Lehrer muss nicht auf Reisekosten verzichten
Der Kläger, der als beamteter Realschullehrer im Dienst des beklagten Landes stand, hatte im Jahr 2013 bei seiner Schulleitung die Genehmigung einer Abschlussfahrt nach Berlin beantragt. Das dafür verwendete Antragsformular entsprach der Verwaltungsvorschrift des Dienstherrn für außerunterrichtliche Veranstaltungen. Darin wurde u.a. abgefragt, ob die Lehrkraft ganz oder teilweise auf Reisekostenvergütung verzichte. Der Kläger verzichtete teilweise. Nach seiner Rückkehr wurden ihm unter Hinweis auf seine Teilverzichtserklärung statt der beantragten Reisekostenvergütung in Höhe von rund 197,00 € vom Beklagten lediglich 88,00 € bewilligt. Während das nach erfolglosem Widerspruch angerufene Verwaltungsgericht den Beklagten zur Zahlung weiterer Reisekosten in Höhe des Differenzbetrages von rund 109,00 € verurteilt hat, hat der Verwaltungsgerichtshof auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte allerdings vor dem Bundesverwaltungsgericht Erfolg, Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23. Oktober 2018, Az.: BVerwG 5 C 9.17.
Der Beklagte kann sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht auf den Teilverzicht des Klägers auf Reisekostenvergütung berufen. Dabei handelt es sich um eine unzulässige Rechtsausübung. Die entsprechende Abfrage verletzt den beamtenrechtlichen Fürsorgegrundsatz, weil sie die wohlverstandenen Interessen des Klägers nicht in gebührender Weise berücksichtigt. Sie dient der Umsetzung der Verwaltungsvorschrift des Dienstherrn. Danach sind Genehmigungen außerunterrichtlicher Veranstaltungen durch den Schulleiter nur im Rahmen der verfügbaren Mittel möglich, es sei denn, der teilnehmende Lehrer verzichtet vorher ganz oder teilweise auf Reisekostenvergütung. Diese Koppelung zwischen Genehmigung und Verzicht bei – wie im vorliegenden Fall – nicht ausreichenden Haushaltsmitteln für alle im Schuljahr vorgesehenen Veranstaltungen setzte den Kläger einem Konflikt aus. Er musste entweder auf seinen Anspruch auf Reisekostenvergütung (teilweise) verzichten oder verantworten, dass die Abschlussfahrt nicht stattfindet. Dass eine Abschlussfahrt stattfinden sollte, entsprach den von der Gesamtlehrerkonferenz beschlossenen Grundsätzen, an die der Kläger gesetzlich gebunden war. Nach der vom Dienstherrn erlassenen Verwaltungsvorschrift kommt außerunterrichtlichen Veranstaltungen bei der Erfüllung der erzieherischen Aufgaben der Schule besondere Bedeutung zu. Dem Kläger wurde so auch die Verantwortung dafür zugewiesen, ob er eine staatliche Aufgabe unter Verzicht auf seinen ungeschmälerten Anspruch auf Reisekostenvergütung erfüllt. Hinzu kommt, dass der Kläger mit seinem Teilverzicht diese staatliche Aufgabe mit privaten Mitteln finanziert. Dies läuft dem Zweck des Anspruchs auf Reisekostenvergütung zuwider, nach dem der Dienstherr in Erfüllung seiner Fürsorgepflicht seinen Bediensteten notwendige dienstliche Reiseaufwendungen abnehmen soll.
Eine Klassenfahrt ist pädagogisch sinnvoll und deren Finanzierung ist Staatsaufgabe. Dann hat Staat ohne Wenn und Aber dem Beamten seine Auslagen zu ersetzen, anstatt diesen in einen Gewissenkonflikt zu stürzen, ob nur wegen ihm die Klassenfahrt ausfällt oder nicht.
Dr. Johannes Kalb
Rechtsanwalt, meyerhuber rechtsanwälte partnerschaft mbb


