Diskriminierung wegen des Geschlechts?
In einem Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht verlangte eine Klägerin – ohne Erfolg – Entschädigung wegen einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Sie stützte den Vorwurf der Diskriminierung darauf, dass die beklagte Arbeitgeberin eine Kündigung vorläufig aufrechterhielt und während einer Schwangerschaft zunächst keine Vergütung leistete.
Sachverhalt
Die Klägerin war bei der beklagten Arbeitgeberin seit 6.7.2010 befristet bis 5.7.2012 als Personalsachbearbeiterin beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 18.11.2010 zum 3.12.2010. Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt schwanger und teilte der Beklagten die Schwangerschaft unter Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung mit Schreiben vom 22.11.2010 mit. Sie forderte die Beklagte auf, innerhalb einer Woche mitzuteilen, dass sie an der Kündigung „nicht festhalte“, damit sie keine Klage erheben müsse. Das erklärte die Beklagte zunächst nicht. Die Beklagte leistete die Vergütung für die Zeit vom 22.11.2010 bis Februar 2011 zunächst nicht. Die Klägerin erhob Kündigungsschutz- und Zahlungsklage. Eine betriebsärztliche Untersuchung auf Aufforderung der Beklagten bestätigte am 22.12.2010 die Schwangerschaft und das Beschäftigungsverbot. Nach einem erfolglosen Gütetermin und gescheiterten außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen „nahm“ die Beklagte die Kündigung mit Schreiben vom 9.2.2011 „zurück“. Im Kammertermin vom 5.5.2011 erkannte die Beklagte die Kündigungsschutzklage an. Daraufhin stellte das Arbeitsgericht rechtskräftig fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde.
Die Klägerin verlangt eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern. Sie meint, sie sei aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert worden. Das folge daraus, dass die Beklagte an der Kündigung zunächst trotz positiver Kenntnis der Schwangerschaft festgehalten und die Vergütung nicht gezahlt habe.
Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe die Klägerin nicht diskriminiert, weil die Kündigung in Unkenntnis der Schwangerschaft ausgesprochen und im Anschluss an den Nachweis „zurückgenommen“ worden sei. Die Unwirksamkeit der Kündigung nach § 9 MuSchG sei eine genügende Sanktion.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Entschädigungsklage abgewiesen.
Prozessergebnis
Die Klägerin hatte auch vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg.
Begründung
Wird einer Arbeitnehmerin gekündigt, ohne dass Kenntnis von ihrer Schwangerschaft bei Zugang der Kündigungserklärung besteht, so ist weder die Kündigung selbst noch ein „Festhalten“ an der Kündigung Indiz für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts.
Die Kündigung konnte schon deswegen keine Benachteiligung der Klägerin aufgrund ihres weiblichen Geschlechts sein, weil die Arbeitgeberin bei der Erklärung der Kündigung keine Information über die Schwangerschaft der Klägerin hatte. Die verlangte Rücknahme der Kündigung war rechtstechnisch nicht möglich, über die Notwendigkeit einer einvernehmlichen Verständigung der Parteien zeigte sich die Klägerin nicht hinreichend informiert. Ein Streit darüber, ob die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 11 MuSchG auf Zahlung von Mutterschutzlohn vorliegen, ist für sich genommen nicht schon deswegen eine Diskriminierung, weil nur Frauen diesen besonderen Anspruch geltend machen können.
BAG U.v. 17.10.2013
Az. 8 AZR 742/12
Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 63/13 vom 17.10.2013 und Terminvorschau
Bernhard Faber
Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.