Stufenzuordnung nach § 16 (Bund) TVöD
Das Bundesministerium des Innern (BMI) hat mit Rundschreiben vom 21.November 2013 (D5 – 31002/7#7) aufgrund der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.2.2013 – 6 AZR 524/11 – ZTR 2013, 308 – zur Anrechnung von Erfahrungszeiten bei der Stufenzuordnung und der Stufenlaufzeit von Beschäftigten, die aus einem oder mehreren unmittelbar aneinander anschließenden Arbeitsverhältnissen in ein neues Arbeitsverhältnis zum Bund wechseln, klarstellende Hinweise für die Praxis gegeben.
Hier der wesentliche Inhalt des Rundschreibens.
Das BAG ist in seinem Urteil vom 21.2.2013 zu § 16 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) von seiner bisherigen Linie abgewichen; mit Blick auf das Diskriminierungsverbot nach § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG und die entsprechende EuGH-Rechtsprechung stellt es bei der Berücksichtigung von Berufserfahrung aus vorherigen befristeten Arbeitsverhältnissen zum selben Arbeitgeber erstmals auf eine gebotene Gleichbehandlung befristet Beschäftigter mit Dauerbeschäftigten anstatt mit Neueingestellten ab. Das Urteil erging zwar zu § 16 TV-L, wegen der ähnlichen Systematik und der grundlegenden, nicht nur auf den TV-L bezogenen Veränderung des Vergleichsmaßstabs sind auch für den Bund generelle Konsequenzen aus dem Urteil zu ziehen:
1. Wiedereinstellung nach befristeter Beschäftigung ist eine Einstellung
Bei erneuter Einstellung eines Beschäftigten im unmittelbaren Anschluss an ein vorheriges befristetes Arbeitsverhältnis zum Bund handelt es sich um eine Einstellung i. S. des § 16 (Bund) TVöD und nicht nur um eine bloße Weiterbeschäftigung. Damit richtet sich die Stufenzuordnung nach § 16 (Bund) TVöD. Die bisherige Rechtsprechung in diesem Sinn hat das BAG ausdrücklich bestätigt.
2. Volle Berücksichtigung von Zeiten einschlägiger Berufserfahrung aus dem vorherigen Arbeitsverhältnis zum Bund
Im TVöD wird die Berufserfahrung durch einen Aufstieg in den Stufen honoriert. Für das Erreichen der jeweils nächsten Stufe werden in einem zum Bund fortbestehenden Arbeitsverhältnis alle Zeiten ununterbrochener Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe berücksichtigt, sofern keine schädlichen Unterbrechungen vorliegen (§ 16 (Bund) Abs. 4 i. V. m. § 17 Abs. 3 TVöD). Um bei der Anrechnung einschlägiger Berufserfahrung befristet Beschäftigte gegenüber dauerhaft Beschäftigten nicht zu benachteiligen, ist es daher geboten, Zeiten einschlägiger Berufserfahrung aus vorherigen befristeten Arbeitsverhältnissen zum Bund in vollem Umfang sowohl bei der Stufenzuordnung als auch danach verbleibende Reste bei der Stufenlaufzeit anzurechnen, sofern zwischen den Arbeitsverhältnissen keine schädlichen Unterbrechungszeiten i. S. des § 17 Abs. 3 TVöD liegen. Für diese Fälle gilt daher:
- Bei Einstellung in eine der Entgeltgruppen 2 bis 8 ist bei der Stufenzuordnung nach § 16 (Bund) Abs. 3 TVöD die in dem einen oder in mehreren vorherigen Arbeitsverhältnissen zum Bund erworbene einschlägige Berufserfahrung in vollem Umfang zu berücksichtigen. Decken die entsprechenden Zeiten die jeweiligen Stufenlaufzeiten nach § 16 (Bund) Abs. 4 TVöD vollständig ab, ist eine Zuordnung auch oberhalb der Stufe 3 vorzunehmen. Es besteht insofern für diese Fälle eine Ausnahme zu § 16 (Bund) Abs. 3 Satz 2 TVöD, wonach i. d. R. nur Stufenzuordnungen bis höchstens Stufe 3 vorgesehen sind.
- Bei Einstellung in eine der Entgeltgruppen 9 bis 15 ist bei der Stufenzuordnung nach § 16 (Bund) Abs. 2 TVöD die in dem einen oder mehreren vorherigen Arbeitsverhältnissen zum Bund erworbene einschlägige Berufserfahrung in vollem Umfang zu berücksichtigen.
- Nach erfolgter Stufenzuordnung verbleibende Restzeiten und entsprechende Zeiten einschlägiger Berufserfahrung von insgesamt unter einem Jahr sind auf die Stufenlaufzeit anzurechnen.
In Fällen der unmittelbar anschließenden Wiedereinstellung beim Bund kann es bei der Stufenzuordnung nach § 16 (Bund) Abs. 2 oder 3 TVöD dennoch zu Verlusten von Stufen/-laufzeiten im Vergleich zur vorherigen befristeten Beschäftigung kommen (z. B. weil erworbene Berufserfahrung für die neue Tätigkeit nicht einschlägig ist und daher grundsätzlich nicht berücksichtigt werden kann, diese Berufserfahrung jedoch im vorherigen befristeten Arbeitsverhältnis noch im Rahmen von Ermessensentscheidungen nach § 16 (Bund) Abs. 3 Satz 4 TVöD berücksichtigt wurde, oder weil früher anrechenbare Berufserfahrung inzwischen für das neue Arbeitsverhältnis außerhalb des zeitlich berücksichtigungsfähigen Rahmens i. S. der Protokollerklärung zu § 16 (Bund) Abs. 2 Satz 2 TVöD liegt). Um dem entgegenzuwirken und eine entsprechende Stufenzuordnung wie bei vergleichbaren dauerhaft Beschäftigten zu erhalten, ist in diesen Fällen grundsätzlich § 16 (Bund) Abs. 3a TVöD heranzuziehen. Ausnahmen sind nur möglich, sofern sachliche Gründe eine Differenzierung begründen.
Wie mit meinem Rundschreiben vom 27. Mai 2009 (D5-220 210-2/16) in Nr. 2.1.2 ausgeführt, findet § 16 (Bund) Abs. 3a TVöD in der Regel keine Anwendung, wenn ein befristetes Arbeitsverhältnis zum Bund ausläuft und im unmittelbaren Anschluss daran ein weiteres – befristetes oder unbefristetes – Arbeitsverhältnis zum Bund vereinbart wird, da die Stufe entweder über § 16 (Bund) Abs. 2 oder Abs. 3 TVöD berücksichtigt wird. Eröffnet ist damit bereits eine Ausnahmemöglichkeit für befristete Arbeitsverhältnisse zum Bund: In den Fällen, in denen sich an ein solches vorheriges Arbeitsverhältnis ein weiteres – befristetes oder unbefristetes – Arbeitsverhältnis zum Bund unmittelbar anschließt, kann die vorher erworbene Stufe bei der Stufenzuordnung ganz oder teilweise berücksichtigt werden, sofern dies nicht bereits über § 16 (Bund) Abs. 2 oder 3 TVöD möglich ist.
Im Ergebnis sind also bei Einstellung unmittelbar nach Beendigung eines befristeten Vorarbeitsverhältnisses zum Bund die zuvor erworbene Stufe und die Stufenlaufzeit grundsätzlich fortzuführen, sofern zwischen den Arbeitsverhältnissen keine schädlichen Unterbrechungszeiten i. S. des § 17 Abs. 3 TVöD vorliegen. Ausnahmen sind nur möglich, sofern sachliche Gründe eine Differenzierung begründen.
Quelle: Internetauftritt des BMI
Bernhard Faber
Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.