Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Der in der Verfassung selbst vorgegebene Maßstab gilt danach unbeschränkt und vorbehaltlos. Die von der Vorschrift erfassten Statusämter dürfen nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen.
In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Vergleich der Bewerberinnen und Bewerber im Rahmen einer dienstrechtlichen Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG vor allem anhand dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen hat. Die Beurteilung der Frage, ob eine dienstrechtliche Auswahlentscheidung die Rechte einer Bewerberin/eines Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt, richtet sich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung. Nach diesem Zeitpunkt – etwa im Verlauf des Widerspruchsverfahrens – eingetretene Änderungen sind nicht zu berücksichtigen. Gegen eine Auswahlentscheidung kann eine unterlegende Bewerberin bzw. ein unterlegender Bewerber vorläufigen Rechtsschutz beantragen. In einem entsprechenden „Konkurrentenstreitverfahren“ können verschiedene rechtliche Fragestellung eine Rolle spielen, etwa die Frage nach einer hinreichenden Begründung des Gesamturteils einer dienstlichen Beurteilung oder ob einzelne Beurteilungsbeiträge in der Beurteilung hinreichend berücksichtigt worden sind.
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Kommentar
1. Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO setzt die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes sowie eines Anordnungsanspruches durch die Antragstellerin oder den Antragsteller voraus. Die Antragstellerin bzw. der Antragsteller muss insoweit glaubhaft machen, dass durch die Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden können.
Hinweis! Auswahlentscheidungen für eine Beförderung (Übertragung eines höherwertigen statusrechtlichen Amtes) beeinträchtigen die Rechtsstellung unterlegender Bewerberinnen und Bewerber regelmäßig. Dies gilt allerdings auch, soweit die Auswahlentscheidung Vorwirkungen auf die nachfolgende Vergabe eines Statusamtes entfalten kann, etwa wenn die Übertragung des Dienstpostens die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine spätere Beförderung schafft (Anordnungsgrund).
Ein Anordnungsanspruch kann die Antragstellerin bzw. der Antragsteller immer dann erfolgreich geltend machen, wenn die Auswahlentscheidung des Dienstherrn ihren/seinen Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Auswahlentscheidung auf eine fehlerhafte dienstliche Beurteilung beruht.
Hinweis! Es muss zudem ernsthaft möglich erscheinen, dass der Dienstposten bei einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens auf hinreichender Tatsachengrundlage der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller übertragen würde.

Blog Beamtenrecht
Dr. Maximilian Baßlsperger
„Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch den Verstand“. Detailliert, mit großem Sachverstand und gelegentlich auch mit einem Augenzwinkern, liefert Ihnen dieser Blog Informationen aus erster Hand zu aktuellen Themen im Beamtenrecht.
2. Anforderungen an dienstliche Beurteilungen
Die Eignung von dienstlichen Beurteilungen als Grundlage für den Bewerbervergleich setzt voraus, dass diese zeitlich aktuell und inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie
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die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen,
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auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind,
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das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie
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auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen
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3. Erfordernis einer ausreichenden Begründung des Gesamturteils einer dienstlichen Beurteilung
Gesamturteil und Einzelbewertungen einer dienstlichen Beurteilung müssen in dem Sinne miteinander übereinstimmen, dass sich das Gesamturteil nachvollziehbar und plausibel aus den Einzelbewertungen herleiten lässt.
Das abschließende Gesamturteil ist durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkte zu bilden Diese Gewichtung bedarf schon deshalb einer Begründung, weil nur so die Einhaltung gleicher Maßstäbe gewährleistet und das Gesamturteil nachvollzogen und einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden kann. Ein individuelles Begründungserfordernis für das Gesamturteil rechtfertigt sich auch aus dessen besonderer Bedeutung als primär maßgebliche Grundlage bei einem späteren Leistungsvergleich in einem an Art. 33 Abs. 2 GG zu messenden Auswahlverfahren. Dies gilt insbesondere bei Bewerberinnen und Bewerbern mit im Wesentlichen gleichem Gesamturteil. Denn hier muss der Dienstherr im Auswahlverfahren die für das Beförderungsamt wesentlichen Einzelaussagen der dienstlichen Beurteilungen weiter vergleichen und die Auswahl der Gesichtspunkte, auf die bei gleicher Eignung abgestellt werden soll, begründen (sog. Ausschärfung bzw. Binnendifferenzierung).

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4. Zuständigkeit und Erstellung von Beurteilungsbeiträge
Die Beurteilung der/des im öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehenden Beamtin/Beamten obliegt seinem Dienstherrn.
Die Beurteilerin/der Beurteiler muss sich die erforderliche Kenntnis zur Bewertung von Eignung, Befähigung und fachlichen Leistungen durch Informationen solcher Beschäftigten des Dienstherrn verschaffen, die die dienstlichen Leistungen unmittelbar beurteilen können, wenn er die dienstlichen Leistungen der Beamtin/des Beamten nicht aus eigener Anschauung kennt. Dies kann etwa der Fall sein, wenn innerhalb eines (Regel-)Beurteilungszeitraums die/der Vorgesetzte der/s zu beurteilenden Mitarbeiterin/Mitarbeiters wechselt, etwa durch Umsetzung der Beamtin oder des Beamten bzw. der/des Vorgesetzten.
5. Umgang mit Beurteilungsbeiträgen
Die Beurteilerin/der Beurteiler ist einerseits an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung "fortschreibend" übernehmen muss. Es ist andererseits aber auch nicht in das Ermessen des Beurteilers gestellt, ob und wie er einen Beurteilungsbeitrag berücksichtigt. Denn erst auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung, die auch die durch den Beurteilungsbeitrag vermittelten Erkenntnisse einzubeziehen hat, trifft die Beurteilerin/der Beurteiler ihre/seine Bewertungen in eigener Verantwortung.
6. Plausibilisierungsgebot
Einzelbewertungen in Ankreuzbeurteilungen bedürfen grundsätzlich keiner näheren Begründung in der Beurteilung selbst, sind aber auf entsprechende Rüge hin gegebenenfalls zu plausibilisieren. Beruht die dienstliche Beurteilung vollständig oder teilweise auf Beurteilungsbeiträgen Dritter, umfasst die Pflicht zur Plausibilisierung der Beurteilung auch eine Erläuterung, wie aus diesen Beiträgen die in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen Werturteile entwickelt wurden.
Beurteilungsbeiträge, die einen erheblichen Teil des Beurteilungszeitraums erfassen, müssen grundsätzlich mit einem dem entsprechenden Gewicht in die Beurteilung einfließen. Dies schließt es allerdings nicht aus, dass
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die Beurteilerin/der Beurteiler sich weitere Erkenntnisse über die/den Beurteilte/n für den Zeitraum verschafft, der durch den Beurteilungsbeitrag erfasst wird, dass
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sie/er die tatsächliche Entwicklung – insbesondere bestimmte Vorkommnisse – außerhalb dieses Zeitraums besonders gewichtet oder dass
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sie/er zu einer abweichenden Bewertung gelangt.
Die für die Begründung des Gesamturteils durch die Rechtsprechung entwickelten Anforderungen sind auf die Pflicht zur Plausibilisierung der Beurteilung, wie aus den Beurteilungsbeiträgen die in der dienstlichen Beurteilung selbst enthaltenen Werturteile entwickelt wurden, nicht anwendbar.
Prof. Dr. Boris Hoffmann
Hochschullehrer an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW