Ein Soldat, der als Jagdpächter gelegentlich einzelne Portionen Wildbret an Kameraden entgeltlich abgibt, übt damit keine erlaubnispflichtige Nebentätigkeit im Sinne des § 20 Abs. 1 SG aus.
BVerwG 25.6.2025 – 2 WDB 1.25
Beamtenrecht in Bayern inkl. Lexikon Beamtenrecht online
Kommentar
Leitsatz:
Ein Soldat, der als Jagdpächter gelegentlich einzelne Portionen Wildbret an Kameraden entgeltlich abgibt, übt damit keine erlaubnispflichtige Nebentätigkeit im Sinne des § 20 Abs. 1 SG aus.

Blog Beamtenrecht
Dr. Maximilian Baßlsperger
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Der Fall:
Der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedene Fall spielte zwar im „Soldaten-Milieu“. Die Entscheidungsgründe können allerdings eins zu eins auf das Nebentätigkeitsrecht der Bundes-, Landes- und Kommunalbeamtinnen und -beamten übertragen werden, da die jeweiligen einschlägigen Normen inhaltlich identisch sind.
Der als schwerbehindert anerkannte Soldat ist Mitglied eines örtlichen Personalrats und Pächter eines Jagdbezirks. Dem Soldaten wurde im Rahmen eines Disziplinarverfahrens vorgeworfen, dass er in den Jahren 2019 und 2020 in mindestens zehn Fällen in seiner Kaserne ohne Nebentätigkeitsgenehmigung von ihm selbst erlegtes Wild an Kameraden und Zivilbedienstete abgepackt und vakuumiert verkauft hat. Dem Soldaten wurde damit nicht die Jagd als solche zur Last gelegt, sondern lediglich der Verkauf von selbsterlegtem Wild, da es sich insoweit um eine entgeltliche und damit um eine zu genehmigende Nebentätigkeit handele. Wegen Überschreitens der Verfolgungsfrist wurde allerdings von der Verhängung einer einfachen Disziplinarmaßnahme abgesehen. Die Schwerbehindertenvertretung wurde im Verfahren nicht gehört.
Gegen die Feststellung eines Dienstvergehens nach § 36 Abs. 1 WDO erhob der Soldat das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde.
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Die Entscheidung:
Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass die weitere Beschwerde im Ergebnis begründet sei.

Beste Antworten.
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1. (Nicht-)Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung
Die unterbliebene Anhörung der Schwerbehindertenvertretung begründe einen Verfahrensfehler. § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verlange eine umfassende Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren.
Zweck der Unterrichtung und Anhörung sei es, dass die Schwerbehindertenvertretung der/dem Schwerbehinderten zur Seite stehen und sich mit einer Stellungnahme in die Willensbildung des Arbeitgebers einbringen könne.
Die Schwerbehindertenvertretung sei nach § 178 Abs. 2 SGB IX nicht nur vor der Verhängung einer Disziplinarmaßnahme, sondern auch vor der Feststellung eines Dienstvergehens zwingend anzuhören. Denn auch die Feststellung eines Dienstvergehens sei eine nachteilige Maßnahme.
Der Verfahrensfehler sei hier allerdings weder geheilt noch nach § 46 VwVfG unbeachtlich gewesen, da nicht auszuschließen gewesen sei, dass die Ermessensentscheidung nach der Anhörung der Schwerbehindertenvertretung anders ausgefallen wäre.
2. Dienstvergehen und genehmigungspflichtige Nebentätigkeit bzw. Nebenbeschäftigung
Das dem Soldaten vorgeworfene Verhalten erfülle nicht den Tatbestand eines Dienstvergehens iSd. § 23 Abs. 1 SG.
Denn der Soldat habe nicht gegen seine Pflicht aus § 20 Abs. 1 Satz 1 SG verstoßen, vor Ausübung einer entgeltlichen Nebentätigkeit eine Genehmigung einzuholen.
Für die Frage, ob eine Nebentätigkeit vorliege, verweise § 20 Abs. 7 SG auf das Nebentätigkeitsrecht der Beamtinnen und Beamten. § 97 Abs. 3 BBG verstehe unter einer Nebenbeschäftigung jede nicht zu einem Hauptamt gehörende Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes.
Sinn und Zweck des Nebentätigkeitsrechts sei es allerdings nicht, das Freizeitverhalten und die bloße Hobbybetätigung der Beamtinnen und Beamten und der Soldatinnen und Soldaten unter einen allgemeinen Genehmigungsvorbehalt zu stellen. Denn der/dem Bediensteten müsse ein von Art. 2 Abs. 1 GG geschützter Freiraum verbleiben, in dem sie/er sozialadäquaten Tätigkeiten nachgehen kann, die nicht den Beschränkungen des Nebentätigkeitsrechts unterfallen.
3. Abgrenzung von erlaubnisfreier Hobbybetätigung und genehmigungspflichtiger Nebenbeschäftigung
Für die Abgrenzung zwischen einer erlaubnisfreien Hobbybetätigung und einer genehmigungspflichtigen Nebenbeschäftigung sei insbesondere auf das Erwerbsstreben abzustellen, da dies bei einer Nebenbeschäftigung regelmäßig im Vordergrund stehe.
Darüber hinaus seien auch die wirtschaftliche Bedeutsamkeit des Tuns sowie der Umfang der jeweiligen zeitlichen Beanspruchung wesentliche Indikatoren für die Abgrenzung einer Hobbybetätigung von einer Nebenbeschäftigung.
Damit sei die Ausübung der Jagd typischerweise eine erlaubnisfreie Freizeitbeschäftigung, da sie regelmäßig nicht auf die Schaffung einer finanziellen Nebenerwerbsquelle angelegt sei.
An dieser Einschätzung ändere sich auch dann regelmäßig nichts, wenn das erlegte Wildbret gegen Entgelt veräußert wird, da der entsprechende Verkauf üblicherweise nicht kostendeckend sei.
Hinweis! Selbige Überlegungen gelten für ähnliche Hobbys, wie etwa die hobbymäßige Hundezucht, die Imkerei oder die Malerei aus Liebhaberei.
4. Begriff der gewerblichen Tätigkeit
Der vom Soldaten durchgeführte Verkauf von Wildbrett aus der eigenen Jagd erfülle auch nicht die Kriterien einer gewerblichen Tätigkeit.
Hier fehle es bereits an dem für eine gewerbliche Betätigung konstitutiven Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht. Denn die subjektive Gewinnerzielungsabsicht setze voraus, dass ein unmittelbarer oder mittelbarer wirtschaftlicher Vorteil erwartet werde, der zu einem Überschuss über die Kosten der Tätigkeit führe, wobei der beabsichtigte Überschuss über die eigenen Aufwendungen nicht nur geringfügig sein dürfe.
Hinweise:
Allgemein zum Erlaubnis- und Verbotsvorbehalt im Nebentätigkeitsrecht s. Hoffmann, B. in Schütz/Maiwald, BeamtR, Teil B, Rn 30 ff. zu § 40 BeamtStG.
Zur Rechtslage bei Bund und den Ländern im Hinblick auf genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten s. Hoffmann, B. in Schütz/Maiwald, BeamtR, Teil C, Rn 7 ff. zu § 49 LBG.
Zum Begriff des Dienstvergehens im Allgemeinen s. Schachel in Schütz/Maiwald, BeamtR, Teil B, Rn 5 ff. zu § 47 BeamtStG.
Prof. Dr. Boris Hoffmann