Update Zeitarbeit
Die Zeitarbeit bleibt auch nach der Überarbeitung des AÜG – oder gerade ihretwegen – in der Diskussion. Die Auswirkungen der rechtlichen Neuerungen auf die Vertragsgestaltung zwischen Entleiher, Verleiher und Leiharbeitnehmer haben wir in AuA 5/11, S. 270, und AuA 9/11, S.508, besprochen. Die seither dynamische Rechtsprechung hat manche Fragen beantwortet nd andere aufgeworfen.
Dies muss auch dann gelten, wenn solche Leistungen mit Gemeinschaftseinrichtungen
zusammenhängen, z. B. bei Essensgutscheinen für die betriebseigene Kantine.
Zu den gleichen Bedingungen ist in diesen Fällen der Zugang zur Gemeinschaftseinrichtung
zu gewähren. Die Bedingungen beziehen sich aber nur auf den tatsächlichen Zugang, also bei der Kantine zu den gleichen Zeiten in den gleichen Räumen. Verbindet der Arbeitgeber damit aber geldwerte Leistungen, wie Gutscheine oder subventionierte Essenspreise, können Leiharbeitnehmer diese Leistungen nicht aufgrund § 13b AÜG beanspruchen, da sich ihr Vergütungsanspruch nach wie vor allein gegen den Verleiher richtet.
Unklar ist auf der anderen Seite aber auch, was konkret sachliche Gründe sind, um vom gleichberechtigten Zugang abzuweichen. Dabei sind in erster Linie die bloße Erschöpfung der Kapazitäten – etwa bei den Kinderbetreuungsplätzen – oder unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand denkbar. In Betracht kommt aber bspw. auch ein entgegenstehendes pädagogisches Interesse an der Kontinuität von Kindergruppen. Dies wird vom BAG als eine sachliche Begründung zur Ablehnung einer Teilzeitbeschäftigung von Erziehern anerkannt (Urt. v. 18.3.2003 – 9 AZR 126/02, BB 2004, S. 52).
| Wichtig: |
Die Unschärfe des § 13b AÜG ist vor allem für den Entleiher unangenehm, da dieser eigene Rechtspfl ichten verletzt, wird dem Leiharbeitnehmer eine Leistung zu Unrecht vorenthalten. Ob Schadensersatzansprüche auf eine Vertragsverletzung (§§ 280, 241 Abs. 2 BGB) oder deliktische Ansprüche (§ 823 Abs. 2 BGB) gestützt werden können, ist umstritten. Jedenfalls handelt der Entleiher aber ordnungswidrig (§ 16 Abs. 1 Nr. 10 AÜG).
Eine Lösung bietet z. B. der Tarifvertrag zur Zeitarbeit in der Metall- und Elektroindustrie, wonach ab einer Einsatzdauer von drei Monaten eine innerbetriebliche Stellenausschreibung erfolgen muss.
Fraglich ist auch, ob der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung mit der Begründung verweigern könnte, dass die Information gem. § 13a AÜG unterblieben ist. Das BAG hat ein Zustimmungsverweigerungsrecht angenommen, wenn der Arbeitgeber seine Konsultationspfl icht nach § 81 Abs. 1 und 2 SGB IX verletzt, auch wenn die Stelle von vorneherein mit einem Leiharbeitnehmer besetzt werden sollte (Beschl. v. 23.6.2010 – 7 ABR 3/09, NZA 2010, S. 1361). Die Entscheidung erscheint aber nicht übertragbar, da es bei dieser Konsultation um das Vermittlungsinteresse beschäftigungsloser Menschen mit Behinderung geht. Dieses ist zu Recht
stärker geschützt als das Übernahmeinteresse des in einem Arbeitsverhältnis stehenden Leiharbeitnehmers.
Daran entzünden sich die Fragen, ob § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG eine nicht vorübergehende Überlassung untersagen soll und wann eine Überlassung überhaupt vorübergehend ist (vgl. Ramstetter/Hartmann, a. a. O.). Ungeachtet der Frage nach der Reichweite des „Vorübergehens“ ist dies wohl in Bezug auf die Überlassung zu beurteilen und weniger am Beschäftigungsbedarf des Entleihers. Denn dieser spielt auch bei der zeitlichen Befristung eines Arbeitsverhältnisses erst dann eine Rolle, wenn aufgrund zusätzlicher Umstände ein erweitertes Interesse des befristet Beschäftigten entsteht, etwa weil er bereits zwei Jahre ohne sachlichen Grund befristet beschäftigt war oder zuvor mit dem Arbeitgeber in einem Arbeitsverhältnis stand.
In der Rechtsprechung ist derzeit eine vollkommen uneinheitliche Beurteilung dieser Frage auszumachen:
- Das LAG Niedersachsen (Beschl. v. 19.9.2012 – 17 TaBV 124/11, DB 2012, S. 2468) entnimmt dem AÜG, dass eine Überlassung von Arbeitnehmern, die länger als „eine gewisse Zeit“ dauert, mit dem Gesetz unvereinbar sei, wobei ggf. die Wertungen des TzBfG heranzuziehen wären.
- Nach dem LAG Düsseldorf verlangt § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht, dass die Überlassung von vorneherein befristet erfolgen muss. Eine Orientierung an den sachlichen Befristungsgründen nach dem TzBfG lehnt das LAG (Beschl. v. 2.10.2012 – 17 TaBV 48/12, vgl. AuA 12/12, S. 724) mangels erkennbarem gesetzgeberischen Willen im Gesetzeswortlaut ab.
- Demgegenüber stellt das LAG Berlin darauf ab, ob der Leiharbeitnehmer auf einem „Stammarbeitsplatz“ beschäftigt ist (Urt. v. 9.1.2013 – 15 Sa 1635/12, NZA-RR 2013, S. 234). Dieser Ansatz ist bereits deshalb nicht glücklich, weil der Begriff „Stammarbeitsplatz“, der eher in der Planstellenterminologie des öffentlichen Dienstes zu finden ist, nicht in die Planung von Funktionen und Kapazitäten privatwirtschaftlicher Unternehmen passt.
Aus den vorgenannten Gründen ist die Frage des vorübergehenden Verleihs am Maßstab des Überlassungsvorgangs zu überprüfen. Dabei ist es aber auch nicht hilfreich, auf einen beim Entleiher bestehenden sachlichen Befristungsgrund abzustellen, wie das ArbG Cottbus (Beschl. v. 26.9.2012 – 2 BV 43/12; v. 22.8.2012 – 4 BV 2/12).
Die Überlassung wäre dann überhaupt nur bei einem entsprechend dimensionierten Beschäftigungsbedarf erlaubt und umgekehrt, wenn ein solcher Bedarf besteht, über lange Zeiträume möglich. Denn z. B. rechtfertigen auch Reihen von Vertretungsfällen sehr lange Befristungsketten (EuGH, Urt. v. 26.1.2012 – C-586/10, „Kücük“, AuA 3/13, S. 180; BAG, Urt. v. 18.7.2012 – 7 AZR 443/09, AuA 9/12, S. 545).
Auch auf diese Frage gibt die Rechtsprechung keine einheitliche Antwort:
- Das BAG verlangt für ein Zustimmungsverweigerungsrecht gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, dass die Einstellung als solche eine verbotsgesetzliche Norm verletzt. Der Betriebsrat kann bspw. nicht seine Zustimmung verweigern, wenn der Verleiher einen unwirksamen Tarifvertrag anwendet oder die Equal-Pay-Regelung verletzt (BAG, Beschl. v. 25.1.2005 – 1 ABR 61/03, NZA 2005, S. 1199).
- Das ArbG Leipzig hatte ein Zustimmungsverweigerungsrecht bei unbefristeter Einstellung von Leiharbeitnehmern noch abgelehnt (Beschl. v. 15.2.2012 – 11 BV 79/11, DB 2012, S. 640). Die Arbeitsgerichte Cottbus (Beschl. v. 26.9.2012, a. a. O.) und Offenbach (Beschl. v. 1.8.2012 – 10 BV 1/12, NZA-RR 2013, S. 80) halten § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG dagegen für ein Verbotsgesetz und einen darauf gestützten Zustimmungsverweigerungsgrund für zulässig. Ebenso entschied das LAG Berlin-Brandenburg (Beschl. v. 19.12.2012 – 4 TaBV 1163/12, vgl. AuA 4/13, S. 242) für den Fall, dass Leiharbeitnehmer auf „Dauerarbeitsplätzen“ eingesetzt werden.
Das Gericht stellte fest, dass der Betriebsrat des Entleiherbetriebs seine Zustimmung verweigern kann, wenn Leiharbeitnehmer zum nicht nur vorübergehenden Einsatz eingestellt werden sollen. Eine dauerhafte Überlassung widerspreche der Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Anders als in den Vorinstanzen hatte der Antrag des Arbeitgebers, die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur dauerhaften Einstellung einer Leiharbeitnehmerin zu ersetzen, keinen Erfolg. Auf eine genauere Abgrenzung des Begriffs „vorübergehend“ kam es in diesem Fall nicht an.
Das BAG sieht in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG ein Verbot der dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung. Der Betriebsrat muss also einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung nicht zustimmen. Das BAG begründet seine Entscheidung damit, dass die Bestimmung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG seiner Auffassung nach nicht lediglich einen unverbindlichen Programmsatz enthält, sondern die nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung untersagt. Die Bestimmung dient danach zum einen dem Schutz der Leiharbeitnehmer, außerdem soll durch sie auch eine dauerhafte Aufspaltung der Belegschaft des Entleiherbetriebs in eine Stamm- und eine entliehene Belegschaft verhindert werden.
| Wichtig: |
| Praxistipp: |
Wenn sich als Anknüpfungspunkt für die „vorübergehende“ Überlassung der Beschäftigungsbedarf beim Entleiher herausstellt – also die Frage, ob ein Dauerarbeitsplatz besetzt werden soll –, wird der Entleiher zum vorübergehenden Bedarf an der Tätigkeit der Leiharbeitnehmer auch in der Unterrichtung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG, § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG informieren müssen.
Das BAG hatte die fehlende Tariffähigkeit der CGZP in seinem Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10, AuA 4/11, S. 242) festgestellt. Die in der Folge diskutierte Frage, ob dies auch für die Vergangenheit wirkt, beantwortete das Gericht mit seinem Beschluss vom 23.5.2012 (1 AZB 58/11, AuA 7/12, S. 436), nachdem bereits das LAG Berlin in der Vorinstanz festgestellt hatte, dass die Tarifgemeinschaft CGZP auch in der Vergangenheit nicht tariffähig war. Die sich daran anschließenden Fragen im Zusammenhang mit rückwirkenden Vergütungsansprüchen der Leiharbeitnehmer sind immer noch weitgehend ungeklärt.
Der Verleiher kann sich nicht darauf berufen, auf die Wirksamkeit der Tarifverträge vertraut zu haben. Eine Rückabwicklung ex nunc nach der sog. Lehre vom fehlerhaften Tarifvertrag hält das BAG für ungeeignet (Urt. v. 13.3.2013 – 5 AZR 954/11, NZA 2013, S. 680). Auch eine Inbezugnahme mehrerer Tarifverträge, wie sie durch die Bezugnahme eines mehrgliedrigen Tarifwerks entsteht, hält das Gericht für intransparent und unwirksam. Eine Bezugnahmeklausel, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, bedarf danach einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tarifl ichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll.
Fraglich ist auch, ob der Verleiher sich auf die Ausschlussfristen aus den Tarifverträgen der CGZP berufen kann (vgl. LAG Düsseldorf, Urt. v. 8.12.2011 – 11 Sa 852/11, BB 2012, S. 1671). Nach der Rechtsprechung des BAG kann man grundsätzlich auch einen unwirksamen Tarifvertrag durch arbeitsvertragliche Vereinbarung in Bezug nehmen, wenn ein entsprechender Parteiwille für den Fall der Unwirksamkeit des Tarifvertrags erkennbar ist (BAG v. 13.3.2013, a. a. O.). Aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des AÜG lässt sich die Anwendung der beim Entleiher geltenden Ausschlussfristen nicht ableiten. Es handelt sich bei den Ausschlussfristen nicht um Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer i. S. d. §§ 9 Nr. 2, 10 Abs. 4 AÜG (BAG, Urt. v. 23.3.2011 – 5 AZR 7/10, AuA 3/12, S.180). Die Geltendmachung von Differenzlohnansprüchen des Leiharbeitnehmers kann aber durch einzelvertragliche Ausschlussfrist eingeschränkt sein (zum Leiharbeitsvertrag vgl. Spieler/Pollert, AuA 9/11, S. 508 ff.). Das LAG Mecklenburg- Vorpommern (Urt. v. 10.7.2012 – 5 Sa 248/11, NZA-RR 2012,
S. 584) weist aber darauf hin, dass eine bloße Wiederholung der (unwirksamen) tarifvertraglichen Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag als Verweis zu verstehen ist, der von der Unwirksamkeit des Tarifvertrags erfasst sein soll.
| Praxistipp |
Durch den Branchenzuschlag soll eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Leiharbeitnehmer verhindert, umgekehrt aber keine Besserstellung gegenüber Arbeitnehmern des Entleihers erreicht werden. Die Branchenzuschlagstarife (z. B. § 2 Abs. 4 TV BZ Chemische Industrie) sehen daher teilweise vor, dass durch den Zuschlag ein Entgelt i. H. v. 90 % des Entgelts eines vergleichbaren Mitarbeiters beim Entleiher nicht überschritten werden muss.
Neben der Arbeitnehmerüberlassung ist der Einsatz von Werkvertragsunternehmern und Dienstleistern die in der Praxis relevanteste Form, Arbeiten im Betrieb durch einen Dritten erbringen zu lassen. Deren Beauftragung erfolgt vor allem aufgrund einer sinnvollen Spezialisierung von Unternehmen, Dienstleistern und Handwerksbetrieben in einer arbeitsteiligen Welt. Beschäftigte eines Werkvertragsunternehmers, die zur Erfüllung von Dienstleistungsaufträgen oder Werkverträgen in einem anderen Unternehmen eingesetzt werden, sind nicht selbst zur Arbeitsleistung überlassen und keine Leiharbeitnehmer. Sie unterstehen allein dem Direktionsrecht des Werkvertragsunternehmers und werden von diesem zur Erfüllung der von ihm geschuldeten Leistung eingesetzt. Sie sind zivilrechtlich Erfüllungsgehilfen des Werkunternehmers und nicht als Arbeitnehmer in den Betrieb des Kunden integriert (vgl. Pollert/Spieler, Arbeitnehmerüberlassung, 3. Aufl . 2011, S. 50 ff.).
Unerheblich sind die „Dichte“ der Werkvereinbarung und der Umfang des Pflichtenhefts, also wie konkret die einzelnen Aufgaben für eine Fremdfirma beschrieben werden (vgl. BAG, Urt. v. 18.1.2012 – 7 AZR 723/10 NZA-RR 2012, S. 455, zur Personenkontrolle am Flughafen). Entscheidend ist vor allem, dass der Fremdunternehmer über den Einsatz der konkreten Beschäftigten entscheidet, ihm das Weisungsrecht gegenüber seinen Arbeitnehmern (überwiegend) zusteht, und dass der Fremdunternehmer für die Erfüllung der Aufgaben und Pflichten letztlich verantwortlich ist.
| Wichtig |
Gegen einen Werkvertrag sprechen aber Vereinbarungen, nach denen einfache Arbeitsleistungen – offensichtlich unabhängig von ihrem Erfolg – erbracht werden sollen, z. B. Schreibarbeiten, Botendienste, einfache Maschinenbedienung oder einfache Dateneingaben, und diese Tätigkeiten in die Arbeitsabläufe im Betrieb des Auftraggebers eingegliedert sind. Dabei ist wichtig, von wem die arbeitsvertragsbezogenen Weisungen ausgehen. Wenn Arbeitnehmer des Auftraggebers in größerem Umfang Beschäftigte des Werkunternehmens direkt beauftragen und unter zeitlich-örtlichen Vorgaben auch personenbezogene Anweisungen erteilen, spricht dies für eine Arbeitnehmerüberlassung (LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 1.8.2013 – 2 Sa 6/13).
Eine „Atomisierung“ der bestellten Leistungen zu einer Summe von Kleinstleistungen über einen bestimmten Zeitraum lassen oft nicht mehr klar erkennen, ob noch ein Erfolg vom Fremdunternehmer erwartet wird, oder nur die Überlassung der Arbeitskraft für bezeichnete Aufgaben.
Dirk Pollert,
Rechtsanwalt und stv. Hauptgeschäftsführer Bayerischer Unternehmensverband Metall und Elektro e. V., München
Sven Spieler,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Roche Diagnostics GmbH, Penzberg
Bei einem Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Arbeitsplätzen, für die ein beständiger Beschäftigungsbedarf an bestimmten Tätigkeiten besteht, hatte das BAG schon früher anerkannt, dass sich der Entleiherbetriebsrat regelmäßig mit Aufgaben befassen wird, die über die Beteiligung im Einstellungsverfahren gem. § 99 Abs. 1 BetrVG, § 14 Abs. 3 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) hinausgehen. So können Maßnahmen des Entleihers, wie die Anordnung von Mehrarbeit oder die Zuordnung von Leiharbeitnehmern zu einzelnen Schichten und unterschiedlichen Dienstplänen nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG im Entleiherbetrieb auch hinsichtlich der betroffenen Leiharbeitskräfte mitbestimmungspflichtig sein (BAG, Beschl. v. 15.12.1992 – 1 ABR 38/92, NZA 1993, S. 513; Beschl. v. 19.6.2001 – 1 ABR 43/00, NZA 2001, S. 1263).
Der Entleiherbetriebsrat ist aber nicht vollumfänglich für die Belange der Leiharbeitnehmer zuständig, sondern nur insoweit, als die Rechte an deren Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Entleihers anknüpfen (so BAG, Beschl. v. 10.3.2004 – 7 ABR 49/03, NZA 2004, S. 1340). Darauf hat das BAG gerade hinsichtlich einer begrenzten Überlassungsdauer
hingewiesen (die Entscheidung betraf das AÜG i. d. F. des JOBAQTIV-Gesetzes, nach dem die Überlassungsdauer auf 24 Monate begrenzt war). Es muss also genau geprüft werden, wann die Beurteilung von Aufwand und erforderlicher Kapazitäten des Entleiherbetriebsrats die im Betrieb eingesetzten Leiharbeitnehmer berücksichtigen muss (zur Rechtsentwicklung hinsichtlich der Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern u. a. vgl. Ramstetter/Hartmann, AuA 7/13, S. 410 ff.).
Mit Beschluss vom 13.3.2013 hat das BAG (7 ABR 69/11, NZA 2013,S. 789) seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und die „in der Regel“ im Entleiherbetrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer bei der Bestimmung der Größe des Entleiherbetriebs gem. § 9 BetrVG mitgezählt. Sie sind damit auch bei der Bestimmung der Größe des Betriebsrats zu berücksichtigen. Über Freistellungen nach § 38 BetrVG hat das BAG nicht entschieden. Wenngleich die Bemessungsgröße auch in § 38 BetrVG die „Arbeitnehmer“ des Betriebs sind, ist eine Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer hier nicht zwingend abzuleiten.
Auch wenn Leiharbeitnehmer bei der Bestimmung der Betriebsgröße gem. § 9 BetrVG mitgezählt werden, hat dies nicht in jedem Fall zur Folge, dass sich der Aufwand des Betriebsrats in dem Maße erhöht, dass auch weitere Freistellungen erforderlich sind. Denn von den Beteiligungsrechten, die das Gremium im Hinblick auf eine wachsende Arbeitnehmerzahl
in größerem Umfang wahrnehmen muss – insbesondere bei personellen Einzelmaßnahmen oder Fragen der betrieblichen Entgeltgestaltung –, gelten bezüglich der Leiharbeitnehmer nur wenige. Es ist auch fraglich, wann sie in diesem Sinne „in der Regel“ beschäftigt sind. Mit Blick auf die langfristigen Auswirkungen bei der Bestimmung der Betriebsratsgröße kann eine bereits dreimonatige Beschäftigung, wie für die Wahlberechtigung nach § 7 Abs. 2 BetrVG gefordert ist, kaum ausreichend sein. Wenn Arbeitnehmer nur zeitweilig beschäftigt werden, kommt es nach der Rechtsprechung des BAG für die regelmäßige Beschäftigung i. S. d. § 9 BetrVG darauf an, ob sie normalerweise den größten Teil des Jahres in dem Betrieb tätig sind (BAG, Beschl. v. 7.5.2008 – 7 ABR 17/07, NZA 2008, S. 1142). Dabei sind künftige Entwicklungen ebenfalls im Auge zu behalten (BAG, Beschl. v. 25.11.1992 – 7 ABR 7/92, NZA 1993, S. 955).
Bereits mit der Entscheidung vom 18.10.2011 (1 AZR 335/10, AuA 10/12, S. 616) hatte das BAG aber Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate beim Entleiher eingesetzt werden, bei der Ermittlung des Schwellenwerts des § 111 BetrVG hinzugezählt und dabei – wie auch in den weiteren Entscheidungen – auf den besonderen Normzweck verwiesen.
Damit bleibt aber z. B. offen, ob Leiharbeitnehmer auch bei der Frage der Erzwingbarkeit eines Sozialplans gem. § 112a BetrVG zu den „Arbeitnehmern“ zählen. Dies würde sich zulasten der Stammbelegschaft auswirken, von deren Arbeitnehmern ggf. dann mehr i. S. d. § 112a BetrVG betroffen sein müssten, um einen Sozialplan erzwingen zu können. Insbesondere dürften Leiharbeitnehmer dann nur den Bezugswert erhöhen, da sie selbst zumindest nicht vom Entleiher aus betriebsbedingten Gründen „entlassen“ werden.
Dies muss auch dann gelten, wenn solche Leistungen mit Gemeinschaftseinrichtungen
zusammenhängen, z. B. bei Essensgutscheinen für die betriebseigene Kantine.
Zu den gleichen Bedingungen ist in diesen Fällen der Zugang zur Gemeinschaftseinrichtung
zu gewähren. Die Bedingungen beziehen sich aber nur auf den tatsächlichen Zugang, also bei der Kantine zu den gleichen Zeiten in den gleichen Räumen. Verbindet der Arbeitgeber damit aber geldwerte Leistungen, wie Gutscheine oder subventionierte Essenspreise, können Leiharbeitnehmer diese Leistungen nicht aufgrund § 13b AÜG beanspruchen, da sich ihr Vergütungsanspruch nach wie vor allein gegen den Verleiher richtet.
Unklar ist auf der anderen Seite aber auch, was konkret sachliche Gründe sind, um vom gleichberechtigten Zugang abzuweichen. Dabei sind in erster Linie die bloße Erschöpfung der Kapazitäten – etwa bei den Kinderbetreuungsplätzen – oder unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand denkbar. In Betracht kommt aber bspw. auch ein entgegenstehendes pädagogisches Interesse an der Kontinuität von Kindergruppen. Dies wird vom BAG als eine sachliche Begründung zur Ablehnung einer Teilzeitbeschäftigung von Erziehern anerkannt (Urt. v. 18.3.2003 – 9 AZR 126/02, BB 2004, S. 52).
| Wichtig: |
Die Unschärfe des § 13b AÜG ist vor allem für den Entleiher unangenehm, da dieser eigene Rechtspfl ichten verletzt, wird dem Leiharbeitnehmer eine Leistung zu Unrecht vorenthalten. Ob Schadensersatzansprüche auf eine Vertragsverletzung (§§ 280, 241 Abs. 2 BGB) oder deliktische Ansprüche (§ 823 Abs. 2 BGB) gestützt werden können, ist umstritten. Jedenfalls handelt der Entleiher aber ordnungswidrig (§ 16 Abs. 1 Nr. 10 AÜG).
Eine Lösung bietet z. B. der Tarifvertrag zur Zeitarbeit in der Metall- und Elektroindustrie, wonach ab einer Einsatzdauer von drei Monaten eine innerbetriebliche Stellenausschreibung erfolgen muss.
Fraglich ist auch, ob der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung mit der Begründung verweigern könnte, dass die Information gem. § 13a AÜG unterblieben ist. Das BAG hat ein Zustimmungsverweigerungsrecht angenommen, wenn der Arbeitgeber seine Konsultationspfl icht nach § 81 Abs. 1 und 2 SGB IX verletzt, auch wenn die Stelle von vorneherein mit einem Leiharbeitnehmer besetzt werden sollte (Beschl. v. 23.6.2010 – 7 ABR 3/09, NZA 2010, S. 1361). Die Entscheidung erscheint aber nicht übertragbar, da es bei dieser Konsultation um das Vermittlungsinteresse beschäftigungsloser Menschen mit Behinderung geht. Dieses ist zu Recht
stärker geschützt als das Übernahmeinteresse des in einem Arbeitsverhältnis stehenden Leiharbeitnehmers.
Daran entzünden sich die Fragen, ob § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG eine nicht vorübergehende Überlassung untersagen soll und wann eine Überlassung überhaupt vorübergehend ist (vgl. Ramstetter/Hartmann, a. a. O.). Ungeachtet der Frage nach der Reichweite des „Vorübergehens“ ist dies wohl in Bezug auf die Überlassung zu beurteilen und weniger am Beschäftigungsbedarf des Entleihers. Denn dieser spielt auch bei der zeitlichen Befristung eines Arbeitsverhältnisses erst dann eine Rolle, wenn aufgrund zusätzlicher Umstände ein erweitertes Interesse des befristet Beschäftigten entsteht, etwa weil er bereits zwei Jahre ohne sachlichen Grund befristet beschäftigt war oder zuvor mit dem Arbeitgeber in einem Arbeitsverhältnis stand.
In der Rechtsprechung ist derzeit eine vollkommen uneinheitliche Beurteilung dieser Frage auszumachen:
- Das LAG Niedersachsen (Beschl. v. 19.9.2012 – 17 TaBV 124/11, DB 2012, S. 2468) entnimmt dem AÜG, dass eine Überlassung von Arbeitnehmern, die länger als „eine gewisse Zeit“ dauert, mit dem Gesetz unvereinbar sei, wobei ggf. die Wertungen des TzBfG heranzuziehen wären.
- Nach dem LAG Düsseldorf verlangt § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht, dass die Überlassung von vorneherein befristet erfolgen muss. Eine Orientierung an den sachlichen Befristungsgründen nach dem TzBfG lehnt das LAG (Beschl. v. 2.10.2012 – 17 TaBV 48/12, vgl. AuA 12/12, S. 724) mangels erkennbarem gesetzgeberischen Willen im Gesetzeswortlaut ab.
- Demgegenüber stellt das LAG Berlin darauf ab, ob der Leiharbeitnehmer auf einem „Stammarbeitsplatz“ beschäftigt ist (Urt. v. 9.1.2013 – 15 Sa 1635/12, NZA-RR 2013, S. 234). Dieser Ansatz ist bereits deshalb nicht glücklich, weil der Begriff „Stammarbeitsplatz“, der eher in der Planstellenterminologie des öffentlichen Dienstes zu finden ist, nicht in die Planung von Funktionen und Kapazitäten privatwirtschaftlicher Unternehmen passt.
Aus den vorgenannten Gründen ist die Frage des vorübergehenden Verleihs am Maßstab des Überlassungsvorgangs zu überprüfen. Dabei ist es aber auch nicht hilfreich, auf einen beim Entleiher bestehenden sachlichen Befristungsgrund abzustellen, wie das ArbG Cottbus (Beschl. v. 26.9.2012 – 2 BV 43/12; v. 22.8.2012 – 4 BV 2/12).
Die Überlassung wäre dann überhaupt nur bei einem entsprechend dimensionierten Beschäftigungsbedarf erlaubt und umgekehrt, wenn ein solcher Bedarf besteht, über lange Zeiträume möglich. Denn z. B. rechtfertigen auch Reihen von Vertretungsfällen sehr lange Befristungsketten (EuGH, Urt. v. 26.1.2012 – C-586/10, „Kücük“, AuA 3/13, S. 180; BAG, Urt. v. 18.7.2012 – 7 AZR 443/09, AuA 9/12, S. 545).
Auch auf diese Frage gibt die Rechtsprechung keine einheitliche Antwort:
- Das BAG verlangt für ein Zustimmungsverweigerungsrecht gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, dass die Einstellung als solche eine verbotsgesetzliche Norm verletzt. Der Betriebsrat kann bspw. nicht seine Zustimmung verweigern, wenn der Verleiher einen unwirksamen Tarifvertrag anwendet oder die Equal-Pay-Regelung verletzt (BAG, Beschl. v. 25.1.2005 – 1 ABR 61/03, NZA 2005, S. 1199).
- Das ArbG Leipzig hatte ein Zustimmungsverweigerungsrecht bei unbefristeter Einstellung von Leiharbeitnehmern noch abgelehnt (Beschl. v. 15.2.2012 – 11 BV 79/11, DB 2012, S. 640). Die Arbeitsgerichte Cottbus (Beschl. v. 26.9.2012, a. a. O.) und Offenbach (Beschl. v. 1.8.2012 – 10 BV 1/12, NZA-RR 2013, S. 80) halten § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG dagegen für ein Verbotsgesetz und einen darauf gestützten Zustimmungsverweigerungsgrund für zulässig. Ebenso entschied das LAG Berlin-Brandenburg (Beschl. v. 19.12.2012 – 4 TaBV 1163/12, vgl. AuA 4/13, S. 242) für den Fall, dass Leiharbeitnehmer auf „Dauerarbeitsplätzen“ eingesetzt werden.
Das Gericht stellte fest, dass der Betriebsrat des Entleiherbetriebs seine Zustimmung verweigern kann, wenn Leiharbeitnehmer zum nicht nur vorübergehenden Einsatz eingestellt werden sollen. Eine dauerhafte Überlassung widerspreche der Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Anders als in den Vorinstanzen hatte der Antrag des Arbeitgebers, die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur dauerhaften Einstellung einer Leiharbeitnehmerin zu ersetzen, keinen Erfolg. Auf eine genauere Abgrenzung des Begriffs „vorübergehend“ kam es in diesem Fall nicht an.
Das BAG sieht in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG ein Verbot der dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung. Der Betriebsrat muss also einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung nicht zustimmen. Das BAG begründet seine Entscheidung damit, dass die Bestimmung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG seiner Auffassung nach nicht lediglich einen unverbindlichen Programmsatz enthält, sondern die nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung untersagt. Die Bestimmung dient danach zum einen dem Schutz der Leiharbeitnehmer, außerdem soll durch sie auch eine dauerhafte Aufspaltung der Belegschaft des Entleiherbetriebs in eine Stamm- und eine entliehene Belegschaft verhindert werden.
| Wichtig: |
| Praxistipp: |
Wenn sich als Anknüpfungspunkt für die „vorübergehende“ Überlassung der Beschäftigungsbedarf beim Entleiher herausstellt – also die Frage, ob ein Dauerarbeitsplatz besetzt werden soll –, wird der Entleiher zum vorübergehenden Bedarf an der Tätigkeit der Leiharbeitnehmer auch in der Unterrichtung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG, § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG informieren müssen.
Das BAG hatte die fehlende Tariffähigkeit der CGZP in seinem Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10, AuA 4/11, S. 242) festgestellt. Die in der Folge diskutierte Frage, ob dies auch für die Vergangenheit wirkt, beantwortete das Gericht mit seinem Beschluss vom 23.5.2012 (1 AZB 58/11, AuA 7/12, S. 436), nachdem bereits das LAG Berlin in der Vorinstanz festgestellt hatte, dass die Tarifgemeinschaft CGZP auch in der Vergangenheit nicht tariffähig war. Die sich daran anschließenden Fragen im Zusammenhang mit rückwirkenden Vergütungsansprüchen der Leiharbeitnehmer sind immer noch weitgehend ungeklärt.
Der Verleiher kann sich nicht darauf berufen, auf die Wirksamkeit der Tarifverträge vertraut zu haben. Eine Rückabwicklung ex nunc nach der sog. Lehre vom fehlerhaften Tarifvertrag hält das BAG für ungeeignet (Urt. v. 13.3.2013 – 5 AZR 954/11, NZA 2013, S. 680). Auch eine Inbezugnahme mehrerer Tarifverträge, wie sie durch die Bezugnahme eines mehrgliedrigen Tarifwerks entsteht, hält das Gericht für intransparent und unwirksam. Eine Bezugnahmeklausel, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, bedarf danach einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tarifl ichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll.
Fraglich ist auch, ob der Verleiher sich auf die Ausschlussfristen aus den Tarifverträgen der CGZP berufen kann (vgl. LAG Düsseldorf, Urt. v. 8.12.2011 – 11 Sa 852/11, BB 2012, S. 1671). Nach der Rechtsprechung des BAG kann man grundsätzlich auch einen unwirksamen Tarifvertrag durch arbeitsvertragliche Vereinbarung in Bezug nehmen, wenn ein entsprechender Parteiwille für den Fall der Unwirksamkeit des Tarifvertrags erkennbar ist (BAG v. 13.3.2013, a. a. O.). Aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des AÜG lässt sich die Anwendung der beim Entleiher geltenden Ausschlussfristen nicht ableiten. Es handelt sich bei den Ausschlussfristen nicht um Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer i. S. d. §§ 9 Nr. 2, 10 Abs. 4 AÜG (BAG, Urt. v. 23.3.2011 – 5 AZR 7/10, AuA 3/12, S.180). Die Geltendmachung von Differenzlohnansprüchen des Leiharbeitnehmers kann aber durch einzelvertragliche Ausschlussfrist eingeschränkt sein (zum Leiharbeitsvertrag vgl. Spieler/Pollert, AuA 9/11, S. 508 ff.). Das LAG Mecklenburg- Vorpommern (Urt. v. 10.7.2012 – 5 Sa 248/11, NZA-RR 2012,
S. 584) weist aber darauf hin, dass eine bloße Wiederholung der (unwirksamen) tarifvertraglichen Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag als Verweis zu verstehen ist, der von der Unwirksamkeit des Tarifvertrags erfasst sein soll.
| Praxistipp |
Durch den Branchenzuschlag soll eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Leiharbeitnehmer verhindert, umgekehrt aber keine Besserstellung gegenüber Arbeitnehmern des Entleihers erreicht werden. Die Branchenzuschlagstarife (z. B. § 2 Abs. 4 TV BZ Chemische Industrie) sehen daher teilweise vor, dass durch den Zuschlag ein Entgelt i. H. v. 90 % des Entgelts eines vergleichbaren Mitarbeiters beim Entleiher nicht überschritten werden muss.
Neben der Arbeitnehmerüberlassung ist der Einsatz von Werkvertragsunternehmern und Dienstleistern die in der Praxis relevanteste Form, Arbeiten im Betrieb durch einen Dritten erbringen zu lassen. Deren Beauftragung erfolgt vor allem aufgrund einer sinnvollen Spezialisierung von Unternehmen, Dienstleistern und Handwerksbetrieben in einer arbeitsteiligen Welt. Beschäftigte eines Werkvertragsunternehmers, die zur Erfüllung von Dienstleistungsaufträgen oder Werkverträgen in einem anderen Unternehmen eingesetzt werden, sind nicht selbst zur Arbeitsleistung überlassen und keine Leiharbeitnehmer. Sie unterstehen allein dem Direktionsrecht des Werkvertragsunternehmers und werden von diesem zur Erfüllung der von ihm geschuldeten Leistung eingesetzt. Sie sind zivilrechtlich Erfüllungsgehilfen des Werkunternehmers und nicht als Arbeitnehmer in den Betrieb des Kunden integriert (vgl. Pollert/Spieler, Arbeitnehmerüberlassung, 3. Aufl . 2011, S. 50 ff.).
Unerheblich sind die „Dichte“ der Werkvereinbarung und der Umfang des Pflichtenhefts, also wie konkret die einzelnen Aufgaben für eine Fremdfirma beschrieben werden (vgl. BAG, Urt. v. 18.1.2012 – 7 AZR 723/10 NZA-RR 2012, S. 455, zur Personenkontrolle am Flughafen). Entscheidend ist vor allem, dass der Fremdunternehmer über den Einsatz der konkreten Beschäftigten entscheidet, ihm das Weisungsrecht gegenüber seinen Arbeitnehmern (überwiegend) zusteht, und dass der Fremdunternehmer für die Erfüllung der Aufgaben und Pflichten letztlich verantwortlich ist.
| Wichtig |
Gegen einen Werkvertrag sprechen aber Vereinbarungen, nach denen einfache Arbeitsleistungen – offensichtlich unabhängig von ihrem Erfolg – erbracht werden sollen, z. B. Schreibarbeiten, Botendienste, einfache Maschinenbedienung oder einfache Dateneingaben, und diese Tätigkeiten in die Arbeitsabläufe im Betrieb des Auftraggebers eingegliedert sind. Dabei ist wichtig, von wem die arbeitsvertragsbezogenen Weisungen ausgehen. Wenn Arbeitnehmer des Auftraggebers in größerem Umfang Beschäftigte des Werkunternehmens direkt beauftragen und unter zeitlich-örtlichen Vorgaben auch personenbezogene Anweisungen erteilen, spricht dies für eine Arbeitnehmerüberlassung (LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 1.8.2013 – 2 Sa 6/13).
Eine „Atomisierung“ der bestellten Leistungen zu einer Summe von Kleinstleistungen über einen bestimmten Zeitraum lassen oft nicht mehr klar erkennen, ob noch ein Erfolg vom Fremdunternehmer erwartet wird, oder nur die Überlassung der Arbeitskraft für bezeichnete Aufgaben.
Dirk Pollert,
Rechtsanwalt und stv. Hauptgeschäftsführer Bayerischer Unternehmensverband Metall und Elektro e. V., München
Sven Spieler,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Roche Diagnostics GmbH, Penzberg