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Prognose der gesundheitlichen Eignung und Fehlzeiten in der Vergangenheit

Im Rahmen der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der einzelne Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht. Geeignet im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG ist nur, wer dem angestrebten Amt auch in körperlicher und psychischer Hinsicht gewachsen ist.

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OVG NRW 5.3.2025 – 1 B 1146/24

Der Fall:

Der Antragsgegnerin wurde durch das Verwaltungsgericht Düsseldorf untersagt, die nach der zum Stichtag 1.3.2024 erstellten Beförderungsrangliste noch zu besetzende Beförderungsplanstelle der Besoldungsgruppe A 9mZ BBesO (Beförderungsposition 32) mit dem Beigeladenen oder anderen Beamten/-innen zu besetzen bzw. die entsprechende Einweisung vorzunehmen, solange nicht über das Beförderungsbegehren des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist. Denn die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Antragsteller wegen mangelnder Beförderungsfähigkeit aufgrund von Zweifeln an seiner Polizeidienstfähigkeit im Auswahlverfahren zur Übertragung eines Amtes eines Polizeihauptmeisters mit Amtszulage (A 9mZ BBesO) nicht zu berücksichtigen, sei rechtsfehlerhaft und verletze den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG.

Strittig war im Verfahren insbesondere die Frage, ob zum Stichtag am 1.3.2024 im Hinblick auf ein zu diesem Zeitpunkt bereits eingeleitetes (Polizei-)Dienstunfähigkeitsverfahren (Grundlage der Einleitung des Verfahrens waren hohe krankheitsbedingte Ausfallzeiten des Beamten in der Vergangenheit) bereits begründete Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers vorgelegen haben, da er durch seine Beurteilungsnoten im Auswahlverfahren im Übrigen nicht chancenlos gewesen wäre.

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Dr. Maximilian Baßlsperger

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Die Entscheidung:

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts NRW die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis bestätigt.

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1. Bewerbungsverfahrensanspruch

Ausgangspunkt der Überlegungen des Gerichts war der sogenannte Bewerbungsverfahrensanspruch. Dieser gewähre jeder/m Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung.
Im Rahmen der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob die/der einzelne Bewerber/in den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspreche. Geeignet im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG sei nur, wer dem angestrebten Amt auch in körperlicher und psychischer Hinsicht gewachsen sei.

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2. Gesundheitliche Eignung für ein Beförderungsamt

Das Gericht stellte zunächst einen Zusammenhang zwischen der gesundheitlichen Eignung und der Polizeidienstfähigkeit her. Denn die gesundheitliche Eignung für ein Beförderungsamt im Polizeivollzugsdienst des Bundes könne nur dann festgestellt werden, wenn die Beamtin oder der Beamte auch tatsächlich polizeidienstfähig sei.

Grundsatz! An der Polizeidienstfähigkeit fehlt es nach § 4 Abs. 1 BPolBG, wenn die/der betreffende Polizeivollzugsbeamtin/Polizeivollzugsbeamte den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass sie/er ihre/seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb zweier Jahre wiedererlangt (Polizeidienstunfähigkeit).
Ausnahme! Dieser Grundsatz gilt allerdings dann nicht, wenn die auszuübende Funktion bei Beamtinnen und Beamten auf Lebenszeit diese besonderen gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt erfordert. Daher ist bei der Weiterbeschäftigung einer/eines polizeidienstunfähigen Beamtin/Beamten im Polizeivollzugsdienst bei der Prüfung der gesundheitlichen Eignung einer/s für eine Beförderung grundsätzlich in Betracht kommenden Beamtin/Beamten eine Prognose aufzustellen, ob eine ordnungsgemäße und dauerhafte Wahrnehmung der mit dem angestrebten Amt verbundenen Aufgaben durch die/den Polizeivollzugsbeamtin/Polizeivollzugsbeamten gewährleistet ist.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung dieser Prognoseentscheidung sei der Zeitpunkt der behördlichen Auswahlentscheidung.

3. Besonderheiten bei Beförderungsentscheidungen

Bei Beförderungsentscheidungen müssten nach der Rechtsauffassung des Gerichts Besonderheiten beachtet werden. Denn die Bewerberin/der Bewerber müsse gesundheitlich in der Lage sein, nicht nur allgemein den Anforderungen ihrer/seiner Laufbahn, sondern gerade auch den im Verhältnis zum innegehabten Statusamt in der Regel gesteigerten Anforderungen der Aufgaben des angestrebten Beförderungsamtes zu genügen.

Diese Prognoseentscheidung müsse ihrerseits auf einer hinreichend fundierten Tatsachenbasis gründen, wobei die Beurteilung in aller Regel besonderen medizinischen Sachverstand voraussetzt, über den grundsätzlich nur eine Ärztin/ein Arzt verfüge.

Damit könnten sich tatsächliche Anhaltspunkte für die Prognose, dass die Bewerberin/der Bewerber den Anforderungen des angestrebten Amtes in gesundheitlicher Hinsicht nicht genügen wird, sich beispielsweise aus (amts-)ärztlichen Gutachten oder sonstigen Erkenntnissen über die Ursache der Fehlzeiten sowie über den Zeitpunkt der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit ergeben. Hierzu komme insbesondere eine Nachfrage bei der Beamtin/dem Beamten selbst in Betracht, die/der zuvörderst dazu in der Lage sei, Angaben zur bevorstehenden Wiederherstellung ihrer/seiner Dienstfähigkeit zu machen.
Da der Dienstherr sich im Wesentlichen im Rahmen seiner „Auswahlentscheidung“ zu Ungunsten des Antragstellers auf die häufigen krankheitsbedingten Ausfallzeiten in der Vergangenheit bezogen hatte, hielt das Oberverwaltungsgericht die Tatsachengrundlage der Entscheidung für unzureichend, so dass dem Antrag im Ergebnis stattzugeben gewesen sei.

Das bedeutet die Entscheidung:

Für die Frage, ob eine Bewerberin oder ein Bewerber auch bezüglich des zu übertragenden Beförderungsamtes gesundheitlich geeignet ist, kann nicht alleine pauschal auf die Häufigkeit von in der Vergangenheit aufgetretenen krankheitsbedingten Ausfallzeiten der Beamtin oder des Beamten abgestellt werden.

Grundlage der Prognoseentscheidung des Dienstherrn wird damit regelmäßig eine amtsärztliche Untersuchung der betroffenen Beamtin bzw. des betroffenen Beamten sein. Denn in die Prognose über die Bewältigung der gesundheitlichen Anforderungen des Beförderungsamtes muss nämlich auch einfließen, ob und ggf. inwiefern innerhalb des in Bezug auf die Fehlzeiten betrachteten Zeitraums eine möglicherweise Tendenzen der Besserung bzw. Stabilisierung aufzeigende Entwicklung stattgefunden hat.

Wenngleich für die Verneinung der gesundheitlichen Eignung die Einleitung eines Verfahrens zur Überprüfung der (Polizei-)Dienstfähigkeit keine (zwingende) Voraussetzung ist, gilt umgekehrt ebenso, dass auch bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung nicht automatisch die Annahme der fehlenden gesundheitlichen Eignung für ein Beförderungsamt gerechtfertigt ist. Die amtsärztliche Untersuchung dient gerade dem Zweck, die Prognose der künftigen gesundheitlichen Entwicklung auf eine hinreichend fundierte Tatsachenbasis im Einzelfall zu stützen, was regelmäßig medizinische Sachkunde erfordert.

Prof. Dr. Boris Hoffmann

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