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Atomkraft und Beamtenrecht

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Noch in seinem Urteil vom 25.1.19901hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden: „Das Tragen einer Anti-Atomkraft-Plakette durch einen Lehrer während des Schuldienstes verstößt gegen das Gebot der Zurückhaltung bei politischer Betätigung“. Ein solches Verhalten des Beamten stellte damit ein Dienstvergehen dar. Seit der Katastrophe von Fukushima fordert die Politik aber jetzt selbst vehement die Abkehr von der Atomkraft.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

auch der Beamte besitzt Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Das Recht der freien Meinungsäußerung steht dabei jedoch unter dem Vorbehalt der „allgemeinen Gesetze“

(Art. 5 Abs. 2 GG)2. Dazu gehören auch § 33 Abs. 2 BeamtStG (Landesbeamte) und § 60 Abs. 2 BBG (Bundesbeamte). Nach diesen Vorschriften muss der Beamte  bei Meinungsäußerungen „zurückhaltend“ sein. Ein Lehrer darf somit nach der o.g. Entscheidung des BVerwG im Unterricht keine „Anti-Atomkraft-Plakette“ tragen. Das BVerwG begründete seine Entscheidung wie folgt:

„Der Träger dieser Plakette bringt zum Ausdruck, dass er die friedliche Nutzung der Kernkraft zum Zwecke der Energieversorgung ablehnt…..Neben der bloßen Kundgabe der politischen Meinung hat das Tragen dieser Plakette in erster Linie die Bedeutung einer Werbung für das politisch angestrebte Ziel…“

Seit dem schrecklichen Unfall in Fukushima setzen sich Politiker aller Parteien für die Abschaffung der Atomkraft ein. Damit steht fest:

Auch Politiker können „klüger“ werden.

Wenn man sich als Beamter im Dienst opportunistisch immer der Meinung der zufällig gerade eben regierenden Lobby anschließt, so bleibt man vor dienstlichen Maßregelungen gefeit.

Ob Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799) deshalb wohl an das Deutsche Berufsbeamtentum dachte, als er schrieb:

„Nichts kann mehr zu einer Seelenruhe beitragen, als wenn man gar keine Meinung hat.“3
 
Ich denke:
Wer als Beamter schon vor Jahren gegen die Atomkraft eingetreten ist, der war damals zwar beileibe kein Prophet. Dieser Beamte war einfach nur bereits damals so klug, wie es die ehemaligen Atomkraftbefürworter leider erst heute sind.

Wer als Lehrer vor 20 Jahren eine Anti-Atomkraft-Plakette getragen hat, verstieß damals zwar gegen das „Mäßigungsgebot“ bei dienstlichen Äußerungen und wurde deswegen disziplinarrechtlich belangt, er muss heute aber seinen Schülern unter Umständen im Unterricht erklären, warum er damals bereits in der Sache selbst Recht hatte.

Herzlich,

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger

____________________________

1BVerwGE 84, 292 = NJW 1990, 2265
2Siehe hierzu auch den Beitrag:“Ich hab´ hier bloß ein Amt und keine Meinung.“
3 www.zitate.net -> Georg Christoph Lichtenberg


Dem interessierten Leser soll die weitere Begründung des BVerwG nicht vorenthalten werden:

… „Durch das Tragen der Plakette im Dienst setzt der Beamte unzulässig sein Amt als Lehrer zur Werbung für seine politische Auffassung gegenüber den Schülern ein.
Der Kläger hat damit nicht das Maß und die Zurückhaltung gewahrt, wie sie sich aus seiner Stellung gegenüber der Gesamtheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten seines Amts ergeben.“

…..„Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, ohne dass es dafür - worauf auch das Berufungsgericht zutreffend abstellt - der Hinzuziehung erziehungswissenschaftlicher Gutachten bedarf, dass das persönliche Werben eines Lehrers für eine bestimmte Ansicht zu einem politischen Problem gerade bei jüngeren Schülern auf deren eigene Meinungsbildung nicht unmaßgeblich einwirkt und dass darin nicht lediglich ein bloßer Anstoß zur eigenen Meinungsbildung liegt. Dies begründet sich schon aus der besonderen Nähe des Verhältnisses zwischen Lehrer und Schüler. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei auch, dass sich Schüler wirklich oder vermeintlich einem gewissen Anpassungszwang an die zur Schau getragene Meinung des Lehrers ausgesetzt sehen könnten, um schulische Nachteile zu vermeiden.“

….. „Das demonstrative, ständige Herausstellen dieser Meinung und der damit verbundenen Werbung – auch im Hinblick auf die Größe und farbliche Gestaltung der Plakette – kann in ihrer beabsichtigten Wirkung einer gezielten Ansprache oder etwa dem Verteilen von Schriften als die Bekanntgabe einer eigenen politischen Überzeugung gleichgesetzt werden. Hinzu kommt, dass durch die Verwendung gleichartiger Plaketten der Eindruck vermittelt wird und – wie der Kläger in der Revisionsverhandlung auch selbst vorgetragen hat – auch vermittelt werden soll, dass die gezeigte politische Meinung von vielen geteilt werde. Die Anti-Atomkraft-Plakette ist mithin ein politisches Propagandamittel und ihr Tragen eine politische Betätigung zur Verbreitung der damit umschriebenen allgemeinpolitischen Auffassung ihres Trägers. Der Lehrer greift damit in unzulässiger Weise in den Meinungsbildungsprozess der Schüler ein.“


Zur Einschränkung der Meinungsäußerung von Beamten wird empfohlen:

  • Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Bayerisches Beamtenrecht, § 33 BeamtStG, Rn. 121 ff

  • v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer, HBR IV , § 33 BeamtStG, Rn.  35 ff

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