TVöD: Arbeitszeit eines nach Dienstplan eingesetzten Arbeitnehmers
Das BAG hatte über eine Zeitgutschrift für dienstplanmäßig freie Wochenfeiertage zu entscheiden.
Leitsatz
Nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD ist die Sollarbeitszeit der Arbeitnehmer, die an gesetzlichen Feiertagen dienstplanmäßig frei haben und ihre Arbeitszeit an anderen Tagen erbringen müssen, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden zu verringern.
Sachverhalt
Der Kläger ist bei der Beklagten als Flugzeugabfertiger/Vorarbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TVöD Anwendung. Der Kläger arbeitet nach einem Dienstplan, der sieben Tage in der Kalenderwoche abdeckt und aufgrund des jeweiligen Saisonflugplans für 26 Wochen im Voraus, jeweils zu Beginn der Sommer- bzw. Wintersaison erstellt wird. An den gesetzlichen Feiertagen werden die Schichten nicht ausgedünnt, sondern wie üblich eingeplant. Die Arbeitszeit eines Beschäftigten ergibt sich aus der Abfolge im Grobdienstplan und dem zeitnah erstellten Feindienstplan.
Der Kläger hatte am 1. November 2006 (Allerheiligen) und am 7. Juni 2007 (Fronleichnam) dienstplanmäßig frei. Die Beklagte erteilte hierfür keine Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers.
Der Kläger hat verlangt, seinem Arbeitszeitkonto für den 1.11.2006 und 7.6.2007 insgesamt 15,4 Stunden gutzuschreiben.
Die Beklagte hat dagegen die Auffassung vertreten, Arbeitnehmer, die an Feiertagen ohnehin dienstplanmäßig frei hätten, arbeiteten diese Zeiten nicht „nach“. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD betreffe lediglich Fälle, in denen der Arbeitgeber bei seiner Dienstplanung gezielt Feiertage ausspare.
Prozessergebnis
Die Klage blieb in sämtlichen Instanzen ohne Erfolg.
Begründung (Zusammenfassung)
Kein Anspruch aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz:
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Zeitgutschrift nach § 2 Abs. 1 EFZG. Allerheiligen und Fronleichnam sind zwar in Bayern gesetzliche Feiertage, doch ist die Arbeit des Klägers nicht wegen der Feiertage ausgefallen, sondern wegen der – feiertagsunabhängigen – Gestaltung des Dienstplans. Für die Feststellung, ob ein feiertagsbedingter Arbeitsausfall vorliegt, kommt es allein darauf an, welche Arbeitszeit für den Arbeitnehmer gegolten hätte, wenn der betreffende Tag kein Feiertag gewesen wäre. Vorliegend hat sich aber die Arbeitsbefreiung aus einem Schema ergeben, das von der Feiertagsruhe an bestimmten Tagen unabhängig war.
Kein Anspruch aus dem Tarifvertrag:
Ein Anspruch des Klägers auf Zeitgutschrift ergibt sich auch nicht aus dem TVöD. Der Kläger hat zwar wegen der Feiertage nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD Anspruch auf Verminderung der Sollarbeitszeit, doch folgt hieraus kein Anspruch auf Gutschrift von Arbeitszeit auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers.
Der Kläger hatte an den genannten Feiertagen dienstplanmäßig frei. Deshalb war seine regelmäßige Arbeitszeit für diese Tage nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD zu verringern. Dem steht die Protokollerklärung zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD nicht entgegen. Sie schränkt den Anwendungsbereich der Tarifnorm nicht ein, sondern erläutert diesen nur. Die von der Beklagten vertretene Auslegung, dass ein Arbeitnehmer wegen der dienstplanmäßigen Freistellung am Feiertag die regelmäßige Arbeitszeit von vornherein außerhalb des Feiertags erbringen müsse und deshalb nicht nacharbeite, würde § 6 Abs. 2 Satz 3 TVöD keinen Anwendungsbereich belassen.
Nach dem BAT war die Sollarbeitszeit nicht wegen eines Feiertags zu reduzieren oder eine Arbeitszeitgutschrift zu erteilen, wenn ein Arbeitnehmer dienstplanmäßigt frei hatte. Diese Regelung führte dazu, dass Arbeitnehmer, die an Feiertagen dienstplanmäßig arbeiten mussten, im Ergebnis kürzer arbeiteten als die Arbeitnehmer, die nach dem Dienstplan frei hatten. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD ändert diese den Tarifvertragsparteien bekannte und mehrfach vom BAG bestätigte Rechtslage.
§ 49 TVöD-BT-K steht dem nicht entgegen. Diese Vorschrift regelt zwei auf Feiertage bezogene Fälle: die dienstplanmäßige Arbeit und die dienstplanmäßige Freistellung. Dagegen betrifft § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD nur den zweiten Fall. Außerdem sind die Rechtsfolgen unterschiedlich ausgestaltet.
Während sich nach § 49 Abs. 2 TVöD-BT-K die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für jeden gesetzlichen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, generell um ein Fünftel der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit verringert, muss nach § 6 Abs. 3 TVöD individuell festgestellt werden, wie viele Stunden der betreffende Arbeitnehmer hätte arbeiten müssen, wenn er dienstplanmäßig zur Feiertagsarbeit herangezogen worden wäre. Nur diese Stundenzahl ist von der Sollarbeitszeit abzusetzen.
§ 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD begründet keinen Anspruch auf Gutschrift von Stunden auf einem Arbeitszeitkonto. Vielmehr ist die regelmäßige Arbeitszeit um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden zu verringern, also die Sollarbeitszeit zu vermindern. Der Kläger beansprucht jedoch im Streitfall keine Gutschrift für an anderen Tagen geleistete „Mehrarbeit“, sondern Arbeitszeitgutschriften für die beiden gesetzlichen Feiertage, an denen er tatsächlich nicht gearbeitet hat, was das Arbeitszeitkonto zutreffend ausweist. Es kommt deshalb für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht darauf an, ob, wie und bis zu welchem Zeitpunkt Mehrarbeit nach den im Betrieb der Beklagten geltenden Regelungen über Arbeitszeitkonten überhaupt gutgeschrieben werden kann.
BAG U. v. 8.12.2010
Az. 5 AZR 667/09
Bernhard Faber, Richter am Arbeitsgericht a. D.