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Dienstpostenbündelung und „spitze“ Dienstposten-
bewertung II

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Bei der Amtsangemessenheit geht es zunächst um die Frage, ob einem Beamten einer bestimmten Besoldungsgruppe ein anderer Dienstposten im Rahmen der bei seiner Behörde zur Verfügung stehenden Beschäftigungsmöglichkeiten (Amt im abstrakt-funktionellen Sinn) durch Umsetzung übertragen werden kann.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

das Bundesverfassungsgericht ist in seiner Begründung zu der Entscheidung vom 16.12.20151 auf eine ganze Reihe von hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Alimentationsprinzip - Juris - Rn. 35., Laufbahnprinzip - Juris - Rn. 36, amtsangemessene Beschäftigung - Juris - Rn. 37, Lebenszeitprinzip - Juris - Rn. 38) eingegangen. Es hat hinsichtlich des § 18 BBesG, der eine Bündelung von drei aufeinanderfolgenden Ämtern im statusrechtlichen Sinn zulässt, keinen Verfassungsverstoß feststellen können. Die "amts"-angemessene Besoldung ist notwendigerweise eine abgestufte Besoldung und der Beamte braucht grundsätzlich nur solche Tätigkeiten zu verrichten, die seinem Status entsprechen.

Dieser Anspruch bedeutet – wie das Gericht erneut bestätigte – kein Recht auf unveränderte oder ungeschmälerte Ausübung eines bestimmten Amts im funktionellen Sinn. Der Beamte muss vielmehr Änderungen seines abstrakten und konkreten Aufgabenbereiches nach Maßgabe seines statusrechtlichen Amts hinnehmen. Entscheidend ist hier die Aussage, dass es keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG gibt, wonach mit einem höheren Statusamt (stets) auch gleichzeitig eine höhere Funktion verbunden sein muss (Juris - Rn. 40).

Fazit: Damit  liegt nach Ansicht des BVerfG bei einer Dienstpostenbündelung auch kein Verstoß gegen die Prinzipien der amtsangemessenen Alimentation vor.

Weder würden durch diese Art der Topfwirtschaft (vgl dazu: Von der „Topfwirtschaft“ zur „Töpfchenwirtschaft) die Maßgeblichkeit des Statusamtes für die Besoldung, noch die Abstufung der Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Statusämter berührt (Juris - Rn. 49). Ebenso wenig ist nach Ansicht des Gerichts das Laufbahnprinzip in seinen dargestellten Ausprägungen berührt, denn eine Pflicht zur Durchstufung einer Laufbahn in nicht nur unterschiedliche Statusämter, sondern auch in unterschiedliche Funktionsämter, lasse sich dem Laufbahnprinzip nicht entnehmen. Der Einsatz auf einem "gebündelten" Dienstposten stelle vielmehr  einheitlich für Beamte in jedem der einzeln zugeordneten Statusämter eine amtsangemessene Beschäftigung dar (Juris - Rn. 48). Das Gericht begründet seine Meinung zum einen mit historischen Gegebenheiten und zum anderen mit dem Umstand, dass eine Verbindung von höherem Amtsstatus und höherer Funktion nicht zu dem Kernbestand der Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums zähle und dessen Wesen nicht tangiere (Juris - Rn. 42).

Kritik:
Mit diesem Ergebnis setzt sich das BVerfG nicht nur in Widerspruch zu seiner früheren, in seiner Entscheidung vom 3.7.19852 geäußerten  Auffassung, es definiert den Anspruch auf Amtsangemessenheit der Tätigkeit völlig neu. Diese Entscheidung kann aber m. E. nicht vollkommen überzeugen. Das Gericht verlangt für die Zulässigkeit der Dienstpostenbündelung das Vorliegen eines sachlichen Grundes (Juris - Rn. 54), nennt dabei allerdings als einziges  Beispiel  den ständigen Wechsel von Aufgaben bei Dienstposten in Massenverwaltungen. Böhm3 führt mehrere  Beispiele an, bei welchen solche sachlichen Gründe vorliegen sollen, wie etwa wechselnde Wertigkeiten der Dienstposten, die Notwendigkeit eines flexiblen Personaleinsatzes auf Grund ständig wechselnder Aufgabenstellungen, die Notwendigkeit einer gesteuerten Personalplanung und der zügigen und adäquaten Besetzung vakanter Dienstposten, den unverhältnismäßig administrativen Aufwand einer „spitzen“ Dienstpostenbewertung, die Gewähr für Entwicklungsperspektiven der Beschäftigten und die Leistungsfähigkeit der Verwaltung in der Fläche, die Ermöglichung von Teilzeit- und Telearbeit sowie die Vermeidung von Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten.

Folgte man dieser Auffassung, so stellt sich nicht etwa die Frage, wann ein vom BVerfG geforderter sachlicher Grund für eine Topfwirtschaft vorliegt, es stellt sich vielmehr die Frage, in welchen besonderen Ausnahmefällen ein solcher Grund nicht gegeben sein kann. Man müsste in der Konsequenz wohl  auch alle anderen Vorteile des Bündelungssystems (Vereinfachung bei Umsetzungen und Beförderungen; keine Rücksichtnahme auf eine  Verbindung zwischen Besoldungsgruppe und Dienstposten;  keine Aufschlüsselung von schwierigen und weniger schwierigen  Aufgabenbereichen) als sachlichen Grund  bewerten, wodurch das vom BVerfG dargelegte Regel-Ausnahmeverhältnis letztendlich umgekehrt würde.

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger

Der Beitrag wird nächste Woche fortgesetzt.


1 BVerfG vom 16.12.2015, Az.: 2 BvR 1958/13; ZBR 2016, 128 ff.
2 Az.: 2 BvL 16/82, BVerfGE 70, 251 = ZBR 1986, 80; vgl. dazu: v. Roetteken, ZBR 2016, 151 / 152.
3 ZBR 2016, 145 / 149.


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