rehm-verlag   Online-Produkte öffnen

Disziplinarrecht einmal ganz anders

12 Bewertungen

Das Disziplinarrecht diente stets dazu, Beamte an die Einhaltung ihrer Beamtenpflichten zu ermahnen und einem beruflichen Fehlverhalten entgegenzuwirken. In diesem Beitrag möchte ich über ein ganz besonderes Urteil berichten, das für die Zukunft der Disziplinargerichtsbarkeit aber wohl nicht richtungsweisend sein wird.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Aufgaben der Disziplinargerichtsbarkeit nehmen heute die Verwaltungsgerichte wahr. Dabei wird und wurde in vielen Fällen über das berufliche Schicksal eines Beamten entschieden, wie zum Beispiel in dem Fall eines Zollbeamten der „Mautstation zu Plattenberg“.

An der Deutsch-Österreichischen Grenze wurde im Jahr 1765 unter Kurfürst Maximilian III. ca. 35 km nördlich von Salzburg die Mautstation „Plattenberg“ errichtet1 und dort verrichteten meist schlecht besoldete Zöllner ihren Dienst. Deswegen versuchten einige von ihnen ihren kargen Lohn durch „Nebenverdienste“ – wie etwa durch „Trinkgelder“ von Reisenden aufzubessern. Wurden sie ihrer Taten überführt, so wurden die Zollbeamten der Gerichtsbarkeit in Burghausen zugeführt, auch wenn eine solche Aufbesserung des Gehalts eine durchaus im ganzen Land übliche Vorgehensweise gewesen sein soll.2

Im Jahr 1793 wurde schließlich ein Zollbeamter mit dem bezeichnenden bayerischen Namen „Josef Bierdimpfl“ wegen Unterschlagung von Amtsgeldern angeklagt.3 Zunächst hatte er sechs Tage bei Wasser und Brot auf der Burg in Burghausen zu büßen. Anschließend erließ der Richter ein Urteil gegen den Mautbeamten, wonach:

  1. „der Beamte, der 19 Jahre lang ein fleißiger und unbescholtener Beamter war, in Plattenberg belassen werde, und

  2. damit er in Zukunft für solche Frevel keine Ausflüchte (Weib , 5 Kinder, Krankheiten …) mehr habe, erhalte er ab sofort zu seinem jährlichen Gehalt von 600 Gulden noch zusätzlich 200 Gulden!“4

Obwohl auch nach den neuen disziplinarrechtlichen Vorschriften (vgl. z.B. § 13 BDG) das Persönlichkeitsbild des Beamten und sein bisheriges dienstliches Verhalten bei einer Disziplinarmaßnahme angemessen zu berücksichtigen sind, widerspräche ein solch „weises“ und dem damaligen Zeitgeist entsprechend „aufgeklärtes“ Urteil aber (leider) den heutigen Reglementarien.

Übrigens: Es ist nicht bekannt, dass der Mautbeamte Josef Bierdimpfl jemals wieder straffällig wurde.

Herzlich,

Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger

_________________________ 

1 Alois und Georg Remmelberger, Die Mautstation zu Plattenberg, Öttinger Land 1984,
Band 4, S. 79 ff.
Alois und Georg Remmelberger, a.a.O. S. 84 mit Hinweis auf die Aussage des „Beschuldigten Franz Xaver Westermayer“.
Alois und Georg Remmelberger, a.a.O. S. 84 mit Hinweis auf Häberle, Miscellanea Bavarica Monacensia, Zollpolitik und Integration im 18. Jahrhundert..
Alois und Georg Remmelberger, a.a.O. S. 84.

Mein Kommentar
Sie sind nicht eingeloggt
Bitte benachrichtigen Sie mich bei neuen Kommentaren.
Ihr Kommentar erscheint unter Verwendung Ihres Namens. Weitere Einzelheiten zur Speicherung und Nutzung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
1 Kommentar zu diesem Beitrag
kommentiert am 30.04.2025 um 15:00:
Über diese Art der Bestrafung kann man geteilter Meinung sein.
banner-beamtenrecht.png
rehm_e-line_banner_355x355_L1_Var1.jpg
SX_LOGIN_LAYER