Begrenzte Dienstfähigkeit – Teil I: Besoldung
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
das Konzept der begrenzten Dienstfähigkeit war allerdings in der Anfangsphase belastet durch als unzulänglich angesehene Besoldungsleistungen.1 Durch Urteil des BVerwG vom 27.3.20142 und den Beschluss vom 18.6.20153 wurde entschieden: Das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) und der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verbieten es, begrenzt dienstfähige Beamte wie teilzeitbeschäftigte Beamte zeitanteilig zu besolden. Geboten ist vielmehr eine Orientierung an der Besoldung, die für Vollzeitbeschäftigte gesetzlich festgelegt ist. Allerdings darf der Normgeber – so das BVerwG – berücksichtigen, dass begrenzt dienstfähige Beamte objektiv nicht die volle Dienstleistung erbringen und er kann und muss einer unerwünschten Attraktivität des Instituts der begrenzten Dienstfähigkeit entgegenwirken. Nach dem in Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Alimentationsprinzip hat der Dienstherr den Beamten und ihren Familien einen nach Dienstrang, Bedeutung des Amtes und entsprechend der Entwicklung der allgemeinen Verhältnisse angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren.4
Im Fall des BVerwG ging es um eine vor dem Hintergrund der Anforderungen des Alimentationsprinzips anzustellende vergleichende Betrachtung von zwei Gruppen: den aufgrund eines eigenen Antrags (also freiwillig) teilzeitbeschäftigten Beamten und den begrenzt dienstfähigen Beamten, die ihren Arbeitszeitstatus (Teilzeitstatus) auch gegen ihren Willen durch eine einseitige Entscheidung des Dienstherrn auferlegt bekommen können. Hierzu entschied das Gericht: Werden Beamten Dienstbezüge gewährt, die entsprechend der ermäßigten Arbeitszeit abgesenkt sind, kann die Alimentation ihren Zweck nicht erfüllen, denn bei einer entsprechend der Arbeitszeit reduzierten Besoldung erreichen die betroffenen Beamten nicht das Einkommensniveau, das der Besoldungsgesetzgeber selbst als dem jeweiligen Amt angemessen eingestuft hat. Sie erhalten nicht das Einkommen, das als Grundlage wirtschaftlicher Unabhängigkeit für das konkrete Amt mit seiner Verantwortung und Bedeutung angesehen werden kann. Dieses Ergebnis kann zwar bei einer Teilzeitbeschäftigung hingenommen werden, wenn sie im Interesse der Beamten und auf deren Antrag hin – also freiwillig – gewährt wird. Der Beamte/die Beamtin kann – gegebenenfalls auch in Ansehung des übrigen Familieneinkommens – selbst darüber entscheiden, ob und inwieweit er/sie die Arbeitszeit reduzieren und dafür Einbußen bei der Besoldung in Kauf nehmen will oder ob er/sie für die Sicherung eines angemessenen Unterhalts auf die volle Besoldung angewiesen ist, wie das BVerfG bereits in seinem Beschl. v. 19.9.20075 zur Verfassungswidrigkeit antragsloser Einstellungsteilzeit von Beamten betont hat.
Die bayerische Regelung:
Mit § 4 des Gesetzes zur weiteren Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf im öffentlichen Dienst in Bayern vom 17. Juli 20156 wurde die Besoldung bei begrenzter Dienstfähigkeit rückwirkend zum 1. April 2014 über Art. 59 BayBesG neu konzipiert, um die Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts (siehe Urteil des BVerwG vom 27.3.20147 und Beschluss vom 18.6.20158, sowie oben) nach einer finanziellen Besserstellung von begrenzt dienstfähigen Beamten und Beamtinnen gegenüber freiwillig in Teilzeit Beschäftigten umzusetzen.9
Die Besoldung gestaltet sich danach wie folgt:
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Gemäß Art. 7 BayBesG findet bei begrenzter Dienstfähigkeit auf die zustehende Besoldung Art. 6 BayBesG entsprechend Anwendung. Nach der Vorschrift des Art. 6 BayBesG wird bei einer Teilzeitbeschäftigung des Beamten/der Beamtin die Besoldung im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit gekürzt, soweit nichts anderes bestimmt ist.
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Die Bezüge der nur beschränkt dienstfähigen Beamten werden nach Art. 7 Satz 2 BayBesG wiederum um einen Zuschlag nach Art. 59 ergänzt.
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Nach Art. 59 Abs. 1 BayBesG beträgt dieser Zuschlag 50 v. H. des Unterschiedsbetrags zwischen der nach Art. 7 Satz 1 BayBesG gekürzten Besoldung und der Besoldung, die nach der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zu zahlen wäre.
Der Zuschlag wird nach Art. 59 Abs. 2 BayBesG nicht gewährt, wenn dem Beamten/der Beamtin ein Zuschlag nach Art. 58 BayBesG (Altersteilzeitzuschlag) zusteht.
Nachdem das Bundesverwaltungsgericht eine Regelung für verfassungskonform hält, die als Zuschlag zur Teilzeitbesoldung einen angemessenen prozentualen Teil der Differenz zwischen der Teilzeit- und der Vollzeitbesoldung gewährt, hat der Landesgesetzgeber beschlossen, dass der Zuschlag nach Art. 7 Satz 2 BayBesG künftig nach Art. 59 BayBesG in jedem Fall 50 v. H. des Unterschiedsbetrags zwischen der nach Art. 7 Satz 1 BayBesG gekürzten Besoldung bei begrenzter Dienstfähigkeit und der Besoldung, die nach der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zu zahlen wäre, beträgt. Auf diese Weise wird einerseits erreicht, dass sogar bei begrenzter Dienstfähigkeit mit einer auf das erforderliche Mindestmaß von 50 v. H. herabgesetzten Arbeitszeit insgesamt eine höhere Besoldung zusteht als bei einer Versetzung in den Ruhestand, selbst wenn bei Eintritt der begrenzten Dienstfähigkeit bereits der Höchstruhegehaltsatz nach Art. 26 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG erdient wurde.10
Damit stellt der bayerische Landesgesetzgeber aber auch sicher, dass die Besoldung bei begrenzter Dienstfähigkeit die Vollzeitbesoldung nicht vollständig erreichen kann. Dies entspricht dem sachlichen Differenzierungsgebot. Die Höhe des Zuschlags wurde dabei so bemessen, dass auch die Nachteile begrenzt dienstfähiger Beamter gegenüber den in den Ruhestand versetzten Beamten ausgeglichen werden.11
Andere Länder sollten diesem Beispiel folgen.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 Zur Besoldungsfragen siehe unten 11.
2 Az. 2 C 50.11.
3 Az.: 2 C 49/ 13.
4 Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 1 BeamtStG, Rn. 53.
5 Az.: 2 BvF 3/02.
6 GVBl. S. 240.
7 Az. 2 C 50.11.
8 Az.: 2 C 49/ 13.
9 Siehe dazu das FMS vom 3.9.2015, Az.: 23-P 1502.1 -6/9.
10 LtDrs. 17 / 6577von 12.5.2015, S. 10.
11 Zur ungünstigeren Behandlung im Einkommensteuerrecht, im Beihilferecht und ggf. wegen eines Aufwandes für den Weg zur Arbeitsstätte, siehe Urteil des OVG Lüneburg vom 5.11.2013 – 5 LC 107/12 – juris, Rn. 38 sowie Beschluss des BVerwG vom 14.5.2013 – Az.: 2 B 4.12.
Lesen Sie dazu auch die Beiträge:
Zur begrenzten Dienstfähigkeit siehe:
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Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 27 BeamtStG, Rn. 1 ff.
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v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer, HBR, § 27 BeamtStG, Rn. 1 ff.
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Brockhaus in Schütz/Maiwald, § 27 BeamtStG, Rn. 1 ff.

