung, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaates dies als Voraussetzung erfordert. Weiterhin legt Art. 10a der genannten Richtlinie fest, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, bestimmen, was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt. Diese Formulierung des Art. 10a der UVP-Richtlinie ist, worauf das VG schon hingewiesen hat, nahezu wortgleich mit Art. 9 Abs. 2 des durch Beschluss des Rates vom 17.2.2005 (Abl. EU 2005 L 124/1) ratifizierten Aarhus-Übereinkommens. Daher kann entgegen der Auffassung des Kl. auch unter Hinweis auf die Erwägungsgründe 5, 7 und 9 der Richtlinie 2003/35/EG vom 26.5.2003, die auf Ziele und insbesondere auf Art. 9 des AarhusÜbereinkommens Bezug nehmen, aus dem neu eingefügten Artikel 10a der UVP-Richtlinie kein weiterer Regelungsgehalt herausgelesen werden, als er in seinem Wortlaut zum Ausdruck kommt. Demnach haben die Mitgliedstaaten zwei Möglichkeiten bei der Umsetzung dieser Richtlinie. Sie können den Individualrechtsschutz davon abhängig machen, dass ein ausreichendes Interesse des Rechtsschutzsuchenden besteht, also das französische Modell der Interessentenklage wählen. Sie könnten aber auch dem in Deutschland herkömmlichen Modell des Individualrechtsschutzes folgen. Für die Bundesrepublik Deutschland folgt daher aus Art. 10a der UVP-Richtlinie nicht die Notwendigkeit, ihr herkömmliches Rechtsschutzsystem zu ändern, das den Zugang zum Gericht von der Geltendmachung der Verletzung eigener materieller Rechte abhängig macht.
Soweit sich der Kl. demgegenüber zur Untermauerung seiner Rechtsauffassung auf das Schrifttum stützt, tragen die dortigen Ausführungen seine Auffassung indes – deutlich überwiegend – nicht. Hierin wird vielmehr ausdrücklich hervorgehoben, dass weder das Aarhus-Übereinkommen noch die Richtlinie 2003/35/ EG vom 26.5.2003 ein einheitliches Rechtsschutzkonzept vorgeben, sondern vielmehr die unterschiedlichen Konzepte der Vertragsparteien über Rechtsschutzmöglichkeiten der Öffentlichkeit alternativ nebeneinanderstellen, aus denen die Mitgliedstaaten bzw. die Vertragsparteien des Aarhus-Übereinkommens wählen können, wozu das deutsche Modell des Individualrechtschutzes gehört (vgl. von Dannwitz, NVwZ 2004, 272 ff.; Lechler, NVwZ 2005, 1156 ff.; Schmidt-Preuß, NVwZ 2005, 489 ff.; Schröder, NVwZ 2006, 389 ff.; Ziekow, NVwZ 2007, 259 ff.). Dementsprechend wird auch im Schrifttum speziell zum Immissionsschutzrecht (Sellner/Reith/Ohms, Immissionsschutzrecht, 3.Aufl., NJW Praxis, s. 227 f., Rn. 79 ff.) der Rechtsauffassung, die Verletzung von Verfahrensvorschriften könne als Verletzung eigener Rechte geltend gemacht werden, ausdrücklich mit dem Hinweis entgegengetreten, dass weder die verfassungsrechtlichen noch die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen dazu zwingen, bei Verfahrensfehlern im Anlagenzulassungsverfahren gänzlich auf Kausalitätserwägungen, so wie sie auch in anderen Bereichen anzutreffen seien, zu verzichten . . .
Das sieht die obergerichtliche Rechtsprechung ersichtlich ebenso (vgl. Urteile des 8. Senats des erkennenden Gerichts vom 21.1.2005, DVBl. 2005, 720; und vom 21.5.2008 – 8 A 10911/ 07.OVG –; OVG NRW, Beschluss vom 5.10.2007 in juris). Selbst der Kl. räumt ein, dass bislang kein anderes Obergericht der von dem 7. Senat des erkennenden Gerichts in dem Beschluss vom 25.1.2005 (a.a.O.) vertretenen Rechtsauffassung gefolgt ist, auf die er sich stützt. Auch der Senat sieht keinen Anlass, seine bisherige, im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung stehende diesbezügliche Rechtsauffassung zu ändern und der in dem genannten Beschluss geäußerten Rechtsmeinung zu folgen.
Soweit in dem von dem Kl. zur Stützung seiner Rechtsauffassung zitierten Schrifttum eine gegenteilige Auffassung vertreten wird (Kment, NVwZ 2007, 274 ff ), behandelt dieses Schrifttum die Rechtslage nach Inkrafttreten des Umweltrechtsbehelfsgesetzes – URG –. Allerdings wird auch darin hervorgehoben, dass es Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO erst seit Erlass dieses Gesetzes möglich sei, die Verletzung von Verfahrensfehlern nach § 4 Abs. 1 URG gerichtlich gelten zu machen (so Kment, a.a.O. S. 279). Indessen kann der Kl. aus dem URG im vorliegenden Verfahren Rechte nicht ableiten, weil gemäß § 5 URG dieses Gesetz für Verfahren, wie das vorliegende Genehmigungsverfahren, nur dann gilt, wenn diese nach dem 25.6.2005 eingeleitet worden sind. Im vorliegenden Fall ist das Genehmigungsverfahren jedoch mit Eingang des Antrags der Beigel. vom 22.10.2004 bei dem Bekl. am 17.11.2004 eingeleitet worden. Damit findet das URG für das vorliegende Verfahren keine Anwendung. Hieran ändert auch der Abänderungsantrag der Beigel. vom 2.12.2005 nichts, mit dem – bei gleichbleibenden Standorten und gleichbleibender Nabenhöhe der streitigen Windkraftanlagen – eine Änderungsgenehmigung bezüglich des Rotordurchmessers begehrt wurde, der entsprechend dem ursprünglichen Antrag reduziert werden sollte. Hierdurch stellte sich die Genehmigungsfrage nicht erneut. Durch die Änderung werden die Auswirkungen der Windkraftanlagen nämlich allenfalls reduziert. Vor diesem Hintergrund bedarf es im vorliegenden Verfahren keiner Klärung, ob, wie die Beigel. meint, das URG lediglich den in § 2 URG genannten Vereinigungen das Recht gibt, Verfahrensverletzungen gerichtlich anzugreifen oder ob auch einzelne Betroffene aufgrund der Formulierung in § 4 Abs. 3 URG hierzu befugt sind (so Kment, a.a.O.).
Auch das BVerwG weist in seinem Beschluss vom 21.1.2008 (ZfBR 2008, 289 ff.) darauf hin, dass das URG nur für Verfahren gilt, die nach dem 25.6.2005, also nach Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2003/35/EG eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden müssen. Aus dieser Entscheidung wird aber zugleich deutlich, dass das BVerwG der Auffassung ist, dass auch das Gemeinschaftsrecht nicht gebietet, die Genehmigung von Projekten, für die das Genehmigungsverfahren vor Ablauf der Frist vor Umsetzung der genannten Richtlinie eingeleitet wurde, wegen des Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften aufzuheben (Rn. 12 des Beschlusses). In diesem Zusammenhang weist das BVerwG ausdrücklich auf den von dem EuGH in seinem Urteil vom 7.1.2004 (a.a.O.) ausdrücklich hervorgehobenen Grundsatz der Verfahrensautonomie (Rnrn. 13 ff.), deren Grenzen nicht überschritten seien, wenn das deutsche Recht es nicht ermöglicht, dass bloße Verfahrensfehler, die nicht zu einer Verletzung materieller Rechte des Betroffenen führen, zur Aufhebung der angefochtenen Genehmigung führen. Aufgrund der vorstehend dargelegten Überlegungen ist es also nicht zu beanstanden, sondern steht vielmehr in Einklang mit der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung, wenn das VG in seinem Urteil ausgeführt hat, dass die Geltendmachung eines Verfahrensverstoßes allein die Aufhebung der angefochtenen Genehmigung nicht rechtfertigen kann, sondern dass die Anfechtungsklage nur dann Erfolg haben kann, wenn der geltend gemachte Verfahrensfehler auch zu einer Verletzung der eigenen materiellen Rechte des Kl. geführt hat, was hier jedoch nicht der Fall ist.
Das VG hat zutreffend dargelegt, dass die Windkraftanlagen nicht gegen drittschützende Vorschriften, die den Kl. begünstigen, verstoßen. Sie verstoßen namentlich nicht gegen die Vorschrift des § 5 Abs. 1 BImSchG, die nachbarschützend ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.1.2008, a.a.O.; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 21). Im vorliegenden Fall stehen nicht schädliche Umwelteinwirkungen, sondern sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft i. S. von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 BImSchG in Rede, zu denen die von dem Kl. geltend gemachte Gefährdung durch Eiswurf zu zählen ist. Eine derartige Gefährdung ist zur Überzeugung des Senats im vorliegenden Fall allerdings nicht zu erwarten. Die streitigen Windkraftanlagen liegen nämlich so weit von den Grundstücken des Kl. entfernt, dass nach menschlichem Ermessen auszuschließen ist, dass seine Grundstücke von Eisstücken getroffen werden können, die von den streitigen Windkraftanlagen abgeworfen werden könnten (wird ausgeführt).