Das Faktische Beamtenverhältnis – Teil II
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
die Rechtskonstruktion des „Faktischen Beamtenverhältnisses“ ist notwendig, weil nur sie dem Sozialstaatsgedanken (Art. 20 Abs. 1 GG) entspricht. Ein weiterer Grund für die Rechtskonstruktion liegt darin, dass eine Dienstleistungserbringung mit Willen des Leistungsempfängers ohne einen Anspruch auf Bezahlung und Nebenleistungen wie Beihilfe die Position des Leistungserbringers in einer Weise beeinträchtigen würde, die – wenn der Leistungsempfänger die öffentliche Hand ist – mit der Grundrechtsposition des Leistungserbringers (des Beamten) nicht mehr vereinbar wäre. Die Verweisung auf eine Ermessensleistung müsste den Leistungserbringer (den Beamten) in seinem Recht auf Menschenwürde beeinträchtigen (Art. 1 Abs. 1 GG).
Hinzu kommt, dass bei einer Nichternennung, einer nichtigen Ernennung und bei einer zurückgenommenen Ernennung die Position des fehlerhaft Ernannten nach Art. 33 Abs. 5 GG nicht zustande kommt und damit bei ihm der Schutzgedanke des Art. 14 Abs. 1 GG wieder zum Zuge kommen muss. Mit Art. 14 Abs. 1 GG wäre aber die bloße Belassung der Leistung im Ermessenswege nicht vereinbar. Sie würde zu einer unzumutbaren Subjektivität führen und die Gefahr von Willkür in sich bergen.
Die Rechtskonstruktion des Faktischen Beamtenverhältnisses hat zur Folge, dass eben dieses Rechtsverhältnis selbst zum Rechtsgrund des Leistungsaustausches wird und damit auch für Ansprüche des Leistungserbringers die erforderliche rechtliche Basis ist. Es besteht dann entsprechend der Dienstleistung ein Zahlungsanspruch nach dem maßgebenden Besoldungsgesetz (des Bundes oder des jeweiligen Landes), aber auch auf andere alimentative Leistungen, wie Fürsorgeleistungen (Beihilfe) und Kostenerstattungen (Reisekosten, Umzugskosten) usw.
Das Faktische Beamtenverhältnis ist für die Zukunft jederzeit lösbar. Es löst unmittelbar keine Versorgungsansprüche aus. Die Nachversicherung ist erst ab der Auflösung des Faktischen Beamtenverhältnisses durchzuführen.
Mit Blick auf die auch beim Faktischen Beamtenverhältnis zu bejahende Treuepflicht können die Fälle ausgesondert werden, in denen der Dienstleister den Mangel der Ernennung unmittelbar vorsätzlich (z. B. durch arglistige Täuschung oder Bestechung) herbeigeführt hat. Hier besteht ein Bedürfnis, den allgemeinen Rechtsgedanken des § 819 BGB anzuwenden: Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang einer Leistung, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet.
In diesen Fällen ist zwar die Rechtsfigur des Faktischen Beamtenverhältnisses nicht beseitigt, es verkürzt sich aber der Leistungsanspruch des Dienstleisters.
Fazit:
Mit der Rechtskonstruktion kann die Abwicklung von fehlerhaften Ernennungen einer für beide Parteien brauchbaren Lösung zugeführt werden.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
Siehe dazu auch: Das Faktische Beamtenverhältnis – Teil I
Zum Faktischen Beamtenverhältnis vgl. insbesondere:
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Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 11 BeamtStG Rn. 24 und 25.
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Baßlsperger, Einführung ins Beamtenrecht, Kapitel 8 Rn. 20 ff.
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Maiwald in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 11 BeamtStG, Rn. 90 ff.

