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Dienstleistungspflicht teilzeitbeschäftigter Lehrer

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Das BVerwG hat mit  Urteil vom 16.7.2015 (Az.: C 16/14, = IÖD 2015, 242ff. =  ZBR 2015, 426ff.) entschieden, dass teilzeitbeschäftigte Lehrer einen Rechtsanspruch darauf besitzen, nicht über ihre Teilzeitquote hinaus zur Dienstleistung herangezogen zu werden. Diese Begrenzung der Dienstleistungspflicht betrifft nicht nur ihre Lehrtätigkeit, sondern auch andere in Zusammenhang mit ihrem Beruf anfallende Tätigkeiten.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

zu den Teilzeittätigkeiten von Lehrern gehören nicht nur die in unmittelbar mit dieser Haupttätigkeit zusammenhängende Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, sondern etwa auch viele andere Tätigkeiten Das BVerwG rechnet hierzu außerdem Funktionstätigkeiten und nicht unterrichtsbezogene schulische Verwaltungsaufgaben, wie z.B. die Betreuung der Schulbibliothek, die Nachmittagsbetreuung, Leitung besonderer Projekte, Organisation des Schüleraustauschs, usw.

Hinweis: Funktionstätigkeiten haben dabei stets dienstlichen Charakter und sind vom Lehrer wahrzunehmen, wenn sie ihm normativ, durch Verwaltungsvorschrift oder durch Einzelanordnung der Schulleitung auferlegt sind.

Die wöchentliche Gesamtarbeitszeit der Lehrer gliedert sich mithin in die – durch die Bestimmungen über die Pflichtstundenzahl vorgegebene – Unterrichtszeit einerseits und die Zeit außerunterrichtlicher Dienstwahrnehmung andererseits.

Die gesetzliche Festlegung ausschließlich der Unterrichtsstunden der Arbeitszeit der Lehrer (Pflichtstunden) erklärt sich daraus, dass deren Arbeitszeit auch nur hinsichtlich der eigentlichen Unterrichtsstunden exakt messbar ist, während sie im Übrigen entsprechend der pädagogischen Aufgabe wegen der erforderlichen Unterrichtsvorbereitung, der Korrekturen, Elternbesprechungen, Konferenzen und dergleichen nicht im Einzelnen in überprüfbarer Form bestimmt ist. Dies hat nach der angeführten Entscheidung des BVerwG zur Folge, dass teilzeitbeschäftigte Lehrer in der Summe dieser zusätzlich anfallenden Tätigkeiten nur entsprechend ihrer Teilzeitquote zur Dienstleistung herangezogen werden dürfen.

Dieses Ergebnis führt das BVerwG auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurück: Es gelte zu beachten, dass teilzeitbeschäftigte Beamte nicht nur einen Anspruch darauf haben, entsprechend ihrer Teilzeitquote besoldet zu werden, sondern auch darauf, nicht über ihre Teilzeitquote hinaus zu einer weiteren Dienstleistung herangezogen zu werden. Insbesondere ist es unzulässig, die aufgrund der Teilzeitbeschäftigung gegebene zeitliche Entlastung als Argument für eine über das Teilzeitmaß hinausreichende Mehrbelastung bei Sondertätigkeiten anzuführen.

Besteht die Arbeitszeit – wie bei Lehrern üblich – aus mehreren Bestandteilen, muss nach der oben angeführten Entscheidung des BVerwG vielmehr eine Gesamtbetrachtung erfolgen. Ein Mehr in einem Bereich muss durch ein Weniger in einem anderen Bereich ausgeglichen werden.

Der Saldo darf dann im Ergebnis nicht über die sich aus der Teilzeitquote ergebende Arbeitszeit hinausgehen. Alle Bestandteile der Lehrerarbeitszeit sind insoweit gleichwertig und ausschließlich quantitativ zu betrachten. Das bedeutet, dass der Teilzeitquote bei der Übertragung von Funktionstätigkeiten Rechnung getragen werden oder ein zeitlicher Ausgleich durch entsprechend geringere Heranziehung zu solchen Aufgaben erfolgen muss.

Für die Praxis ergibt sich dabei das Problem, wie Schulverwaltungen bei teilzeitbeschäftigten Lehrern gewährleisten können, dass sie bei einer oder mehreren von ihnen ausgeübten Funktions- und „Nichtlehrtätigkeiten“ nur entsprechend ihrer Teilzeitquote zur Dienstleistung herangezogen werden.

Nach dem BVerwG sollte dieser Problematik bereits bei der Zuteilung von Funktionstätigkeiten Rechnung getragen werden. Die zugewiesene Funktionstätigkeit muss im Vergleich zu der Funktionstätigkeit einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft einen der Teilzeitquote entsprechend verringerten zeitlichen Aufwand beanspruchen. Wird mit der zugeordneten Funktionstätigkeit die sich aus der Teilzeitquote ergebende Gesamtarbeitszeit überschritten, muss dies in einem anderen Bereich ausgeglichen werden. Die Art und Weise der Herstellung des angemessenen Zeitausgleichs obliegt dabei allein dem Dienstherrn im Rahmen seiner Organisationsgewalt. Wegen des in der Praxis häufig nicht exakt feststellbaren Zeitaufwands für die einzelnen Funktionstätigkeiten ist ein exakter Ausgleich nach dem BVerwG in aller Regel nicht möglich und – so das BVerwG – auch nicht erforderlich.

Für die Lösung der Problematik bietet sich der von der Rechtsprechung anerkannte Weg eines auf „Schätzungen“ beruhenden – ungefähren – zeitlichen Ausgleichs an. Eine solche Schätzung durch die Schulleitung muss allerdings substantiiert vorgenommen werden. Das heißt, sie muss im Rahmen des Organisationsermessens nachvollziehbar und im Rahmen vorgegebener Erfahrungswerte getroffen werden. Maßgeblich ist dabei stets die anhand der Teilzeitquote zu ermittelnde Gesamtdienstleistung der jeweiligen Lehrkraft.

Fazit:
Teilzeitbeschäftigte Lehrer dürfen in der Summe ihrer Tätigkeiten nur entsprechend ihrer Teilzeitquote zur Dienstleistung herangezogen werden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass  teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte  entweder durch eine Herabsetzung der im Rahmen der Teilzeit verbleibenden Pflichtstunden, der Reduzierung von Funktionstätigkeiten oder durch die Verringerung anderer Tätigkeiten entlastet werden müssen. Die Schulleitungen sind dabei berechtigt aber auch verpflichtet, die der Teilzeitbeschäftigung entsprechende Dienstleistungspflicht der jeweiligen Lehrkräfte zu konkretisieren.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger

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1 Kommentar zu diesem Beitrag
kommentiert am 17.05.2016 um 09:17:
Es verwundert, dass es bisher dazu andere Meinungen gegeben hat. Teilzeit ist bei allen Arbeiten in Zusammenhang mit dem Amt eben "Teilung der Zeit".
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