VBL-Beitrag mindert Ausbildungsvergütung beim Kindergeld nicht
Beiträge des gesetzlich rentenversicherten Kindes zu einer tarifvertraglich vereinbarten VBL-Pflichtversicherung sind bei der Grenzbetragsprüfung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht von dessen Einkünften und Bezügen abzuziehen.
Beiträge des gesetzlich rentenversicherten Kindes zu einer tarifvertraglich vereinbarten VBL-Pflichtversicherung sind bei der Grenzbetragsprüfung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht von dessen Einkünften und Bezügen abzuziehen.
Mit den Entscheidungen
• vom 17.06.2010, Az. III R 59/09, BStBl II 2011, Seite 121 und
• vom 25.11.2010, Az. III R 23/10 (noch nicht amtlich veröffentlicht)
hat der BFH eine erfreuliche Klarstellung herbeigeführt. In der Vergangenheit haben viele Berechtigte und deren Vertreter bei diesem Punkt eine ungerechtfertigte Benachteilung gesehen, wenn Familienkassen die Beiträge zu der VBL-Pflichtversicherung bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge unberücksichtigt ließen.
Ausgangssituation
Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, die eine Beteilungsvereinbarung mit der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) abgeschlossen haben, führen nicht nur für ihre Beschäftigten, sondern auch für die Auszubildenden Beiträge in diese Pflichtversicherung ab. Diese Pflichtversicherung ist tarifvertraglich vorgeschrieben und wird damit zum Bestandteil des Ausbildungsvertrages.
Durch die Rechtsprechung des BVerfG zur Abzugsfähigkeit von Sozialversicherungsbeiträgen (2 BvR 167/02 vom 11.01.2005) und
nachfolgend des BFH zu den
• Beiträgen für eine private Kranken- und Pflegeversicherung (III R 24/06),
• Beiträgen als freiwilliges Mitglied zu einer gesetzlichen Krankenversicherung (III R 74/05)
wurden Aufwendungen des Kindes definiert, die bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge abgezogen werden, da sie dem Kind nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts oder der Berufsausbildung zur Verfügung stehen.
Es handelt sich dabei in der Regel um Aufwendungen, die dem Kind deshalb nicht zur Verfügung stehen, weil über sie von dritter Seite (i.d.R. durch den Arbeitgeber auf Grund gesetzlicher Regelung) verfügt wird, ohne dass sie in den Verfügungsbereich des Kindes gelangen und es eine entsprechende eigene Entscheidung über die Verwendung getroffen hätte.
Demgegenüber werden nach der BFH-Rechtsprechung bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge
• Beiträge für eine private Rentenversicherung (III R 54/06 + III R 4/07),
• Beiträge für eine private Berufsunfähigkeitsversicherung (III R 54/06),
• Beiträge für eine private Zusatzkrankenversicherung (III R 4/07),
• Beiträge für eine Kfz-Haftpflichtversicherung (III R 4/07) und
• die Lohnsteuer, die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag (III R 4/07)
nicht mindernd berücksichtigt.
Mit Ausnahme der Lohn-, Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags handelt es sich dabei typischerweise um eine vom Willen des Kindes getragenen Entscheidung zur Einkommensverwendung, wobei für die entsprechende Verwendung keine existentiellen Gründe sprechen.
Obwohl die Formulierung in DA 63.4.3 Satz 2 den Eindruck erwecken kann, dass es sich um eine vollständige Auflistung der sonstigen nicht abziehbaren Beträge handelt, ist diese Aufzählung durch die aktuelle Entscheidung des BFH zu erweitern.
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
Der Bundesfinanzhof hat mit den Urteilen vom 17.06.2010, Az. III R 59/09 und 25.11.2010, Az. III R 23/10 seine bisherige Rechtsprechung, Urteil vom 26.09.2007, Az. III R 4/07, BStBl II 2008, S. 738, vorgeführt, wonach Aufwendungen des Kindes, die gesetzlich nicht vorgeschrieben sind die Einkünfte und Bezüge des Kindes nicht mindern dürfen.
Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG besteht für ein volljähriges Kind dann Anspruch auf Kindergeld, wenn seine Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, den Grenzbetrag nicht übersteigen.
Der Begriff der Einkünfte im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entspricht dem in § 2 Abs. 2 EStG gesetzlich definierten Begriff und ist je nach Einkunftsart als Gewinn oder als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen. Erzielt das Kind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sind daher von den Bruttoeinnahmen die Werbungskosten abzuziehen. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, Az. 2 BvR 167/02, würde eine andere Auslegung des Begriffs der Einkünfte, die von der bisherigen überlieferten steuerlichen Terminologie abwiche, dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang widersprechen und damit auch dem klar geäußerten Willen des Gesetzgebers.
Grundzüge der bisherigen Rechtsprechung
Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts verstößt jedoch die Berücksichtigung der – einkommensteuerrechtlich den Sonderausgaben zuzurechnenden – Sozialversicherungsbeiträge als Einkünfte des Kindes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil Eltern mit sozialversicherungspflichtigen Kindern, deren Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag nur wegen der als Einkünfte behandelten Sozialversicherungsbeiträge überschritten, gegenüber Eltern mit nicht sozialversicherungspflichtigen Kindern benachteiligt seien, deren Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag nicht übersteigen. Daher seien im Wege verfassungskonformer Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG Einkünfte –ebenso wie die Bezüge– nur zu berücksichtigen, soweit sie zur Bestreitung des Unterhalts und der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet seien. Somit seien diejenigen Beträge, die – wie die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge – “von Gesetzes” wegen dem Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht für den Unterhalt zur Verfügung stünden und deshalb die Eltern finanziell nicht entlasten könnten, nicht als Einkünfte anzusetzen. Es ist daher jeweils im Einzelfall zu prüfen, welche Teile der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG wegen eines sonst vorliegenden Grundrechtsverstoßes im Wege verfassungskonformer Einschränkung nicht angesetzt werden dürfen.
Entsprechend diesen Grundsätzen hat der Bundesfinanzhof durch Urteil vom 26.09.2007, Az. III R 4/07, entschieden, dass die Beiträge eines gesetzlich rentenversicherten Kindes zu privaten Rentenversicherungen bei der Ermittlung der kindergeldschädlichen Einkünfte und Bezüge nicht von den Einkünften abzuziehen seien.
Denn bei den Beiträgen zu privaten Rentenversicherungen eines gesetzlich rentenversicherten Kindes handele es sich nicht um unvermeidbare Aufwendungen. Sie dienen nicht der aktuellen Existenzsicherung des Kindes, sondern einer über das staatliche Mindestmaß hinausgehenden Versorgung für künftige Zeiten.
Konsequenzen aus der bisherigen Rechtsprechung
Soweit das Kind in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist, mindern die Beiträge zur VBL-Pflichtversicherung die Bemessungsgröße des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht. Die Einbeziehung der VBL-Pflichtversicherungsbeiträge in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verstößt dann nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Eine gesetzliche Versicherungspflicht bei der VBL bzw. eine gesetzliche Verpflichtung zur Entrichtung von Beiträgen zur sogenannten VBL-Pflichtversicherung besteht nicht. Für die Entscheidung, ob Einkünfte dem Kind von Gesetzes wegen nicht zur Verfügung stehen, ist maßgeblich, ob sich das Kind der Zahlung aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung nicht entziehen kann.
Mit dem Urteil vom 16.11.2006, Az. III R 74/05, BStBl 2007 II, Seite 527, hat der BFH klargestellt, dass es nicht entscheidend sei, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist die entsprechenden Beträge einzubehalten.
Die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder beruht nicht auf einer gesetzlichen Regelung. Vielmehr verweist der jeweilige Ausbildungsvertrag bei den Auszubildenden im öffentlichen Dienst auf tarifvertragliche Vorschriften. Ausschließlich aus diesen ergibt sich die Versicherungspflicht. Durch die Bezugnahme in einem Ausbildungs- bzw. Arbeitsvertrag auf tarifliche Regelungen werden diese zum Inhalt des Ausbildungsvertrags. Wenn danach Anteile der Einkünfte und Bezüge als Versicherungsbeiträge einbehalten und abgeführt werden, beruht dies auf Tarifvereinbarungen, die im Interesse der Beschäftigten ausgehandelt werden und die sich das auszubildende Kind zurechnen lassen muss.
Fazit
Die Versicherungsbeiträge zur VBL-Pflichtversicherung sind damit, so der Bundesfinanzhof, nicht als unvermeidbare und damit zwangsläufige Aufwendungen einzustufen.
Unvermeidbar sind nach dem BFH-Urteil vom 14.12.2006, Az. III R 24/06, BStBl II 2007, S. 530, nur Aufwendungen für einen existenziell notwendigen Versicherungsschutz, der zur Absicherung gegen existenzgefährdende Wechselfälle des Lebens dient.
Die VBL-Pflichtversicherung ist gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung eine zusätzliche Absicherung. Ihre Leistungen bestehen nach § 25 der VBL-Satzung in der Zahlung von Betriebsrenten (Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente). Selbst wenn die VBL-Pflichtversicherung im Grundsatz dieselben Risiken abdeckt wie die gesetzliche Rentenversicherung, handelt es sich dennoch nicht um eine gesetzliche, sondern lediglich private Leistungsverpflichtung.
Auch nach den zivilrechtlichen Unterhaltsregelungen sind Eltern, deren Kinder sich in Ausbildung befinden, nicht verpflichtet, die Kosten für die Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenvorsorge zu zahlen. Eine solche über das gesetzliche Maß hinausgehende Vorsorge gehört nicht zum Lebensbedarf des Kindes i.S. des § 1610 Abs. 2 BGB.
Mit Hinweis auf das BFH-Urteil vom 26.09.2007, Az. III R 4/07, BStBl II 2008, Seite 738, wird nur durch die Einbeziehung der VBL-Beiträge in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) eine mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbare Ungleichbehandlung mit den Fällen vermieden, in denen sich das Kind in Berufsausbildung befindet, in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist und sich ohne verpflichtende tarifvertraglichen Vorschrift zusätzlich privat gegen dieselben Risiken versichert, wie sie die VBL-Pflichtversicherung abdeckt. Die Beiträge zu einer solchen privaten Rentenversicherung sind bei der Prüfung, ob die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Jahresgrenzbetrag überschreiten, nicht abziehbar. Denn wenn für die Abziehbarkeit von Rentenversicherungsbeiträgen im Ergebnis allein der Inhalt des betreffenden Tarifvertrags maßgeblich wäre, würden Eltern ungerechtfertigt benachteiligt, deren Kinder ohne eine entsprechende tarifvertragliche Vorschrift eine private Altersvorsorge treffen.
rwh
Mit den Entscheidungen
• vom 17.06.2010, Az. III R 59/09, BStBl II 2011, Seite 121 und
• vom 25.11.2010, Az. III R 23/10 (noch nicht amtlich veröffentlicht)
hat der BFH eine erfreuliche Klarstellung herbeigeführt. In der Vergangenheit haben viele Berechtigte und deren Vertreter bei diesem Punkt eine ungerechtfertigte Benachteilung gesehen, wenn Familienkassen die Beiträge zu der VBL-Pflichtversicherung bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge unberücksichtigt ließen.
Ausgangssituation
Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, die eine Beteilungsvereinbarung mit der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) abgeschlossen haben, führen nicht nur für ihre Beschäftigten, sondern auch für die Auszubildenden Beiträge in diese Pflichtversicherung ab. Diese Pflichtversicherung ist tarifvertraglich vorgeschrieben und wird damit zum Bestandteil des Ausbildungsvertrages.
Durch die Rechtsprechung des BVerfG zur Abzugsfähigkeit von Sozialversicherungsbeiträgen (2 BvR 167/02 vom 11.01.2005) und
nachfolgend des BFH zu den
• Beiträgen für eine private Kranken- und Pflegeversicherung (III R 24/06),
• Beiträgen als freiwilliges Mitglied zu einer gesetzlichen Krankenversicherung (III R 74/05)
wurden Aufwendungen des Kindes definiert, die bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge abgezogen werden, da sie dem Kind nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts oder der Berufsausbildung zur Verfügung stehen.
Es handelt sich dabei in der Regel um Aufwendungen, die dem Kind deshalb nicht zur Verfügung stehen, weil über sie von dritter Seite (i.d.R. durch den Arbeitgeber auf Grund gesetzlicher Regelung) verfügt wird, ohne dass sie in den Verfügungsbereich des Kindes gelangen und es eine entsprechende eigene Entscheidung über die Verwendung getroffen hätte.
Demgegenüber werden nach der BFH-Rechtsprechung bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge
• Beiträge für eine private Rentenversicherung (III R 54/06 + III R 4/07),
• Beiträge für eine private Berufsunfähigkeitsversicherung (III R 54/06),
• Beiträge für eine private Zusatzkrankenversicherung (III R 4/07),
• Beiträge für eine Kfz-Haftpflichtversicherung (III R 4/07) und
• die Lohnsteuer, die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag (III R 4/07)
nicht mindernd berücksichtigt.
Mit Ausnahme der Lohn-, Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags handelt es sich dabei typischerweise um eine vom Willen des Kindes getragenen Entscheidung zur Einkommensverwendung, wobei für die entsprechende Verwendung keine existentiellen Gründe sprechen.
Obwohl die Formulierung in DA 63.4.3 Satz 2 den Eindruck erwecken kann, dass es sich um eine vollständige Auflistung der sonstigen nicht abziehbaren Beträge handelt, ist diese Aufzählung durch die aktuelle Entscheidung des BFH zu erweitern.
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
Der Bundesfinanzhof hat mit den Urteilen vom 17.06.2010, Az. III R 59/09 und 25.11.2010, Az. III R 23/10 seine bisherige Rechtsprechung, Urteil vom 26.09.2007, Az. III R 4/07, BStBl II 2008, S. 738, vorgeführt, wonach Aufwendungen des Kindes, die gesetzlich nicht vorgeschrieben sind die Einkünfte und Bezüge des Kindes nicht mindern dürfen.
Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG besteht für ein volljähriges Kind dann Anspruch auf Kindergeld, wenn seine Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, den Grenzbetrag nicht übersteigen.
Der Begriff der Einkünfte im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entspricht dem in § 2 Abs. 2 EStG gesetzlich definierten Begriff und ist je nach Einkunftsart als Gewinn oder als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen. Erzielt das Kind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sind daher von den Bruttoeinnahmen die Werbungskosten abzuziehen. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, Az. 2 BvR 167/02, würde eine andere Auslegung des Begriffs der Einkünfte, die von der bisherigen überlieferten steuerlichen Terminologie abwiche, dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang widersprechen und damit auch dem klar geäußerten Willen des Gesetzgebers.
Grundzüge der bisherigen Rechtsprechung
Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts verstößt jedoch die Berücksichtigung der – einkommensteuerrechtlich den Sonderausgaben zuzurechnenden – Sozialversicherungsbeiträge als Einkünfte des Kindes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil Eltern mit sozialversicherungspflichtigen Kindern, deren Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag nur wegen der als Einkünfte behandelten Sozialversicherungsbeiträge überschritten, gegenüber Eltern mit nicht sozialversicherungspflichtigen Kindern benachteiligt seien, deren Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag nicht übersteigen. Daher seien im Wege verfassungskonformer Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG Einkünfte –ebenso wie die Bezüge– nur zu berücksichtigen, soweit sie zur Bestreitung des Unterhalts und der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet seien. Somit seien diejenigen Beträge, die – wie die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge – “von Gesetzes” wegen dem Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht für den Unterhalt zur Verfügung stünden und deshalb die Eltern finanziell nicht entlasten könnten, nicht als Einkünfte anzusetzen. Es ist daher jeweils im Einzelfall zu prüfen, welche Teile der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG wegen eines sonst vorliegenden Grundrechtsverstoßes im Wege verfassungskonformer Einschränkung nicht angesetzt werden dürfen.
Entsprechend diesen Grundsätzen hat der Bundesfinanzhof durch Urteil vom 26.09.2007, Az. III R 4/07, entschieden, dass die Beiträge eines gesetzlich rentenversicherten Kindes zu privaten Rentenversicherungen bei der Ermittlung der kindergeldschädlichen Einkünfte und Bezüge nicht von den Einkünften abzuziehen seien.
Denn bei den Beiträgen zu privaten Rentenversicherungen eines gesetzlich rentenversicherten Kindes handele es sich nicht um unvermeidbare Aufwendungen. Sie dienen nicht der aktuellen Existenzsicherung des Kindes, sondern einer über das staatliche Mindestmaß hinausgehenden Versorgung für künftige Zeiten.
Konsequenzen aus der bisherigen Rechtsprechung
Soweit das Kind in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist, mindern die Beiträge zur VBL-Pflichtversicherung die Bemessungsgröße des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht. Die Einbeziehung der VBL-Pflichtversicherungsbeiträge in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verstößt dann nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Eine gesetzliche Versicherungspflicht bei der VBL bzw. eine gesetzliche Verpflichtung zur Entrichtung von Beiträgen zur sogenannten VBL-Pflichtversicherung besteht nicht. Für die Entscheidung, ob Einkünfte dem Kind von Gesetzes wegen nicht zur Verfügung stehen, ist maßgeblich, ob sich das Kind der Zahlung aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung nicht entziehen kann.
Mit dem Urteil vom 16.11.2006, Az. III R 74/05, BStBl 2007 II, Seite 527, hat der BFH klargestellt, dass es nicht entscheidend sei, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist die entsprechenden Beträge einzubehalten.
Die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder beruht nicht auf einer gesetzlichen Regelung. Vielmehr verweist der jeweilige Ausbildungsvertrag bei den Auszubildenden im öffentlichen Dienst auf tarifvertragliche Vorschriften. Ausschließlich aus diesen ergibt sich die Versicherungspflicht. Durch die Bezugnahme in einem Ausbildungs- bzw. Arbeitsvertrag auf tarifliche Regelungen werden diese zum Inhalt des Ausbildungsvertrags. Wenn danach Anteile der Einkünfte und Bezüge als Versicherungsbeiträge einbehalten und abgeführt werden, beruht dies auf Tarifvereinbarungen, die im Interesse der Beschäftigten ausgehandelt werden und die sich das auszubildende Kind zurechnen lassen muss.
Fazit
Die Versicherungsbeiträge zur VBL-Pflichtversicherung sind damit, so der Bundesfinanzhof, nicht als unvermeidbare und damit zwangsläufige Aufwendungen einzustufen.
Unvermeidbar sind nach dem BFH-Urteil vom 14.12.2006, Az. III R 24/06, BStBl II 2007, S. 530, nur Aufwendungen für einen existenziell notwendigen Versicherungsschutz, der zur Absicherung gegen existenzgefährdende Wechselfälle des Lebens dient.
Die VBL-Pflichtversicherung ist gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung eine zusätzliche Absicherung. Ihre Leistungen bestehen nach § 25 der VBL-Satzung in der Zahlung von Betriebsrenten (Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente). Selbst wenn die VBL-Pflichtversicherung im Grundsatz dieselben Risiken abdeckt wie die gesetzliche Rentenversicherung, handelt es sich dennoch nicht um eine gesetzliche, sondern lediglich private Leistungsverpflichtung.
Auch nach den zivilrechtlichen Unterhaltsregelungen sind Eltern, deren Kinder sich in Ausbildung befinden, nicht verpflichtet, die Kosten für die Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenvorsorge zu zahlen. Eine solche über das gesetzliche Maß hinausgehende Vorsorge gehört nicht zum Lebensbedarf des Kindes i.S. des § 1610 Abs. 2 BGB.
Mit Hinweis auf das BFH-Urteil vom 26.09.2007, Az. III R 4/07, BStBl II 2008, Seite 738, wird nur durch die Einbeziehung der VBL-Beiträge in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) eine mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbare Ungleichbehandlung mit den Fällen vermieden, in denen sich das Kind in Berufsausbildung befindet, in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist und sich ohne verpflichtende tarifvertraglichen Vorschrift zusätzlich privat gegen dieselben Risiken versichert, wie sie die VBL-Pflichtversicherung abdeckt. Die Beiträge zu einer solchen privaten Rentenversicherung sind bei der Prüfung, ob die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Jahresgrenzbetrag überschreiten, nicht abziehbar. Denn wenn für die Abziehbarkeit von Rentenversicherungsbeiträgen im Ergebnis allein der Inhalt des betreffenden Tarifvertrags maßgeblich wäre, würden Eltern ungerechtfertigt benachteiligt, deren Kinder ohne eine entsprechende tarifvertragliche Vorschrift eine private Altersvorsorge treffen.
rwh
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