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Probleme und Perspektiven im Energieumweltrecht

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Tagungsbericht von Jacopo Rossi, Institut für Bergund Energierecht der Ruhr-Universität Bochum

I. Einleitung: Zur diesjährigen Fachtagung des Instituts für Bergund Energierecht kamen auf Einladung der Direktoren Prof. Dr. Wolfram Cremer und Prof. Dr. Christian Pielow rund 100 Teilnehmer aus Wissenschaft und Praxis zusammen. Zur Diskussion stand eine Vielzahl von Themenbereichen aus dem dynamischen Feld des „Energieumweltrechts“. Die Schwerpunkte lagen hierbei auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien auf europäischer und nationaler Ebene, sowie auf dem Emissionshandel und auf der Steigerung der Energieeffizienz. In den letzten Monaten wurde das rasche Fortschreiten in diesen Bereichen durch neue raumeinnehmende Themen wie die globale Finanzkrise sowie dem Beginn des Superwahljahres 2009 überschattet und aus der medialen Diskussion teilweise verdrängt. Die veränderte Schwerpunktsetzung in der öffentlichen Wahrnehmung ermöglicht es jedoch gleichsam, aus einer rechtlichen Perspektive über die bisherigen Entwicklungen auf dem Gebiet des „Umweltrechts“ zu reflektieren und den Blick in die Zukunft zu richten. Dafür konnte das Institut für Berg- und Energierecht erneut Referenten aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Verbänden im neuen Veranstaltungszentrum der Ruhr-Universität Bochum begrüßen, um den Teilnehmern in den Vorträgen und den Diskussionen einen vielschichtigen Einblick in die Themenbereiche zu gewähren.

 

II. „Das Energie- und Klimapaket der Europäischen Union“, Alexandra Langenheld (Europäische Kommission, Brüssel): Den Auftakt der Veranstaltung bildete der Vortrag der Referentin Frau Alexandra Langenheld von der Generaldirektion Energie und Verkehr der Europäischen Kommission, Brüssel zum aktuellen Energie- und Klimapaket der Europäischen Union. Frau Langenheld stellte ihrem Referat eine kurze Darstellung der geschichtlichen Entwicklung des europäischen Klimaschutzes voran. Die Europäische Union verstehe sich seit Mitte der 1990er als globaler Vorreiter im Hinblick auf Erneuerbare Energien, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit. Bei allem Pioniergeist stehe jedoch gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der EU im Verhältnis zu anderen Industrienationen stets im Vordergrund. Der Grundstein für die Richtlinie zur Erneuerbaren Energie wurde in dem 2007 vorgestellten Klimaschutzpaket „20-20-20 in 2020“ gelegt, das einen Anteil Erneuerbarer Energien von 20 % am Gemeinschaftsverbrauch bis zum Jahr 2020 vorsieht. Neben konkret definierten Zielen wie einem zehnprozentigen Biokraftstoffanteil würden Kooperationsprojekte mit anderen Mitgliedstaaten angestrebt. Hauptakteure blieben aber die Mitgliedstaaten, die ihre Maßnahmen zur Zielerreichung in Aktionsplänen fassen müssten. Die Ziele der EU erforderten weiter eine Verminderung von Verwaltungshindernissen, welche den Klimaschutz aufhalten könnten. Die Richtlinie trage zudem der raschen technischen Entwicklung Rechnung. So seien die Definitionen bewusst weit gefasst, so dass auch neue Entwicklungen in den Anwendungsbereich einbezogen werden könnten. Gleichzeitig wurden in den Art. 9 und 10 der Richtlinie der Energietransfer zwischen den Mitgliedstaaten geregelt und Projektkooperationen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern mehr Raum gewährt. Bis 2010 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, ihre nationalen Pläne zur Verwirklichung der europäischen Ziele offen zu legen, mit denen sie die Vorgaben erfüllen wollen. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass nicht nur auf nationaler, sondern auch auf regionaler Ebene die Planung von Projekten mit den Zielen der EU in Einklang gebracht wird und die notwendige umweltfreundliche Technik zum Einsatz gelangt. Weiter müssen sie nach Art. 13 der Richtlinie auch eine ausreichende Informationspolitik betreiben. Eines der Hauptziele bildet jedoch die Versorgungssicherheit. Hierzu sind europaweite Kriterien festgelegt worden, die einen längerfristigen Energievorrat sichern sollen. Die Richtlinie steht in direktem Zusammenhang zu anderen Maßnahmen, wie beispielsweise den Regelungen zum Bau energieeffizienter Gebäude, eco-Labels etc. Somit erwarte die Mitgliedstaaten in den nächsten Jahren eine Vielzahl unterschiedlicher Regelwerke, welche die Umsetzung in nationales Recht verlangen.

 

 

III. „Sinn, Inhalt und Reichweite einer europäischen Kompetenz zur Energiepolitik“, Prof. Dr. Christian Callies (Freie Universität Berlin): Auch der darauffolgende Vortrag von Herrn Prof. Dr. Christian Callies von der Freien Universität Berlin befasste sich mit der europäischen Dimension der Energieumweltpolitik. Die Energieumweltpolitik ist ein zentrales europäisches Problem, weshalb sich Fragen zur Kompetenz der Europäischen Union in den Bereichen Umweltrecht und Energierecht aufdrängen. Prof. Callies schilderte die Kompetenzen der EU nach Art. 175 Abs. 1 und 2, Art. 95 Abs. 1 bzw. Art. 156 Abs. 1 EG sowie die neue Energiekompetenz nach dem Vertrag von Lissabon. Wesentlicher Bestandteil des Vortrages war die Abgrenzung zur Umweltpolitik im Bereich der internationalen Klimaschutzmaßnahmen sowie die Mobilität der Kompetenzausübung auf europäischer Ebene unter Beachtung der Vorgaben des Subsidiaritätsprinzips nach Art. 5 EG. Dabei betonte der Referent den Ausbau des europäischen Solidaritätsprinzips im Vertrag von Lissabon und das damit verbundene Spannungsverhältnis zum Wettbewerb. Die Behandlung der Frage nach der verbleibenden Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und den Grenzen aus Art. 295 EG sowie der bei den Mitgliedstaaten verbleibenden Rechte, die Energiequellen zu wählen und die allgemeinen Strukturen der Energieversorgung zu bestimmen, rundete den Vortrag ab. Als Fazit konnte festgehalten werden, dass Energieumweltpolitik Teil der europäischen Energiepolitik ist und langfristige Strategien Voraussetzungen für eine gemeinsame Energiepolitik sind.

 

IV. „Aktuelle Rechtsprobleme des Emissionshandels“, Rechtsanwalt Dr. Karsten Dienes (RWE Power AG, Essen): Den aktuellen Rechtsproblemen des Emissionshandelsrechts wandte sich Herr Dr. Karsten Dienes in seinem Vortrag zu. Nach einer kurzen Vor bemerkung zur Aktualität des Emissionshandels, folgte eine Einordnung des Emissionshandelsrechts in das bestehende System. Daraufhin widmete sich der Referent Auslegungsfragen und gewährte Einsicht in das Emissionshandelsgebührensystem nach dem ZuG 2007. Im Anschluss hieran erfolgte eine detaillierte Schilderung der Musterverfahrensregelung der deutschen Emissionshandelsstelle und diverser Gegenstände wie zum Beispiel die Veräußerungskürzung nach §§ 19, 20 ZuG 2012. Zum Ende des Vortrages bewertete Dienes die Emissionshandels-Richtlinie und die Vollversteigerung bei der Stromerzeugung ab 2013 sowie den Rechtsrahmen für die CO2-Sequestrierung („CCS“).

 

V. „Die Zukunft des Emissionshandels – Die europäische Perspektive“, Prof. Dr. Bernhard W. Wegener (Universität Erlangen- Nürnberg): Der Emissionshandel nahm bei der diesjährigen Fachtagung eine zentrale Rolle ein. Nach dem Referat von Dr. Dienes wandte sich Herr Prof. Dr. Bernhard W. Wegener dieser Thematik zu und machte den Vorschlag zur Novellierung der Europäischen Emissionshandelsrichtlinie in diesem Zusammenhang zu einem Hauptbestandteil seines Vortrages. Er vermittelte nach einigen grundlegenden systemkritischen Vorbemerkungen den Teilnehmern einen umfassenden Einblick in das Klimaschutzpaket und referierte über den aktuellen Stand der Gesetzgebung. Dabei wurden auch die Zentralisierung der CAP-Entscheidung und die innergemeinschaftliche Verteilung nicht ausgespart. Den Fokus der Betrachtung bildete jedoch die Veränderung des Anwendungsbereichs. Insbesondere die Opt-out-Regelung für Kleinemittenten sowie die Einbeziehung weiterer Sektoren und Treibhausgase wurden dabei beleuchtet. Als Grundregel der Allokation wurde auch die Versteigerung im Energiesektor angesprochen, wobei auch das so genannte „Carbon-Leakage“ als Ausnahme bestimmter Wirtschaftszweige und die Drohung mit der Anwendung des Beihilfenrechts angesprochen wurde. Den Abschluss bildete ein kurzer Überblick über die Verwendung der Erlöse und die Internationalisierung des Zertifikatehandels, wobei der Referent die aus seiner Sicht überhöhte Komplexität und fehlende Systemimmanenz für die bislang ausbleibenden Erfolge des Zertifikatehandels verantwortlich machte.

 

VI. „Probleme und Perspektiven im Energieumweltrecht“ – Rechtsfragen zur Förderung erneuerbarer Energien nach dem EEG 2009, Christoph Weißenborn (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft/ BDEW, Berlin): Zum Erneuerbaren-Energien-Gesetz, das am 1. Januar 2009 in Kraft trat, referierte aus Sicht des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft Christoph Weißenborn. Diese als „EEG-Novelle“ angekündigte Gesetzesänderung basierte auf dem Erfahrungsbericht nach § 20 EEG 2004. Eine Reihe von Gesetzen zum Schutze der Umwelt und der Nachhaltigkeit, wie beispielsweise das Palmöl-/Sojaöl-Änderungsgesetz vom 19.Dezember 2008 begleiten die Novelle. Die wesentlichen Rechtsänderungen des Gesetzes bilden hierbei die Definitionsänderungen des Anlagenbegriffs in § 3 Nr. 1 und § 19 Abs. 1 EEG 2009 sowie die Änderungen beim Netzausbau in § 9 Abs. 1 EEG 2009. Durch § 19 EEG 2009 sollte dem Problem des „künstlichen Anlagensplittings“ begegnet werden; durch die rückwirkende Geltung stelle sich jedoch die Frage nach dem verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz der Anlagebetreiber, den der Referent aufgrund der seit langem bestehenden Problemdiskussion ablehnte, weswegen auch die aktuellen verfassungsgerichtlichen Verfahren aus seiner Sicht ohne Erfolg bleiben werden. Gleichsam von Bedeutung seien zudem die neuen Regelungen hinsichtlich des Einspeisemanagements in § 11 Abs. 1 und der Direktvermarktung in § 17 EEG 2009. Hieraus lasse sich folgern, dass nunmehr keine Positionierung zum Prioritäts- oder Clusterprinzips erfolgt sei. Besonders skeptisch wurde die neue Rechtslage im Hinblick auf die Schadensersatzpflicht des Netzbetreibers nach § 10 EEG 2009 beurteilt. Diese Pflicht trifft denjenigen, der schuldhaft den Netzausbau verschleppt oder unterlässt. Wann allerdings ein Fall des Verschleppens oder Unterlassens vorliegt, könne dem EEG 2009 nicht entnommen werden. Das EEG 2009 habe weiterhin zu einer Änderung der Biomassevergütung geführt. So sieht die Anlage 2 zum EEG 2009 einen Bonus für diejenigen Anlagenbetreiber vor, die Strom aus nachwachsenden Rohstoffen gewinnen. Dabei ist neben einer Positivliste gleichsam eine Negativliste zu beachten; weitere Regelungen – wie etwa der sogenannte „Landschaftspflegebonus“ – seien aufgrund des unzureichenden Wortlautes kaum anwendbar. Das EEG 2009 schließe daher eine Vielzahl von Lücken, die das EEG von 2004 gelassen hat. Dennoch blieben Unsicherheiten besonders hinsichtlich der Definition des Anlagenbegriffs und der „Inbetriebnahme“. Unerfreulicherweise würden auch unzulänglich definierte Vergütungs- und Zuschlagsregelungen sowie Kostentragungsregelungen beim Netzanschluss zu Rechtsstreitigkeiten führen. Daher seien Nachbesserungen dringend geboten und weitere Änderungsgesetze in den nächsten Jahren schon jetzt absehbar.

 

VII. Neujustierung des europäischen Umweltenergierechts im Bereich Erneuerbarer Energie? – Zur Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen, Akad. Rat Thorsten Müller (Leiter der Forschungsstelle für Umweltenergierecht, Universität Würzburg): Mit der Neuorientierung der Problematik der erneuerbaren Energien im europäischen Umweltenergierecht befasste sich Thorsten Müller von der Forschungsstelle für Umweltenergierecht der Universität Würzburg. Die Nutzung erneuerbarer Energien sei bereits als zentraler Baustein der Nachhaltigkeitsstrategie im Bereich der Energieversorgung erkannt worden. Nur mit ihrer Hilfe könne auf Dauer eine Abkehr von fossilen Energieträgern erfolgen. Bisweilen wurden aber noch nicht alle Anwendungsfelder des Rechts der Erneuerbaren Energien auf Gemeinschaftsebene miteinbezogen. Bis zum heutigen Zeitpunkt seien nur Richtlinien in den Bereichen Elektrizität und Kraftstoffe erlassen worden, welche Ausbauziele für das Jahr 2010 normieren. In den einzelnen Mitgliedstaaten sei die Förderung erneuerbarer Energien darüber hinaus höchst unterschiedlich ausgestaltet. Die neue Richtlinie zur Förderung Erneuerbarer Energien (EE-RL) hat zum Ziel, diese Heterogenität durch eine sektorübergreifende Erfassung aller Anwendungsbereiche der regenerativen Energiequellen zu überwinden und in einem Legislativakt zu vereinigen. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, einen Mindestanteil an Erneuerbaren Energien am gesamten Energieverbrauch im Jahr 2020 zu erreichen. Als Richtwert ist ein Anteil von 20 Prozent am Gesamtenergieverbrauch verpflichtend geregelt. Den Mitgliedstaaten steht es dabei frei, bestimmte Bereiche stärker zu fördern, als andere, solange nur der vorgegebene Zielwert erreicht wird. Somit erwächst aus der EE-RL die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, den Anteil Erneuerbarer Energien entlang des nicht verpflichtend vorgeschriebenen Richtkurses bis 2020 zu steigern, wobei die Wahl der jeweiligen Handlungsinstrumente bei den Mitgliedstaaten verbleibt. Eine Anrechnung von in einem anderen Mitgliedstaat erzeugten höheren Mengen ist nur unter engen Voraussetzungen möglich, wie im Rahmen eines statistischen Transfers oder eines gemeinsamen Projekts. Zur Überwachung dieses Prozesses verpflichten sich die Mitgliedstaaten, nationale Aktionspläne aufzustellen und zu präsentieren sowie der Kommission regelmäßig Bericht über die Entwicklung der Politiken abzulegen. Die Heterogenität der Ausprägung von Erneuerbaren Energien in den Mitgliedstaaten lässt keine pauschale Bewertung des Änderungsaufwandes im Einzelnen zu. Allerdings lässt die EE-RL einen Ausblick dahingehend zu, als von nun an der Ausbau der regenerativen Energienutzung in allen Mitgliedstaaten voranschreiten wird. Von einer „Neujustierung“ könne allerdings nicht  die Rede sein, zumal es immer noch bei einem Nebeneinander von 27 Fördergebieten bleibt; eine Verwendung eines derartigen Begriffs würde die Tragweite und die Wirkung der EE-RL überbewerten. In ihr könne allenfalls ein Impuls für die zukünftige Ausgestaltung des Umweltenergierechts gesehen werden. VIII. „Wie effizient ist das Regelwerk zur Energieeffizienz?“, Prof. Dr. Christian Pielow (Universität Bochum): Den Abschluss der Fachtagung bildete der Vortrag Herrn Prof. Dr. Christian Pielows von der Ruhr-Universität Bochum zum Thema der Energieeffizienz. Nach einer Einleitung zur politischen Programmatik und deren gesetzlicher Umsetzung wendete sich der Referent dem Begriff der Effizienz als Rechtsbegriff zu, wobei verschiedene Effizienzbegriffe einander gegenübergestellt wurden. Die „eine“ Energieeffizienz existiere dabei nicht – es gehe vielmehr um die Unterscheidung von Versorgungseffizienz, Netzeffizienz und Energieeffizienz. Pielow wandte sich dann den rahmenrechtlichen Anforderungen der Energieeffizienz zu und legte den Fokus der Betrachtung auf das Völker- und Europarecht sowie das Verfassungsrecht. Hierbei blieb auch die Problematik der Systemkonvergenz nicht unerwähnt. Im Anschluss gab der Referent einen Überblick über exemplarische Probleme der Energieeffizienz, die Gebäudeenergie, das Messwesen, „Smartgrids“ und Anreizregulierung. Auch die inhaltlichen Unzulänglichkeiten des aktuellen Entwurfs zum Energieeffizienzgesetz wurden dabei beleuchtet.

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