Liebe Leserin, lieber Leser,
nun haben Stammtische den großen Vorteil, dass man hier unabhängig von seinem jeweiligen Amt so reden kann, soll und darf, „wie einem der Schnabel gewachsen ist“ und man spart deshalb auch nicht mit Kritik. An diesem „heiligen“ Ort gibt es weder Standesdünkel noch Laufbahngruppen oder „Qualifikationsebenen“. Jeder legt ohne Rückhalt seine Meinung dar und hält daran fest. Bei Verschiedenheit der Meinung obsiegt dabei, wie schon der bekannte bayerische Heimatdichter Ludwig Thoma feststellte, manchmal der mächtige Schall der Stimme, nicht aber die Kraft der Gründe.
Am Dienstag (18.6.2019) verwarf bekanntlich der Europäische Gerichtshof die Pläne der Deutschen Bundesregierung zur Einführung einer PKW-Maut unter gleichzeitiger Senkung der Kfz-Steuer für deutsche Autofahrer. Ein willkommenes Thema für eine Diskussion beim „Behördenstammtisch“. Dabei wurden beim „Huberbräu1“ die unterschiedlichsten Positionen bezogen, von denen ich hier nur die „wichtigsten“ wiedergeben will.
Es begann Amtsrat Meier: "Um Politiker zu werden muss man ja nicht unbedingt intelligent sein, der Ausgang des Rechtsstreits bei der PKW–Maut war ja für jeden von vornherein klar!“ Das Ganze sei „bescheuert“ gewesen.
Verwaltungssekretär Huber entgegnete, zum einen habe der frühere Minister Dobrindt schon alles vermasselt und außerdem hätte das alles nun aber doch gar nichts mit der Sache zu tun. Auch andere Politiker, wie die Claudia Roth, seien keine Fachleute und würden noch nicht einmal das Grundgesetz kennen. Diese war schließlich sogar Sängerin in einer Popgruppe gewesen und übe nun das Amt einer Bundestagsvizepräsidentin vorzüglich aus. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer habe nach seiner eigenen Aussage die Entscheidung des EuGH nicht verstanden.
Worauf Amtsrat Meier meinte, dass er das schon erwartet habe und dass dies seine eingangs erwähnte Meinung über Politiker nur unterstreiche.
Regierungsdirektor Schneider warf ein, man sollte doch bitte beim Thema „Europarecht“ bleiben und ergänzte, jeder Beamtenanwärter müsse sich im Rahmen der Ausbildung mit dem Fach „Europarecht“ auseinandersetzen und da gäbe es nun mal den obersten Grundsatz, dass alle Angehörigen eines Mitgliedsstaates gleich zu behandeln seien, wenn keine sachgerechte Ausnahme besteht. Eine solche existiere nun einmal bei der PKW-Maut nicht.
Hier entgegnete ihm der pensionierte Hausmeister Pframminger, die Maut sollte ja jetzt eigentlich Infrastrukturabgabe heißen. Ehrlicher sei da schon der Name gewesen, den die CSU dem Projekt im Wahlkampf gegeben hatte: „Ausländer-Maut“. Das haben die EuGH-Richter aber durchschaut! Und letztendlich habe die Angela Merkel doch mit der Aussage Recht behalten, dass es unter ihr als Bundeskanzlerin keine PKW-Maut geben werde.
Oberregierungsrat Schulze, der erst kürzlich im Wege der modularen Qualifizierung in sein Amt ernannt worden war, lobte dagegen die Haltung der Bundesregierung und der an Sparsamkeit orientierten Abgeordneten, die schon wüssten, was sie täten. Auch die Europäische Kommission habe sich schließlich für die deutsche Lösung ausgesprochen. Und Steuerrecht sei nun einmal Sache der einzelnen Länder und nicht der EU. Er erntete dafür allerdings nur recht geringe Zustimmung.
Pframminger entgegnete wiederum im Sinne Meiers, dass leider nicht jeder, der gewählt wurde, auch gleichzeitig den für sein Amt erforderlichen Verstand erhalten würde (großer Applaus!). Außerdem sei die Kommission bekanntlich eine rein politische Einrichtung, die mehr schaden als nützen würde. Sogar der juristische Dienst der Bundesregierung habe die PKW-Maut in einem eigens erstellten Gutachten für rechtswidrig gehalten. Man habe die Rechtslage deswegen genau gekannt und man habe eben aus politischen Gründen an dem einmal begangenen Fehler festgehalten.
Verwaltungssekretär Huber fragte nun, ob der juristische Dienst der Bundesregierung auch der sei, der dem ehemaligen Minister Karl-Theodor zu Guttenberg die Promotion geschrieben habe und er stellte die Frage, warum dieser sein Amt aufgeben musste, während der Scheuer immer noch den Bundesverkehrsminister spielen dürfe.
Regierungsoberinspektor Loibl unterstrich die Auffassung Meiers und meinte: „Was wurde eigentlich aus der Promotion Scheuers? Ist die nicht getürkt gewesen? Wurde ihm der tschechische Doktortitel, den er in „Politologie“ erhalten hatte, nicht wegen Fälschung oder Untauglichkeit zurückgenommen?“
Leitender Regierungsdirektor König meinte jetzt sehr energisch, man solle nicht schon wieder vom Thema abweichen. Im Folgenden erinnerte er daran, dass man gerade auch im Beamtenrecht europarechtliche Vorgaben berücksichtigen müsse, wie dies etwa bei der Ernennung oder der Entlassung kraft Gesetzes bei Nichteuropäern der Fall sei. Europarecht habe nun einmal gewaltig an Bedeutung gewonnen.
Amtsrat Meier brachte ergänzend zum Ausdruck, das Schlimmste am Urteil des EuGH sei, dass ein so kleines Land wie Österreich durch seine Klage die große BRD belehren konnte.
Verwaltungssekretärin Gruber erinnerte die Anwesenden jetzt aber an das „Ibiza-Video“ des ehemaligen österreichischen Außenministers Strache und meinte, dass sich dieses lustige, kurz vor dem Balkan befindliche Bergvölkchen lieber nicht in den Vordergrund spielen hätte sollen.
Pframminger warf nunmehr ein, dass die PKW–Maut für Ausländer ja nichts als Verwaltungsaufwand und schon gar keinen Gewinn gebracht hätte. Mehreinnahmen wären ja nicht entstanden, weil ja auf der anderen Seite der deutsche Autofahrer bei der Steuer wieder entlastet worden wäre. Erwiesenermaßen seinen auch nur rund fünf Prozent aller PKW-Fahrer in Deutschland Ausländer.
Oberregierungsrat Schulze entgegnete, dies sei völlig falsch gedacht. Die CSU habe schon Recht. Der deutsche Autofahrer müsse überall im Ausland – zum Beispiel in Österreich – zahlen „und wir bekommen nichts“. Das sei eine Gemeinheit und höchst ungerecht.
Worauf wiederum Pframminger das Argument brachte, es gäbe in ganz Europa keine rechtmäßige nationale Regelung, die europäische Ausländer benachteilige und gerade darauf käme es in einer Gemeinschaft an. Er erinnerte an das Diskriminierungsverbot und die Freizügigkeitsregelung.
Amtsrat Meier führte aus: „Der kleine Mann muss wieder einmal zahlen und die Abgeordneten fahren ihren vom Steuerzahler finanzierten Dienstwagen, sind bei der Bahn und bei der Lufthansa frei und erhöhen – wie erst kürzlich im Mai geschehen, ohne jeden Skrupel ihre Diäten auf mehr als 10.000 Euro – ganz zu schweigen von den sonstigen erheblichen finanziellen Leistungen, die ihnen gewährt werden.“
Das ist es, was ich von diesem Behördenstammtisch berichten will und man hätte sicher noch lange weiterdiskutieren können, wenn man am nächsten Tag nicht wieder seinem gewohnten und unterbezahlten Dienst in der Behörde nachgehen hätte müssen.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
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1 Sowohl der Ort der Handlung als auch die Namen der Protagonisten wurden schon aus den gerade in jüngster Zeit gestiegenen Anforderungen des Datenschutzrechts geändert.
Lesen Sie dazu auch die Beiträge mit dem Titel:
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