Studie zur Einkommensgerechtigkeit
Ungerechtigkeit in der Entlohnung führt zu Leistungszurückhaltung und erhöhten Fehlzeiten. Außerdem zeigen Untersuchungen, dass anhaltende Ungerechtigkeit am Arbeitsplatz nicht nur zu psychischen, sondern auch zu physischen Krankheitssymptomen führt – etwa zur Zunahme an Herz- und Kreislauferkrankungen.Doch welches Einkommen ist überhaupt gerecht bzw. wird als solches empfunden?
In der Studie „Einkommensgerechtigkeit in Deutschland“ der Universitäten Konstanz und Bielefeld unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Liebig wurden im Jahr 2009 etwa 1.600 Personen befragt, die zu diesem Zeitpunkt ihren Wohnsitz in Deutschland hatten und über 18 Jahre alt waren. Dabei ging es um die Frage, wer wie viel verdienen sollte und woran sich ein gerechtes Einkommen bemisst.
Die wichtigsten Ergebnisse:
- Deutschland liegt bei der Ungleichheit der Nettoerwerbseinkommen unterhalb des Durchschnitts von 30 Industrienationen, weist aber seit Mitte der 1990er Jahre die stärkste Zunahme an Einkommensungleichheit auf.
- Der tatsächliche Anstieg der Ungleichheit des Brutto- und Nettoeinkommens wird von der Mehrzahl der Befragten der Studie kritisch bewertet.
- Etwa ein Drittel der Erwerbstätigen beurteilen ihr eigenes Bruttoeinkommen als gerecht, etwa zwei Drittel als ungerechterweise zu niedrig und nur eine sehr kleine Minderheit als ungerechterweise zu hoch.
- Menschen mit hohem Einkommen sowie Beamte und Angestellte beurteilen ihr Einkommen zu einem größeren Teil als gerecht.
- Bemerkenswert ist, dass sich die Einschätzung zwischen erwerbstätigen Frauen und Männern kaum unterscheidet. Bemerkenswert deshalb, weil der Abstand im Einkommen zwischen Männern und Frauen in Deutschland bei 23 % liegt und vor diesem Hintergrund zu erwarten gewesen wäre, dass Frauen ihr Bruttoeinkommen als ungerechter bewerten als Männer.
- Als wichtigstes Merkmal für die Bemessung eines gerechten Lohns wurde die Leistung genannt.
- Darüber hinaus sprechen sich die Befragten dafür aus, dass die Berufserfahrung, die Ausbildung und die Art des ausgeübten Berufs bei der Festsetzung des Lohnes eine wichtige Rolle spielen sollen.
- Außerdem sollten sich die Dauer der Betriebszugehörigkeit und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens im jeweiligen Einkommen widerspiegeln.
- Bei der direkten Befragung werden vor allem der eigenen Person zugute kommende Merkmale befürwortet. Das Geschlecht spielt dabei keine Rolle.
- Werden aber Fallbeispiele abgefragt, dann ändert sich dieses Bild: Das Geschlecht spielt eine Rolle, und zwar in dem Sinne, dass Männern mehr Einkommen zugestanden wird als Frauen mit ansonsten gleichen Merkmalen (Ausbildung, Alter etc.)!
Fazit: Die tatsächlichen Lohnungleichheiten zwischen Frauen und Männern existieren auch deshalb, weil es aus der Sicht vieler Beteiligten immer noch „gerecht“ ist, Männer besser zu bezahlen als Frauen.
Eine Zusammenfassung der Ergebnisse finden Sie im Dateianhang.