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Vergleich dienstlicher Beurteilungen und Konkurrentenstreit

Der zuständige Dienstherr hat für die Beurteilungen einen objektiven Vergleichsmaßstab zu bilden, auf dessen Grundlage der Versuch zu unternehmen ist, die Beurteilungen miteinander zu vergleichen.

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Leitsätze

  • Eine fehlende Beförderungsreife begründet keinen Eignungsmangel, der zum Ausschluss aus dem Bewerberfeld berechtigte.

  • Nicht bis zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung dokumentierte Auswahlerwägungen können eine Auswahlentscheidung nicht tragen.

  • Ist eine Auswahlbehörde mit unmittelbar nicht vergleichbaren Leistungsbeurteilungen konfrontiert – etwa beim Vergleich von dienstlichen Beurteilungen und qualifizierten Arbeitszeugnissen aus der privaten Wirtschaft oder bei Beurteilungen aus unterschiedlichen Bundesländern – darf dies nicht dazu führen, dass wegen der eingeschränkten Vergleichbarkeit zugleich auch die Leistungen der Bewerber als unvergleichbar betrachtet werden.

  • Die Auswahlbehörde ist gehalten, die Aussagen von Beurteilungen mit unterschiedlichen Beurteilungsinhalten miteinander „kompatibel“ zu machen.

  • Der Umstand, dass Beurteilungen aus unterschiedlichen Bundesländern zu vergleichen sind, steht einer Vergleichbarmachung nicht entgegen.

  • Probezeitbeurteilungen und Lebenszeitbeurteilungen sind zwar aufgrund ihrer unterschiedlichen Zweckrichtung nicht direkt miteinander vergleichbar.

  • Daher müssen auch diese Beurteilungen „kompatibel“ gemacht werden.

  • Ein Beurteilungsvergleich scheidet nicht deshalb aus, weil Anlassbeurteilungen mit unterschiedlichen Zeiträumen miteinander zu vergleichen wären.

  • Dem Leistungsvergleich steht im Grundsatz nicht entgegen, dass die Bewerber in unterschiedlichen Statusämtern stehen.
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Blog Beamtenrecht

Dr. Maximilian Baßlsperger

„Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch den Verstand“. Detailliert, mit großem Sachverstand und gelegentlich auch mit einem Augenzwinkern, liefert Ihnen dieser Blog Informationen aus erster Hand zu aktuellen Themen im Beamtenrecht.

Der Fall

Die Antragsgegnerin schrieb den Dienstposten „Lehrkraft Bw (m/w/d) Sekundarstufe II für Pädagogik und ein weiteres Fach“ mit Bewerbungsschluss am 19.12.2022 extern zur Besetzung aus. Im Ausschreibungstext hieß es unter anderem: „Als Lehrkraft an einer Bundeswehrfachschule erteilen Sie Fachunterricht in den Lehrgängen der Schule (Lehrgänge zur Erlangung der Realschulreife, der Fachhochschulreife und beruflichen Lehrgängen) und unterstützen durch Ihre Mitarbeit die betreffenden Fachbereiche. […]“. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die Einstellung bzw. Übernahme in ein Beamtenverhältnis des höheren Dienstes erfolge „bis in ein Amt A 14 BBesG“. Dies sei abhängig von der Erfüllung der laufbahnrechtlichen Voraussetzungen und den hauptberuflichen Erfahrungszeiten. Bei einer Einstellung in ein Arbeitsverhältnis erfolge die Eingruppierung „bis in die Entgeltgruppen 14 des TVöD in Verbindung mit der Eingruppierungsrichtlinie für Lehrkräfte der Bundeswehr“. Die Stellenausschreibung enthielt zudem verschiedene Qualifikationserfordernisses. So wurde etwa ein abgeschlossenes 1. und 2. Staatsexamen oder ein Master nebst Staatsprüfung für das Lehramt zwingend gefordert. Auf die ausgeschriebene Stelle bewarb sich der spätere Antragsteller, der selbst das für die zu besetzende Stelle bzw. den zu besetzenden Dienstposten festgelegte konstitutive Anforderungsprofil erfüllte, nebst fünf weiteren Bewerbern. Mit Schreiben des Bundesamtes für das C. vom 13.11.2023 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass seine Bewerbung um die streitgegenständliche Stelle keine Berücksichtigung habe finden können. Der Antragsteller suchte darauf hin beim Verwaltungsgericht Stade um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel nach, der Antragsgegnerin vorläufig zu untersagen, die ausgeschriebene Stelle mit einem Mitbewerber/einer Mitbewerberin zu besetzen. Sowohl das Verwaltungsgericht Stade als auch das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen haben dem Begehren des Antragstellers entsprochen.

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Die Entscheidung des Gerichts

Der fünfte Senat des Oberverwaltungsgerichts begründet seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

1. Ausgangslage und Prüfungsmaßstab des Gerichtes

Auswahlentscheidungen als Akt wertender Erkenntnis unterliegen lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle beschränke sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat.

Erweise sich die Auswahlentscheidung anhand dieses Maßstabs als fehlerhaft und lasse sich nicht ausschließen, dass die/der jeweilige Antragsteller/in bei einer erneuten Auswahlentscheidung zum Zuge kommt, erscheine eine Auswahl der/des jeweiligen Antragstellerin/Antragstellers also jedenfalls möglich, habe der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutz Erfolg.

2. Leistungsgrundsatz

Der Dienstherr dürfe das Amt nur derjenigen/demjenigen Bewerber/in verleihen, der/den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als die/den am besten geeignete/n ausgewählt hat. Zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerberinnen und Bewerber müsse der Dienstherr regelmäßig auf dienstliche Beurteilungen zurückgreifen.

3. Nicht vergleichbare Leistungsbeurteilungen

Muss eine Behörde etwa dienstliche Beurteilungen und qualifizierte Arbeitszeugnisse aus der Privatwirtschaft oder Beurteilungen von unterschiedlichen Dienstherrn möglicherweise aus verschiedenen Bundesländer miteinander vergleichen, müsse die Behörde im Vorfeld ihrer Entscheidung Verhältnisse herstellen, die einen rechtlich einwandfreien Vergleich der Bewerberinnen und Bewerber ermöglichen. Die Auswahlbehörde sei somit verpflichtet, die Aussagen von Beurteilungen mit unterschiedlichen Beurteilungsinhalten und/oder Arbeitszeugnissen miteinander „kompatibel“ zu machen, also die Vergleichbarkeit herzustellen.

Von den obigen Grundsätzen zur Vergleichbarmachung von Beurteilungen und Arbeitszeugnissen könne die Behörde lediglich im Einzelfall abgewichen.

4. Vergleich von Regel- und Anlassbeurteilungen

Auch Regel- und Anlassbeurteilungen seien grundsätzlich miteinander vergleichbar. Dies setze allerdings voraus, dass

  • sich – erstens – der jeweils maßgebliche Beurteilungszeitraum der Beurteilung selbst eindeutig entnehmen lasse,

  • dieser Beurteilungszeitraum – zweitens – aufgrund nachvollziehbarer Kriterien willkürfrei festgelegt worden sei und

  • der Beurteilungszeitraum – drittens – so lang bemessen sein müsse, dass über die einzelne Bewerberin bzw. den einzelnen Bewerber verlässliche, auch langfristige Aussagen getroffen werden können.

5. Unterschiedliche Statusämter

Auch Bewerberinnen und Bewerber in unterschiedlichen Statusämter seien anhand der vorliegenden dienstlichen Beurteilungen im Rahmen eines Leistungsvergleichs grundsätzlich miteinander vergleichbar.

Prof. Dr. Boris Hoffmann

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