Gleitzeit, Rahmenzeit, Mitbestimmung und Weisungsrecht
Chancen und Möglichkeiten der Gleitzeit, Rahmenzeit, Mitbestimmung und Weisungsrecht, sowie deren Auswirkungen im Rahmen des TVöD.
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Ein Hauptziel der Reform des öffentlichen Tarifrechts war die Schaffung von mehr Flexibilität bei der Ausgestaltung von Arbeitsverhältnissen, nicht nur bezogen auf das Entgelt. Dieser Ansatz findet sich daher in verschiedenen Regelungsbereichen des Tarifwerkes wieder, vor allem bei der Arbeitszeitregelung. Der TVöD eröffnet in den §§ 6 ff. weitreichende Möglichkeiten zur Ausgestaltung von Arbeitszeitmodellen. Darüber hinaus enthält der Tarifvertrag Öffnungsklauseln, welche die individuelle Anpassung der tariflichen Regelungen auf betrieblicher Ebene ermöglichen. So können die Arbeitgeber zusammen mit der Personalvertretung die speziellen Bedürfnisse vor Ort über eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung ausgestalten. Hierzu zählen die Instrumente der Rahmenzeit und des Arbeitszeitkorridors nach § 6 Abs. 6 und Abs. 7 TVöD, die dem Arbeitgeber größeren Einfluss auf die Arbeitszeitbestimmung bieten.
Obwohl seit Einführung des TVöD einige Zeit vergangen ist, gibt es bei der Umsetzung der neuen tariflichen Möglichkeiten häufig noch Fragen zum Zusammenspiel mit den bisher schon bekannten Instrumenten der Arbeitszeitflexibilisierung. Maßgeblich gehört dazu die auch im öffentlichen Dienst weit verbreitete Gleitzeit, die dem Arbeitnehmer eine gewisse Zeitsouveränität eröffnet. In den Veröffentlichungen zum TVöD/TV-L wird einhellig vertreten, dass Rahmenzeit oder Arbeitszeitkorridor einerseits, Gleitzeitregelungen andererseits im Sinne der Protokollerklärung zu § 6 TVöD kumulativ nebeneinander Anwendung finden können, ohne jedoch zu klären, wie sich die unterschiedlichen Zielsetzungen zueinander verhalten und welche Auswirkungen dies für die praktische Umsetzung hat.
Mit dieser Thema beschäftigt sich Prof. Kai Litschen ausführlich in seinem Beitrag in der Zeitschrift ZTR.
Er kommt zu dem Schluss:
Die Instrumente Rahmenzeit und Arbeitszeitkorridor gemäß § 6 Abs. 6 und 7 TVöD erweisen sich gerade im Zusammenhang mit einer Gleitzeitvereinbarung als „versteckte Perle“ im TVöD, die leider nur selten in der Praxis auch erkannt wird. Reine Gleitzeitregelungen besitzen für den Arbeitgeber den Nachteil, dass im Bedarfsfall der Arbeitnehmer nicht verpflichtet werden kann, die Arbeit innerhalb der Gleitzeit aufzunehmen. Er benötigt dafür zumindest die Zustimmung der Arbeitnehmervertretung. Insbesondere bei Arbeitsplätzen mit schwankendem Arbeitsanfall im Tagesablauf kann dies ein Argument gegen die Einführung der Zeitsouveränität für die Arbeitnehmer sein.
Um beiden Interessenlagen gerecht zu werden, verbindet die Kombination von Gleitzeit mit Rahmenzeit oder Arbeitszeitkorridor die grundsätzliche Freiheit der Arbeitnehmer zur Bestimmung ihrer Arbeitszeit mit einem weitgehenden Weisungsrecht des Arbeitgebers in einem überschaubaren und daher wenig belastenden Rahmen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die positiv besetzte Gleitzeit nicht aufgrund der besonderen Anforderungen des Arbeitsplatzes verhindert wird. Der Arbeitgeber kann sich sicher sein, dass der Arbeitnehmer im Bedarfsfall zur Verfügung steht, ohne dass ein umfangreiches Mitbestimmungsverfahren durchgeführt werden muss.