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Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat – Betriebsvereinbarung

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In einem Rechtsbeschwerdeverfahren hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, ob durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung wirksam die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats bestimmt wurde.

In einem Rechtsbeschwerdeverfahren hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, ob durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung wirksam die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats bestimmt wurde.

 

 

Leitsätze

 

  1. Bei der Prüfung, ob die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats sachdienlich i. S. von § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Alt. 2 BetrVG ist, ist von besonderer Bedeutung, wo die mitbestimmungspflichtigen Entscheidungen im Betrieb getroffen werden. Bei der Beurteilung der Sachdienlichkeit sind allerdings noch weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen; dazu gehört insbesondere der Gesichtspunkt der Ortsnähe der Betriebsvertretung.

  2. Soll die Errichtung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats der Erleichterung der Bildung von Betriebsräten nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Alt. 1 BetrVG dienen, ist sie dann vom Zweck der Regelung nicht mehr gedeckt, wenn diese Erleichterung ohne Weiteres bereits durch die Zusammenfassung von Betrieben erreicht werden kann und sich demgegenüber die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats als ersichtlich weniger sachgerechte Lösung darstellt.

  3.  Bei der Frage, ob sie von den sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ergebenden Möglichkeiten Gebrauch machen und eine Betriebsvereinbarung nach § 3 Abs. 2 BetrVG abschließen wollen, kommt den Betriebsparteien ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen sowie ein Beurteilungs- und ein Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung einer Regelung zu. Ob die Betriebsparteien hierbei die gesetzlichen Vorgaben eingehalten oder überschritten haben, unterliegt im Streitfall der gerichtlichen Überprüfung.

  4. Für den Abschluss einer derartigen Betriebsvereinbarung ist der Gesamtbetriebsrat zuständig. Es besteht kein Vetorecht eines örtlichen Betriebsrats.

 

 

Orientierungssätze

 

  1. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 2 BetrVG kann durch Betriebsvereinbarung für Unternehmen mit mehreren Betrieben die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats bestimmt werden, wenn dies die Bildung von Betriebsräten erleichtert oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient. Damit werden die tatbestandlichen Voraussetzungen festgelegt, unter denen durch Betriebsvereinbarung ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gebildet werden kann. Liegen diese nicht vor, ist die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats unwirksam.

  2. Bei der Prüfung, ob die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats sachdienlich ist, ist von besonderer Bedeutung, wo die mitbestimmungspflichtigen  Entscheidungen im Betrieb getroffen werden. Insoweit sind für die sachgerechte Bildung von Arbeitnehmervertretungen die organisatorischen Vorgaben des Arbeitgebers maßgeblich. Es sind allerdings noch weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Insbesondere ist von Bedeutung, ob durch die mit der Errichtung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats verbundenen größeren räumlichen Entfernungen der Kontakt zwischen den Arbeitnehmern und der sie repräsentierenden Betriebsvertretung unangemessen erschwert wird. Es ist deshalb auch der Grundsatz der Ortsnähe zu berücksichtigen.

  3. Die Bildung von Betriebsräten wird i. S. der gesetzlichen Regelung insbesondere dann erleichtert, wenn anderenfalls die Gefahr besteht, dass in einzelnen Betrieben oder Betriebsteilen gar kein Betriebsrat gewählt wird. Der Zweck der Regelung deckt die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats allerdings dann nicht mehr, wenn die Erleichterung der Bildung von Betriebsräten ohne weiteres bereits durch eine Zusammenfassung von Betrieben nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. Abs. 2 BetrVG erreicht werden kann und sich demgegenüber die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats als ersichtlich weniger sachgerechte Lösung darstellt. Auch insoweit haben die Betriebsparteien den Grundsatz der Ortsnähe zu berücksichtigen.

  4. Die Vertragsparteien vor Ort können angesichts der Vielgestaltigkeit der zu regelnden Sachverhalte die Sachgerechtigkeit von unternehmensspezifischen Arbeitnehmervertretungsstrukturen deutlich besser beurteilen als staatliche Stellen. Den Betriebsparteien kommt deshalb ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen sowie ein Beurteilungs- und ein Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung einer Regelung zu, der auch von den Gerichten zu beachten ist. Ob die Betriebsparteien jedoch die gesetzlichen Vorgaben eingehalten oder überschritten haben, unterliegt im Streitfall der gerichtlichen Überprüfung.

  5. Für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung über die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats ist nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG der Gesamtbetriebsrat zuständig; es handelt sich um eine Angelegenheit, die das Gesamtunternehmen betrifft und die nicht durch die einzelnen Betriebsräte „innerhalb ihrer Betriebe“ geregelt werden kann. Es besteht auch kein Vetorecht der örtlichen Betriebsräte. Dies sieht die gesetzliche Regelung nicht vor. Eine planwidrige Regelungslücke ist nicht gegeben.

  6. Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung nach § 3 Abs. 2 BetrVG scheidet aus, soweit im Unternehmen eine tarifvertragliche Regelung gilt, unabhängig davon, was diese regelt. Die Einschränkung ist nur anwendbar, wenn der Tarifvertrag normativ gilt.

 

 

Auf die vollständige Begründung des Beschlusses wird verwiesen.

 

 

BAG vom 24.4.2013 – 7 ABR 71/11 –

 

 

Bernhard Faber

Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.

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