Kein Mitbestimmungsrecht bei Formulararbeitsverträgen
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezieht sich nicht auf die Verwendung von Arbeitsvertragsformularen als solches, sondern nur auf persönliche Angaben in solchen Formularen.
Sachverhalt:
Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verlangte ein Betriebsrat von einem Unternehmer, ein bestimmtes Arbeitsvertragsformular nicht ohne seine Zustimmung zu verwenden.
Das Einzelhandelsunternehmen mit mehreren Filialen verwendet für den Abschluss von Arbeitsverträgen mit befristet eingestellten Arbeitnehmern ein spezielles Formular. In den vorgegebenen Feldern werden persönliche Daten abgefragt zu Geburtstag, Familienstand, Konfession und Staatsangehörigkeit.
Der Arbeitgeber hat den örtlich gebildeten Betriebsrat bei der Einführung des Formulars nicht beteiligt. Dieser forderte den Unternehmer daher im Juni 2010 auf, die Verwendung des Formulars zu unterlassen, solange die Zustimmung nicht erfolgt ist. Die Bezirksleitung teilte dem Betriebsrat im Juli 2010 telefonisch mit, dass die Verwendung ab August 2010 erfolge.
Die Frage nach Familienstand, Konfession und Staatsangehörigkeit stelle einen Verstoß gegen die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes dar, zudem handele es sich um persönliche Angaben gemäß § 94 Abs. 2 BetrVG.
Auch werde durch die Verwendung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG unterlaufen.
Das Arbeitsgericht Würzburg entschied zu Gunsten des Betriebsrats. Nach § 23 BetrVG bestehe ein allgemeiner Unterlassungsanspruch. Die verlangten Angaben zu Konfession und Staatsangehörigkeit gingen über die Feststellung der reinen Personalien hinaus.
Der Unternehmer legte nach Zustellung des Beschlusses Beschwerde beim Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg ein. Er machte geltend, allgemeine Arbeitsbedingungen – auch in Formulararbeitsverträgen – unterlägen nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Im Übrigen sei ein Arbeitnehmer nicht gehindert, falsche Angaben zu machen.
Entscheidung:
Das LAG Nürnberg änderte den Beschluss wieder ab. Das LAG führte aus, dass dem Betriebsrat zwar ein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf persönliche Angaben in schriftlichen Arbeitsverträgen zustehe. Der Antrag des Betriebsrats auf Untersagung der Verwendung der Formulare sei im Hinblick auf die einzelnen Angaben jedoch zu weit gefasst.
Sieht der Arbeitgeber in den Formularen persönliche Angaben wie Staatsangehörigkeit und Konfession vor, bedürfen nur diese der Mitbestimmung, nicht aber die übrigen Angaben und das Formular als solches. Es kann daher nur die Aufnahme dieser persönlichen Angaben als betriebsverfassungswidrig angesehen werden. Der Betriebsrat kann somit nicht gegen die Verwendung des Formulars vorgehen.
Der Betriebsrat kann also allenfalls die Unterlassung der Abfrage oder Aufnahme solcher persönlicher Angaben in Arbeitsvertragsformularen verlangen, nicht aber die Unterlassung der Verwendung der Formulare als Ganzes. Beansprucht er die Unterlassung als Ganzes, handelt es sich um einen unbegründeten zu weit gehenden Globalantrag.
Schließt der Arbeitgeber die Arbeitsverträge von der Zentrale aus, von der aus er auch die gesamte Personalpolitik steuert, ist für die Angaben in betriebsübergreifend verwendete Formulararbeitsverträge der Gesamtbetriebsrat zuständig.
Landesarbeitsgericht Nürnberg, Beschluss vom 21.12.2010, Aktenzeichen: 6 TaBVGa 12/10
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Claudia Ehrenfeuchter, Ass.jur Text und Recht
