In diesem Beitrag informieren wir Sie wieder zur aktuellen Rechtsprechung und aus dem Tarifgeschehen.
Ι. Aktuelles aus der Rechtsprechung
1. VG Frankfurt a. M. & VG Kassel zum § 78 Abs. 4 HPVG
2. Wann ist eine Abordnung eine Abordnung?
3. Für Professorinnen und Professoren im Arbeitsverhältnis gibt es keine Regelung über die Arbeitszeit
ΙΙ. Aktuelles aus dem Tarifgeschehen
Tarifeinigung im Bereich des TVöD angenommen
ΙV. Vorschau auf die HBR-Lieferungen in den nächsten Monaten
I. Aktuelles aus der Rechtsprechung
1. VG Frankfurt a. M. & VG Kassel zum § 78 Abs. 4 HPVG
§ 78 Abs. 4 HPVG regelt die Fälle der sogen. „Konkurrenz von Beteiligungsrechten“. Wenn in einem Sachverhalt unterschiedliche Beteiligungsfälle wie z. B. Mitbestimmung und Mitwirkung zusammenfallen, dann verdrängt das schwächere das stärkere Beteiligungsrecht. Statt z. B. Mitbestimmung gilt dann nur noch Mitwirkung.
Dies haben jetzt die VG in Frankfurt a. M. und Kassel in unterschiedlichen Verfahren bestätigt. Im vom VG Frankfurt a. M. entschiedenen Fall ging es um die im Juli 2020 während der Corona-Pandemie geplante Einführung eines Videokonferenzsystems im Bereich der hessischen Schulverwaltung (Staatliche Schulämter, Lehrkräfteakademie etc.). Ein Personalrat begehrte die Beteiligung im Rahmen des (damaligen) § 74 Abs. 1 Nr. 17 HPVG 1988 (jetzt: § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 HPVG 2023). Die Dienststellenleitung lehnte dies ab. Das VG Frankfurt a. M. lehnte das begehrte Mitbestimmungsverfahren letztlich ab und begründet dies damit, dass zwar (jetzt) § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 HPVG (technische Überwachungseinrichtungen) ein Mitbestimmungsrecht in diesen Fällen normiert, dies würde aber mit dem Mitwirkungsrecht nach § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 HPVG kollidieren, wonach bei der Einführung, Anwendung etc. von automatisierten Verfahren zur Verarbeitung personenbezogener Daten lediglich ein Mitwirkungsrecht besteht. Diesen Konflikt löst § 78 Abs. 4 HPVG dann so auf, dass das Mitbestimmungs- hinter das Mitwirkungsrecht zurückritt.
Im vom VG Kassel entschiedenen Fall ging es um die im Dezember 2020 geplante Einführung des E-Mail-Programmes „Exchange“. Auch hier begehrte der Personalrat die Beteiligung nach (damals) § 74 Abs. 1 Nr. 17 HPVG 1988, jetzt § 78 Abs. 1 Nr. 5 HPVG. Das Gericht erkennt zwar ausdrücklich an, dass der Einsatz dieses E-Mail-Systems „zu einer anonymen und damit für den Arbeitnehmer nicht erkennbaren und abwendbaren Überwachung führt“, weist aber in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass gleichzeitig der Mitwirkungsfall des (jetzt) § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 HPVG (Verarbeitung personenbezogener Daten) vorliegt, was dann zur Anwendung des § 78 Abs. 4 HPVG führt.
VG Frankfurt a. M. v. 20.1.2025 – 23 K 453/22.F.PV; VG Kassel v. 14.3.2025 – 23 K 1286/22.KS.PV. In beiden Fällen ist die Rechtsbeschwerde zum HessVGH zugelassen worden.
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Teil IV: Beamtenrecht
2. Wann ist eine Abordnung eine Abordnung?
Mit dieser Frage sollte sich letztlich das Bundesverwaltungsgericht auseinandersetzen, hat dies aber so nicht getan. Es ging um die Frage, wann eine dienstrechtliche Abordnung auch eine im personalvertretungsrechtlichen Sinne ist. Gesetzliche Grundlage war hessisches Recht (HBG/HPVG). Auslöser des Streits im Februar 2017 war, dass drei verbeamtete Förderschulkräfte, die als Stammdienststelle die jeweilige Förderschule mit angeschlossenem Beratungs- und Förderzentrum hatten, im Rahmen inklusiver Beschulung einerseits und vorbeugender Maßnahmen andererseits an einzelne allgemein bildende Schulen eingesetzt werden sollten. Die Bewertung des Einsatzes im Rahmen inklusiver Beschulung als Abordnung war nicht streitig, aber die Tätigkeit im Rahmen vorbeugender Maßnahmen. Hier war der zuständige GPR der Auffassung, dass es sich dabei (auch) um eine dienstrechtliche Abordnung handelt, die der Mitbestimmung unterliegt. Erstinstanzlich erhielt der GPR durch das VG Wiesbaden teilweise Recht, ging jedoch in die Beschwerde zum HessVGH (Kassel) der den Abordnungsbegriff so definierte, dass
- die Arbeitsleistung nicht mehr bei der Dienststelle zu erbringen ist, es also eine Entbindung von den bisherigen Aufgaben gibt und
- zudem, dass es eine Übertragung neuer Aufgaben bei der neuen Dienststelle durch den dortigen Dienststellenleiter geben müsse.
Die Beschwerde zu dieser Entscheidung wurde nicht zugelassen. Der GPR sah in dieser Definition einen neuen Ansatz, wollte deshalb vom BVerwG geklärt wissen, ob dieser zutreffend sei und legte daher Nichtzulassungsbeschwerde ein. Erfolglos. Das BVerwG nahm die Entscheidung mit einer ausführlichen Begründung nicht an. Im Kern wurde dies damit begründet, dass die Beschwerdebegründung nicht hinreichend genug dargelegt habe, dass die gestellte Frage „rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig“ sei. Letztlich ist damit also die Entscheidung des HessVGH rechtskräftig geworden.
Verfahrensgang:
VG Wiesbaden v. 7.12.2018 – 23 K 6249/17.WI.PV –
HessVGH v. 7.3.2024 – 22 A 107/19.PV –
BVerwG v. 6.2.2025 – 5 PB 6.24 –
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Teilausgabe I: Personalvertretungsrecht
3. Für Professorinnen und Professoren im Arbeitsverhältnis gibt es keine Regelung über die Arbeitszeit
Ein Professor im Angestellten-/richtig: Arbeitsverhältnis war in der Zeit von September 2011 bis Ende März 2023 mit unterschiedlichen Verträgen im Arbeitsverhältnis bei einer Universität beschäftigt. Gem. § 1 Abs. 3a TV-H fällt dieser Personenkreis nicht unter die Geltung dieses Tarifvertrages. Ein Beamtenverhältnis lag ebenfalls nicht vor. Der Betroffene hatte zum Zeitpunkt seines endgültigen Ausscheidens noch rd. 130 Semesterstunden zu viel im Verhältnis zu seinem Deputat geleistet. Er begehrte die Auszahlung in Geld, da es sich seiner Ansicht nach um vergütungspflichtige Mehrarbeit gehandelt habe.
Das Gericht lehnte diesen Antrag ab. Da es sonst keine Rechtsgrundlage für diese Art des Beschäftigungsverhältnisses gibt, finden darauf die §§ 611 ff. BGB Anwendung. Das Gericht wies in seiner Begründung darauf hin, dass es eben keine spezifischen Regelungen für dieses Beschäftigungsverhältnis gibt. Auch aus den genannten BGB-Regelungen ergibt sich danach kein Anspruch. Das gilt auch für die Lehrverpflichtungs-Verordnung des Landes, die, so das Gericht, „… nicht die allein geschuldete Arbeitsleistung…“ darstellt.
ArbG Gießen v. 26.4.2025 – 9 Ca 300/23. Die Berufung zum Landesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.

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II. Aktuelles aus dem Tarifgeschehen
Tarifeinigung im Bereich des TVöD angenommen
Im Rahmen der Tarifrunde des Jahres 2025 fand im April ein Schlichtungsverfahren statt, nachdem die vorherigen Tarifverhandlungen erfolglos geblieben waren. Wie üblich werden nach Vorlage des Schlichterspruches die Verhandlungen wieder aufgenommen. Sie endeten mit der Annahme des Schlichtungsergebnisses durch die Gewerkschaften. Die seitens der Gewerkschaft ver.di bis zum 9.5. vorgenommene Mitgliederbefragung hatte jetzt zum Ergebnis, dass die Tarifeinigung endgültig angenommen wurde. Die Zustimmungsquote lag bei 52,2 %. Auf dieser Grundlage hat die Bundestarifkommission für den öffentlichen Dienst in ihrer Sitzung am 12.5. das Ergebnis endgültig gebilligt. Sie gilt für rd. 2,5 Millionen Beschäftigte im Bereich des Bundes und der Kommunen (TVöD). Das Tarifergebnis im Detail:
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Ab April 2025 gibt es eine lineare Entgelterhöhung von 3,0 % monatlich, mindestens aber 110 Euro, wovon insbesondere Menschen in den unteren Lohngruppen profitieren.
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Eine weitere lineare Erhöhung um 2,8 % erfolgt ab Mai 2026.
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Die Laufzeit des Tarifvertrages beträgt 27 Monate, bis zum 31. März 2027.
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Darüber hinaus steigen die Zulagen für besonders belastende Arbeitszeiten deutlich: von 40 auf 100 € monatlich für Schichtdienste, von 105 auf 200 Euro für Wechselschichtdienste, in Krankenhäusern von 155 auf 250 Euro. Alle Zuschläge werden dynamisiert, steigen also bei künftigen Tariferhöhungen prozentual mit.
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Bei der Arbeitszeit wurde ein zusätzlicher Urlaubstag ab dem Jahr 2027 vereinbart.
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Daneben verständigten sich die Tarifparteien auf die Einführung eines Langzeitkontos sowie verbesserter Regelungen bei der Gleitzeit.
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Zudem kann die Jahressonderzahlung („13. Monatsgehalt“) künftig in bis zu drei freie Tage umgewandelt werden, um mehr Flexibilität und Zeitsouveränität zu erreichen. Die Jahressonderzahlung wird dafür insgesamt erhöht: bei den kommunalen Arbeitgebern einheitlich auf 85 Prozent, beim Bund auf 75 bis 95 Prozent des Monatsgehalts.
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Zugleich wurde mit den Arbeitgebern vereinbart, dass es zeitlich befristet freiwillige Erhöhungen der persönlichen Arbeitszeit auf bis zu 42 bezahlte Stunden in der Woche geben kann, mit zusätzlichen Gehaltszuschlägen für die Erhöhungsstunden.
Quiz Beamtenrecht
Kennen Sie sich mit den Besonderheiten im Beamtenrecht aus? Wissen Sie beispielsweise, was passiert, wenn ein verbeamteter Mitarbeiter unterhälftige Teilzeitbeschäftigung begehrt?
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III. Vorschau auf die HBR-Lieferungen in den nächsten Monaten
Mai 2025:
473. Aktualisierung Gesamtausgabe = 137. Aktualisierung Teilausgabe I | §§ 22-25, 76 HPVG
Juni 2025:
474. Aktualisierung Gesamtausgabe = 232. Aktualisierung Teilausgabe IV | §§ 61, 80 HBG, § 13 HBeamtVG, Normen
475. Aktualisierung Gesamtausgabe = 233. Aktualisierung Teilausgabe IV | § 70 HBG, § 7, 26, 34 HBeamtVG, Stichwortverzeichnis Ergänzungsband, Normen
Juli 2025:
476. Aktualisierung Gesamtausgabe = 138. Aktualisierung Teilausgabe I | §§ 26, 42, 58, 59, 97-101 HPVG
Blog Beamtenrecht
Dr. Maximilian Baßlsperger
„Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch den Verstand“. Detailliert, mit großem Sachverstand und gelegentlich auch mit einem Augenzwinkern, liefert Ihnen dieser Blog Informationen aus erster Hand zu aktuellen Themen im Beamtenrecht.