Wissenschaftlicher Mitarbeiter – öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis
Das Bundesarbeitsgericht hat eine Entscheidung zur Abgrenzung zwischen einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und einem Arbeitsverhältnis getroffen.
Orientierungssätze:
- Ist mit einem wissenschaftlichen Mitarbeiter an einer Universität ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eigener Art durch Verwaltungsakt begründet worden, so kommt die Annahme des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses nicht in Betracht, solange der zugrunde liegende Verwaltungsakt bestandskräftig und nicht nichtig ist.
- Es bleibt offen, ob im Fall der Nichtigkeit der Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, das nach den Regeln eines Arbeitsverhältnisses durchgeführt wurde, eine Umdeutung in ein Arbeitsverhältnis in Betracht kommt.
Sachverhalt:
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger zu der beklagten Universität in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht.
Der Kläger ist Gymnasiallehrer und bewarb sich im September 2007 bei der beklagten Universität des Landes Nordrhein-Westfalen um eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Angestelltenverhältnis. Nachdem ein anderer Bewerber eine Konkurrentenklage erhoben hatte, verpflichtete sich die beklagte Universität, die ausgeschriebene Stelle bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Gerichtsverfahrens nicht zu besetzen.
Die Beklagte übersandte an den Kläger am 7.11.2007 ein Schreiben, in dem sie den Kläger für die Zeit vom 1.12.2007 bis 31.3.2008 mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben beauftragte. Sie wies darauf hin, dass es sich hierbei um ein „öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis besonderer Art“ handle. Diese Beauftragung wurde für die Zeiträume vom 1.4.2008 bis zum 31.3.2009 und vom 1.4. 2009 bis 30.9.2009 mit entsprechenden Schreiben verlängert. Der Kläger erhielt Bezüge nach der EntgGr. 13 TV-L, von denen die Beklagte Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abführte. Ferner führte sie Beiträge zur Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst ab und gewährte dem Kläger Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wie einem Tarifbeschäftigten.
Der Kläger hat geltend gemacht, er stehe zur Beklagten in einem Arbeitsverhältnis, das auf unbestimmte Zeit geschlossen sei. Für eine Tätigkeit in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis bestehe keine Rechtsgrundlage. Seinem wahren und von den Parteien übereinstimmend gewollten Inhalt nach sei das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren. Dass die Parteien nicht auch der äußeren Form nach ein Arbeitsverhältnis begründet hätten, sei auf die erhobene Konkurrentenklage zurückzuführen gewesen. Die Beauftragung „in der scheinbaren Form des öffentlichen Rechts“ sei rechtsmissbräuchlich.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien sei kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Der Kläger sei durch Verwaltungsakt in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eigener Art berufen worden. Dieses sei zeitlich befristet gewesen und habe zum 30.9.2009 geendet.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen.
Prozessergebnis:
Der Kläger hatte auch vor dem BAG keinen Erfolg.
Begründung:
Zwischen den Parteien ist kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Die beklagte Hochschule hat mit dem Kläger ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eigener Art begründet. Die sozialversicherungsrechtliche Abwicklung des Dienstverhältnisses ist für die Frage der Rechtsnatur ohne Belang. Ebenso wenig ist entscheidend, dass das Dienstverhältnis hinsichtlich der materiellen Bedingungen wie ein Arbeitsverhältnis abgewickelt wurde.
An Hochschulen können neben Beamtenverhältnissen und Arbeitsverhältnissen grundsätzlich auch öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse eigener Art begründet werden. Dies gilt insbesondere, wenn es um die zeitweise Übertragung öffentlicher Aufgaben geht. Auch das nordrhein-westfälische Landesrecht kennt für bestimmte Fälle (Professurvertretung oder Lehrbeauftragte) derartige Rechtsverhältnisse.
Ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis ist gegeben, wenn es durch einseitige Maßnahme, d. h. durch einen Verwaltungsakt, begründet ist. Nach dem klaren Inhalt der Beauftragungsschreiben liegen im Streitfall Verwaltungsakte vor.
Diese Verwaltungsakte sind vom Kläger nicht mit Widerspruch bzw. Anfechtungsklage angegriffen worden. Sie sind damit bestandskräftig und auch nicht nichtig und binden auch die Arbeitsgerichte.
Ein Fall der Nichtigkeit des Verwaltungsakts liegt nicht vor. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Verwaltungsakt an einem besonders schweren Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.
Zwar spricht insbesondere die Gesetzessystematik dafür, dass die Tätigkeit eines wissenschaftlichen Mitarbeiters nur in einem Beamten- oder Arbeitsverhältnis erbracht werden kann. Jedoch ist der Ausschluss der Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses eigener Art – jedenfalls in der vorliegenden besonderen Konstellation – nicht so offensichtlich, dass von einer Nichtigkeit der den Status des Klägers begründenden Verwaltungsakte ausgegangen werden könnte
Deshalb kann im vorliegenden Fall auch offen bleiben, ob im Fall der Nichtigkeit der Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, das im Übrigen nach den Regeln eines Arbeitsverhältnisses durchgeführt wurde, eine Umdeutung in ein Arbeitsverhältnis in Betracht kommt. Dies erscheint insbesondere dann denkbar, wenn die Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses dazu geeignet ist, sich zwingenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen zu entziehen.
Im Übrigen wird auf die vollständige Begründung des Urteils Bezug genommen.
BAG U.v. 14.9.2011
Az.: 10 AZR 466/10
Bernhard Faber, Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.