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Normenkontrolle gegen Besoldungsgesetz von NRW hat Erfolg

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Das Gesetz zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge 2013/2014 sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften im Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Juli 2013 ist teilweise verfassungswidrig. Es verstößt gegen das in der Landesverfassung ebenso wie im Grundgesetz garantierte Alimentationsprinzip, soweit die Besoldungsgruppen ab A 11 betroffen sind. Dies hat der Verfassungsgerichtshof mit am 1. Juli 2014 verkündetem Urteil entschieden. Das Urteil betrifft sowohl aktive als auch im Ruhestand befindliche Beamte und Richter, insgesamt etwa 80 % der Amtsträger des Landes.

Mit den auf Antrag von 92 Abgeordneten des nordrhein-westfälischen Landtags überprüften gesetzlichen Vorschriften hat der Gesetzgeber die Grundgehälter der Beamten und Richter, die den bei weitem größten Teil ihres Einkommens ausmachen, gestaffelt nach Besoldungsgruppen erhöht. Die Grundgehälter der Besoldungsgruppen A 2 bis A 10 sind entsprechend dem Ergebnis der Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst für die Jahre 2013 und 2014 um insgesamt 5,6 % angehoben worden. Für die Besoldungsgruppen A 11 und A 12 beträgt die Erhöhung der Grundgehälter insgesamt 2 %, für alle anderen Beamten und die Richter ist keine Erhöhung vorgesehen.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat ausgeführt:

Die mit der gestaffelten Anpassung der Bezüge verbundene Ungleichbehandlung von Angehörigen der Besoldungsgruppen A 2 bis A 10 einerseits und Angehörigen der übrigen Besoldungsgruppen andererseits verstoße evident gegen das Alimentationsprinzip. Da der Gesetzgeber für die Besoldungsgruppen A 2 bis A 10 eine Erhöhung der Besoldung um 5,6 % für sachgerecht gehalten habe, hätte er die Erhöhung der Grundgehaltssätze für die Besoldungsgruppen A 11 und A 12 nicht auf 2 % beschränken und jedenfalls nicht schon ab Besoldungsgruppe A 13 auf jede Erhöhung verzichten dürfen.

Grundsätzlich sei der Gesetzgeber verpflichtet, die Bezüge der Beamten und Richter an eine positive Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anzupassen. Aufgrund seines weiten Gestaltungsspielraums sei er aber nicht gehalten, die Tarifabschlüsse für die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst spiegelbildlich auf die Bezüge der Beamten und Richter zu übertragen; auch müsse er nicht die Bezüge für alle Beamten und Richter in gleichem Umfang erhöhen. Allerdings sei er nicht befugt, eine zeitlich unbefristete gestaffelte Anpassung mit Sprüngen zwischen den Besoldungsgruppen in dem vorliegenden Ausmaß vorzunehmen.

Ein sachlicher Grund für diese Sprünge liege nicht vor. Er sei nicht etwa darin zu finden, dass der Gesetzgeber eine Überalimentation habe abbauen wollen. Zu diesem Zweck dürfe der Gesetzgeber die Bezüge zwar kürzen oder mit einer Anpassung hinter der Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse zurückbleiben. Der Gesetzesbegründung lasse sich jedoch nicht entnehmen, dass eine Überalimentation der Beamten ab Besoldungsgruppe A 11 sowie der Richter angenommen worden sei.

Auch könne der Gesetzgeber die deutlich geringere oder gar vollständig ausgebliebene Anpassung der Bezüge nicht mit den unterschiedlichen Auswirkungen einer allgemeinen Teuerung rechtfertigen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Sprünge zwischen den Besoldungsgruppen dem Ausmaß der jeweiligen Belastung entsprächen. Zwar sei der Gesetzgeber auch befugt, die Haushaltslage und die Vorwirkungen der "Schuldenbremse" bei der Festsetzung der Bezüge zu berücksichtigen. Dies entbinde ihn jedoch nicht von der Beachtung des Alimentationsprinzips.

Ob die überprüften gesetzlichen Bestimmungen aus weiteren Gründen verfassungswidrig seien, habe der Verfassungsgerichtshof nicht abschließend untersucht.

Präsidentin Dr. Brandts wies in der mündlichen Begründung des Urteils darauf hin, in dem nunmehr durchzuführenden Gesetzgebungsverfahren werde der Gesetzgeber die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Vorgaben erneut zu prüfen haben. Dabei stehe ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu.

Die Leitsätze und das vollständige Urteil können auf der Internetseite des Verfassungsgerichtshofs (www.vgh.nrw.de) unter der Rubrik "Entscheidungen" abgerufen werden.

Quelle: Pressemitteilung des VGH NRW vom 1.7.2014


Stellungnahme des Deutschen Beamtenbunds

Dazu der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt zu dem Urteil: „Regierung und Landtag in Düsseldorf sind jetzt in der Pflicht, das verfassungswidrige Gesetz umgehend nachzubessern. Dabei muss insbesondere die zweijährige Nullrunde vom Tisch und der Ausschluss bestimmter Besoldungsgruppen von der Erhöhung rückgängig gemacht werden.“ Gleichzeitig wies der dbb Chef darauf hin, dass das heutige Urteil auch Signalwirkung für alle Besoldungsgesetzgeber in der Bundesrepublik habe: „Der Anspruch, an der  allgemeinen Einkommensentwicklung teilzuhaben, gilt für alle Beamtinnen und Beamten unabhängig davon, in welchen Land, bei welchem Dienstherrn und in welcher Besoldungsgruppe sie beschäftigt sind.“

 


Stellungnahme der GEW

"Eine tolle Nachricht kurz vor Ferienbeginn für rund 135.000 Lehrkräfte. Das für den Großteil der Lehrkräfte und andere Beamte geplante Sonderopfer darf es nicht geben“, sagte Dorothea Schäfer, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Nordrhein-Westfalen (NRW). „Das Urteil hat bundesweite Signalwirkung“, betonte Andreas Gehrke, für Tarif- und Beamtenpolitik verantwortliches GEW-Vorstandsmitglied, in Frankfurt a.M. Bemerkenswert eindeutig habe der NRW-Verfassungsgerichtshof das Besoldungsgesetz der Landesregierung für teilweise verfassungswidrig erklärt. Damit habe das Gericht im Grundsatz die Rechtsposition der GEW bestätigt und der rigorosen Sparpolitik zu Lasten der Beamtinnen und Beamten einen Riegel vorgeschoben.

 

Wegen der Spielräume, die das Gericht dem Gesetzgeber bei der Besoldung einräumt, erwartet die GEW NRW zügig Gespräche, wie dem Urteil entsprochen werden könne. Es sei klar, so Schäfer, dass die „Basta-Politik“ der Landesregierung im Vorjahr zu einem massiven Vertrauensverlust bei den Beschäftigten im öffentlichen Dienst geführt hat: „Das darf sich nicht wiederholen! Mehr als 100.000 Widersprüche gegen das Gesetz sind ein deutliches Votum der Kolleginnen und Kollegen gegen diese Sparpolitik.“

 

Ein weiterer Vertrauensverlust wäre die Folge, würde die Landesregierung nun die vor Gericht gescheiterte Variante einseitiger Sparpolitik durch bildungsfeindliche Stellenstreichungen ersetzen, betonte Schäfer. Die bildungspolitischen Ziele der Landesregierung erlaubten keine Stellenstreichungen. Streichungen zu Lasten der Schulen sowie der Lehrerinnen und Lehrer seien keine politische Alternative für die nun vor Gericht gescheiterte Politik.

 

„Das Land Bremen hat eine ähnliche Regelung beschlossen wie NRW. Auch diese Entscheidung steht nun auf dem Prüfstand“, unterstrich Gehrke.

 





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